Kriminalität in Kevelaer „Ich sprenge überhaupt nichts“

Kleve/Kevelaer · Als Kopf einer Bande soll ein 29-Jähriger an Geldautomatensprengungen in Twisteden und andernorts beteiligt gewesen sein. Vor dem Landgericht bestritt der Angeklagte am Montag, an den Sprengungen mitgewirkt zu haben.

 Im Oktober 2018 wurde der Geldautomat am Eingang vom „Irrland“ gesprengt.

Im Oktober 2018 wurde der Geldautomat am Eingang vom „Irrland“ gesprengt.

Foto: Guido Schulmann

Bandenmäßige Geldautomatensprengungen und Einbrüche werden einem 29-jährigen Deutschen zur Last gelegt, der sich am Montag vor dem Klever Landgericht verantworten musste. Die Staatsanwaltschaft wirft dem in Kempen geborenen Mann unter anderem vor, an der Sprengung eines Geldautomaten in Twisteden beteiligt gewesen zu sein. Der Automat am Eingang des Freizeitparks „Irrland“ wurde erheblich beschädigt – unklar ist, ob die Täter dabei an Geldscheine gelangten.

Der Angeklagte soll laut Staatsanwaltschaft der Kopf einer dreiköpfigen Bande gewesen sein. Die anderen beiden Männer wurden deswegen im Oktober vergangenen Jahres zu Freiheitsstrafen verurteilt: Vier Jahre und drei Monate bekam ein 28-Jähriger, drei Jahre und drei Monate ein 20-Jähriger. Beide kommen aus dem Raum Krefeld, wo auch der nun angeklagte 29-Jährige lebte. Dass der mutmaßliche dritte Automatensprenger im Bunde erst jetzt vor Gericht steht, liegt wohl daran, dass er sich 2019 wegen eines anderen Vorwurfs in österreichischer Haft befand. Dafür kritisierte er die Staatsanwaltschaft, welche erhöhte Sicherheitsvorkehrungen für die Auslieferung beantragt habe, so der Angeklagte. Dies habe zu einer entscheidenden Verzögerung geführt – und eine gerechte Verteidigung sei nun nicht mehr möglich, so der 29-Jährige.

Überhaupt gab sich der Angeklagte am Montag nicht wortkarg: Er ließ sich ausführlich zu seinem Lebenslauf und den Anklagevorwürfen ein, bat die Kammer zwischendurch gar, Notizen zu machen. Ein österreichischer Psychologe habe bei ihm das Asperger-Syndrom – eine Form des Autismus – festgestellt, so der Angeklagte. Außerdem sei er Drogenkonsument. Sein Verteidiger hatte zuvor bereits ein psychiatrisches Gutachten wegen des erklärten Konsums seines Mandanten beantragt.

Ein entscheidender Tag im Leben des Angeklagten: Der 24. Juli 2010, Tag der Loveparade-Katastrophe in Duisburg. „Das hat mein Leben zerrissen“, sagt er, ohne Genaueres dazu zu schildern. Danach habe er Straftaten begangen, um sich Drogen und Alkohol zu finanzieren. Er landete im Gefängnis, saß von 3,5 Jahren gut zwei Jahre ab. Fachabiturient, Hochbaufacharbeiter, Student in Aachen, Glücksspieler, Kellner im Bierkönig auf Mallorca und in Krefeld, Teilhaber eines Spielcafés – der Angeklagte präsentiert eine bunte Biografie. Ein wiederkehrendes Motiv: die Drogen. Kokain, Speed, Alkohol – er wolle im Falle einer Verurteilung in den Maßregelvollzug, so der Angeklagte. „Wenn ich untherapiert entlassen werde, ist das für mich in Anführungszeichen ein Todesurteil.“ Dauerte der Maßregelvollzug länger als die erwartete Freiheitsstrafe, es wäre ihm egal, sagt er.

Auch zu den neun Anklagepunkten äußert sich der 29-Jährige detailliert: Er habe mit einem der bereits verurteilten Männer an Einbrüchen in eine Kita, eine Schule, eine Gastronomie und ein Wohnhaus mitgewirkt – meist, indem er Schmiere gestanden habe. An den Automatensprengungen seiner Krefelder Kumpels sei er jedoch nicht beteiligt gewesen. „Ich sprenge überhaupt nichts“, habe er den Freunden verklickert, wenngleich diese ihn als Feigling abgetan hätten. Lediglich nach Kevelaer habe er die beiden und eine dritte Person begleitet – während der Sprengung jedoch in einer benachbarten Siedlung gewartet.

Wenngleich die Kammer angestrebt hatte, den Strafprozess am Montag zu Ende zu führen, gab es Verzögerungen. Die Verteidigung beantragte die Ladung zusätzlicher Zeugen. Ein neuer Termin für den Strafprozess gegen den 29-Jährigen steht noch nicht fest.

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