Kevelaer Sieben Jahre Haft für Raub an 91-Jähriger

Kevelaer · Die 50 Jahre alte Angeklagte aus Kevelaer klingelte an der Tür der Seniorin und fragte nach Kleingeld. Dann überrumpelte sie die Frau, zog ihr einen Beutel über den Kopf und würgte sie. Am Ende stahl sie 330 Euro.

Wegen eines besondern schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung ist die 50 Jahre alte Kevelaererin gestern vom Klever Landgericht zu einer siebenjährigen Haftstrafe verurteilt worden.

Sie hat am frühen Morgen des 3. Juni 2016 eine damals 91-Jährige in deren Wohnung überfallen. Die 50-Jährige klingelte an der Tür der älteren Dame und bat um Geld. Nachdem die Seniorin eine Blechdose mit Bargeld geholt hatte, zog die Jüngere ihr einen Stoffbeutel über den Kopf und stahl die 330 Euro in Bar. Das hatte laut der 4. Strafkammer des Klever Landgerichts die Beweisaufnahme zweifelsfrei ergeben.

Am ersten Verhandlungstag hatte die Angeklagte die Tat bereits eingeräumt. Ein paar nicht unwichtige Details ihres Geständnisses wichen jedoch von der Aussage des Opfers ab. So beschrieb die mittlerweile 92-Jährige, dass der Beutel eine Kordel gehabt habe und die Beschuldigte diese immer wieder um ihren Hals herum zugezogen habe. Dies bestritt die 50-Jährige. "Die ältere Dame hat hier ausgesagt, dass der Beutel, wenn sie sich gewehrt hat, immer enger zugezogen wurde. Das ist was ganz Schreckliches", sagte Karl Haas, der Anwalt der Nebenklägerin.

Für den Juristen kam - anders als für die Staatsanwaltschaft, die Verteidigerin der Angeklagten und später auch für das Gericht - nicht nur eine Verurteilung wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in Betracht, sondern auch eine Verurteilung wegen versuchten Mordes. "Hier ist ein Tötungsvorsatz gegeben", meinte Haas und nannte noch zwei Mord-Merkmale, welche die Beschuldigte erfüllt habe: "Habgier und Heimtücke." Schließlich habe die 50-Jährige die wehrlose Situation der heute 92-Jährigen ausgenutzt. Zudem habe sie das alles getan, um an das in einer Blechdose befindliche Geld zu kommen.

Einen versuchten Mord schloss hingegen Staatsanwalt Daniel Klocke aus. Er führte dies auch auf den Beginn des Tatgeschehens zurück. Die 50-Jährige war selbst eine ehemalige Reinigungskraft ihres Opfers. So kam es dann an der Haustür der 91-Jährigen zur Verwechslung mit der zu jener Zeit tatsächlich beschäftigten Reinigungskraft der Frau. "Die Angeklagte hat von Beginn an vorgehabt, das Geld zu entwenden. Sie wollte aber sicherlich nicht den Beutel in Verletzungs- und erst recht nicht in Tötungsabsicht verwenden", so Klocke. Zudem nahm er an, dass die Angeklagte von einer Tötungsabsicht im Verlauf der Tat abgewichen sei. Dies wirkt sich juristisch im Nachhinein strafbefreiend aus. Die 4. Strafkammer unter Vorsitz von Richter Jürgen Ruby sah dies genauso. "Als der Tötungsvorsatz fehlgeschlagen ist, haben Sie aufgehört", begründete Ruby.

Wenn es nach der Staatsanwaltschaft und der Nebenklage gegangen wäre, hätte die 50-Jährige eine weitaus höhere Strafe zu erwarten gehabt. Sie forderten einvernehmlich eine Freiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten. Die Verteidigerin der Beschuldigten hatte auf sechs Jahre Haft plädiert. Die Anwältin hob schließlich hervor, dass ihre Mandantin im Prozessverlauf ehrliche Reue gezeigt habe und sich auch bei der Geschädigten aufrichtig entschuldigt habe. Die Schwere der Tat wollte aber auch sie nicht herunterspielen, wenngleich das Opfer glücklicherweise keine erheblichen Verletzungen davongetragen habe.

Die Angeklagte, die im Verlauf des dreitägigen Prozesses immer wieder zu weinen begann, schloss sich in ihren letzten Worten ihrer Rechtsanwältin an. "Es tut mir leid. Ich wollte nie jemanden umbringen und ich bereue die Tat", sagte sie.

Die 50-Jährige kann gegen das Urteil nun noch Revision einlegen.

(pets)
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