Kevelaer Von der Bercker-Pleite zum Manufaktur-Chef

Kevelaer · Höhen und Tiefen hielt das Jahr für Mario Scholten bereit. Nachdem sein Arbeitgeber Insolvenz angemeldet hatte, gründete er eine Buchmanufaktur. Und die könnte ein voller Erfolg werden.

 Inhaber Mario Scholten mit seinen Mitarbeitern Ludger Simmes und Peter Schlebusch.

Inhaber Mario Scholten mit seinen Mitarbeitern Ludger Simmes und Peter Schlebusch.

Foto: gerhard seybert

Plötzlich ohne Arbeit dazustehen, ist für viele Menschen ein großer Schock. Auch Mario Scholten hat die Insolvenz seines früheren Arbeitgebers — der Druckerei Bercker in Kevelaer — zu schaffen gemacht. Doch der 40-Jährige wollte trotzdem nicht den Kopf in den Sand stecken. Als das Ende drohte, hat er sich Gedanken über einen Plan B gemacht.

Als der letzte Arbeitstag dann gekommen war, hat er nicht lange gezögert, sondern die Initiative ergriffen. Mario Scholten hat sich selbstständig gemacht — mit einer Buchbinderei. "Das Buchbinderhandwerk ist nach wie vor mein Traumberuf", sagt der Kervenheimer. Zum 1. Oktober dieses Jahres hat die Buchmanufaktur Kevelaer am Hoogeweg ihre Arbeit aufgenommen.

Unterstützt wird Scholten von zwei ehemaligen Bercker-Kollegen. Peter Schlebusch und Ludger Simmes sind, ebenso wie Scholten, gelernte Buchbindermeister, haben bei Bercker die Abteilungen Buchbinderei und den Einkauf geleitet. Zuzeit sind sie als 400-Euro-Kräfte bei Scholten beschäftigt.

Wenn die Manufaktur einschlägt, soll sich das ändern. "Wir prüfen zurzeit, ob wir die Manufaktur im kommenden Jahr gemeinsam als GmbH führen können", sagt Peter Schlebusch. Dann wären sie gleichberechtigte Partner. Die Zusammenarbeit funktioniert. Alle drei sind qualifizierte Fachleute. Hinzu kommt, dass sich die Männer seit über 20 Jahren kennen. Das schafft Vertrauen — und: "Zusammen bringen wir über 80 Jahre Berufserfahrung mit. Da ist viel Kompetenz auf kleinem Raum", sagt Schlebusch.

Markus Bercker, Verlagschef von Butzon und Bercker, hat Scholten bei dessen Existenzgründung unter die Arme gegriffen. "Er hat mir die Räume auf seinem Gelände zu guten Konditionen vermietet. Und einige Maschinen sind im Mietpreis enthalten", sagt Scholten. Er will seine Kunden durch Qualität überzeugen. "Spezialisieren wollen wir uns auf Kleinauflagen bis 1000 Exemplare", sagt er. Aber auch größere Auftragsvolumen hat das Trio in der jungen Firmengeschichte schon gestemmt. Das Leistungsspektrum soll viele Bereich abdecken. "Wir wollen natürlich handwerklich edle Dinge produzieren, aber auch Aufträge aus der Industrie an Land ziehen", so Schlebusch.

Mario Scholten fühlt sich wohl in seiner neuen Rolle. "Natürlich war es auch ein großer Schritt, in die Selbstständigkeit zu gehen, nachdem man zuvor jahrelang fest angestellt war", sagt er. Viel Neues kommt hinzu: "Auf einmal hat man permanent mit dem Steuerberater zu tun", sagt er. Doch sein eigener Chef zu sein, hat auch viele Vorteile. "Die neue Aufgabe ist spannend."

(RP/rl)
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