Simon Boetselaars aus Kevelaer Warum ein Azubi seine Prüfung im leeren Saal ablegt

Kevelaer · Simon Boetselaars aus Kevelaer macht eine Ausbildung zur „Fachkraft für Veranstaltungstechnik“. Dumm nur, dass gerade gar keine Veranstaltungen stattfinden dürfen. Wir erzählen, wie es zu dieser besonderen Situation kommen konnte.

 Simon Boetselaars im leeren Konzert- und Bühnenhaus. So sah es auch bei der Prüfung aus.

Simon Boetselaars im leeren Konzert- und Bühnenhaus. So sah es auch bei der Prüfung aus.

Foto: ja/Norbert Prümen (nop)

Wer Konzerte kennt, kennt Roadies. Das sind diese Kerle in T-Shirts, die dicke Verstärkerboxen auf die Bühne tragen und dem Gitarristen sein Arbeitsgerät stimmen. Auch Simon Boetselaars sorgt für den guten Ton auf der Bühne, doch als Roadie sieht er sich nicht. „Das, was wir als Veranstaltungstechniker machen müssen, ist schon mehr als die Arbeit der Roadies“, sagt er lachend und ergänzt: „Aber ohne Roadies geht es eben auch nicht.“

Der 20-Jährige absolviert gerade bei der Stadt Kevelaer seine dreijährige Ausbildung zur „Fachkraft für Veranstaltungstechnik“, wie der Beruf ganz korrekt heißt. Am Ende gibt es den Gesellenbrief. Eigentlich. Denn in Coronazeiten ist vieles anders. Zur Prüfung gehört nämlich ein praktisches Projekt. Der Azubi muss eine Veranstaltung komplett selbst organisieren und live über die Bühne bringen. Realer geht eine Prüfung eigentlich nicht.

Auch Simon Boetselaars hatte alles vorbereitet. Sein Projekt war das Osterfrühstück der Werkstatt von Haus Freudenberg im Konzert- und Bühnenhaus. Der 20-Jährige hatte alles geplant, von der Platzierung der Tische im Saal über die Technik und Beleuchtung bis zur Gestaltung der Bühne, auf der mehrere Theaterstücke stattfinden sollten. Er hatte sogar eine Leinwand installieren lassen, um den Hintergrund bei den Bühnenstücken variieren zu können.

Alles lief wie am Schnürchen. Mit einem kleinen Schönheitsfehler: Der Saal war komplett leer. Der Alptraum jedes Veranstalters war für den 20-Jährigen die reale Prüfungssituation. Denn in Coronazeiten sind Veranstaltungen mit Besuchern nun einmal tabu. Also musste auch das Osterfrühstück ausfallen. Um den Abschluss des jungen Azubis aber nicht zu gefährden, gab es von der Industrie und Handelskammer (IHK) eine Ausnahmegenehmigung. Er durfte das Projekt auch ohne Zuschauer umsetzen. Osterfrühstück ohne Frühstücksgäste quasi.

„Das war schon irgendwie ein komisches Gefühl, wenn du da auf der Bühne aufbaust und denkst, normalerweise würden jetzt in einer Stunde die ganzen Leute kommen“, beschreibt der 20-Jährige die skurrile Situation, in einem Saal eine Geisterveranstaltung zu organisieren. Es sei bedauerlich, dass keine Gäste miterleben, was er für sie vorbereitet hat. „Das ist so, als wenn ein Schreiner einen Schrank anfertigt, den er dann niemals nutzen darf.“

Auch wenn die Situation im Geistersaal natürlich entspannter als mit vielen Leuten gewesen sei, war der Stress trotzdem da. Denn die Prüfer der IHK hätten jederzeit auftauchen können, um sich selbst ein Bild der Veranstaltung zu machen. Das nämlich ist bei der Prüfung möglich. Am Ende kam dann doch niemand von der IHK, Simon Boetselaars war recht zufrieden. „Es ist alles ganz gut gelaufen.“

Das hofft er auch für die Abschlussprüfung im Sommer. Dann folgen noch eine Klausur und eine mündliche Prüfung, in der es noch einmal um sein Projekt gehen wird. Was er machen will, wenn er den Gesellenbrief in der Tasche hat, weiß er noch nicht. „Das ist völlig offen, das hängt auch alles davon ab, wie sich das Ganze nach Corona weiterentwickelt“, sagt der 20-Jährige. Die Veranstaltungsbranche ist schließlich der Bereich, der am härtesten betroffen ist.

Trotzdem bleibt es der Traumberuf für ihn. „Du erlebst dabei ständig was Neues, hier in Kevelaer habe ich Leute aus Russland oder Amerika kennengelernt. Du arbeitest viel mit Technik, aber sitzt nicht nur im Büro, genau das reizt mich“, sagt er und hofft, später auch mal im vollen Saal zeigen zu können, dass er eine Veranstaltung perfekt organisieren kann.

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