Kevelaer Vier Jahre Haft für Autobumser

Kevelaer · Das Landgericht Kleve hat einen Gelderner verurteilt, weil er zahlreiche Unfälle im Kreis Kleve sowie in Kevelaer provoziert hat, um Versicherungssummen zu kassieren – der Angeklagte lächelte nach dem Urteil.

Das Landgericht Kleve hat einen Gelderner verurteilt, weil er zahlreiche Unfälle im Kreis Kleve sowie in Kevelaer provoziert hat, um Versicherungssummen zu kassieren — der Angeklagte lächelte nach dem Urteil.

Zweimal huschte ein feines Lächeln in das Gesicht von Nihad S. (25), als er der Urteilsbegründung zuhörte. Das erste Mal, als er die Zahl 4 vernahm. Vier Jahre Haft. Das zweite Mal, als Gerhard van Gemmeren, der Vorsitzende Richter der 2. großen Strafkammer des Landgerichts Kleve, sagte: "Der Haftbefehl wird aufgehoben."

Nihad S. verließ somit als freier Mann den Saal A 122 der Schwanenburg, obwohl er gerade schuldig gesprochen worden war, zahlreiche Autounfälle im Kreisgebiet provoziert zu haben, um insgesamt 30 000 Euro an Versicherungsgeldern zu erschleichen. Irgendwann wird der 25-Jährige jedoch seine Haftstrafe antreten und dann auch absitzen müssen.

Dass der Verurteilte mit dem Urteil zufrieden sein konnte, wurde spätestens deutlich, als van Gemmeren den möglichen Strafrahmen umriss: "Wir mussten eine Strafe zwischen zweieinhalb und 15 Jahren bilden." Die Milde der Strafkammer war im wesentlichen dem umfassenden Geständnis des gelernten Automobilkaufmann zu verdanken, das dieser gleich zu Beginn des Prozesses über seinen Strafverteidiger Andreas Kerkhof (Köln) verbreiten ließ. Darin räumte er freimütig fast alle Tatvorwürfe ein und ersparte so allen Beteiligten eine mühevolle Beweisaufnahme mit der Rekonstruktion von Verkehrsunfällen, die bis zu drei Jahren zurückliegen.

Schon Anfang des Jahres hatte das Amtsgericht in Geldern wegen sieben ähnlicher Fälle von Autobumserei gegen den Mann verhandelt, der 1992 im Alter von fünf Jahren mit seinen Eltern als Bürgerkriegsflüchtling aus Sarajevo an den Niederrhein gekommen war und dort als Erwachsener sein Glück im Automobilhandel versuchte. Die damals verhängte Bewährungsstrafe passte weder dem Angeklagten noch Staatsanwalt Nico Kalb. Beide Parteien gingen in Berufung — und eine Woche später meldete die Polizei in Geldern einen weiteren Unfall, an dem Nihad S. beteiligt war.

Daraufhin weitete Kalb die Ermittlungen aus und förderte eine Fülle weiterer Fälle zu Tage, die nun Gegenstand des Verfahrens in Kleve waren. "Es ist ganz offensichtlich, dass der Angeklagte eine Masche hatte, um an Geld zu kommen", so Richter van Gemmeren. Zusätzlich zur Freiheitsstrafe entzog das Gericht Nihad S. die Fahrerlaubnis für einen Zeitraum von fünf Jahren, nicht ohne darauf hinzuweisen dass es in der Urteilsberatungen auch die Überlegung gab, ihn für immer vom motorisierten Straßenverkehr auszuschließen.

Doch all dies war für Nihad S. In diesem Augenblick von untergeordneter Bedeutung. Für ihn, der seit der letzten Tat in Untersuchungshaft saß, ging es vor allem darum, endlich seine Frau, die er vor einem Monat geheiratet hatte, in die Arme schließen zu dürfen — auch wenn er seine Reststrafe noch irgendwann absitzen muss.

(RP/rl)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort