Rudel vom Niederrhein breitet sich aus Nachwuchs von Wölfin Gloria tötet Schafe

Update | Niederrhein · Die Meldungen über Wölfe häufen sich wieder. Diesmal gab es tote Schafe im Münsterland. Und das Rudel von Wölfin Gloria am Niederrhein wächst. Im vergangenen Jahr gab es vier Welpen. Eines der Tiere wurde auf der A31 überfahren.

Ein Foto von Niederrhein-Wölfin Gloria. Ihr Nachwuchs breitet sich in der Region aus.

Ein Foto von Niederrhein-Wölfin Gloria. Ihr Nachwuchs breitet sich in der Region aus.

Foto: dpa/Sabine Baschke

Wer immer noch daran gezweifelt hat, dass sich das Rudel vom Niederrhein weiter ausbreitet, hat jetzt Gewissheit. Ein „Sohn“ von Niederrheinwölfin Gloria hat fünf Schafe im Münsterland gerissen. Das ist mittlerweile eindeutig belegt, wie das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) mitteilt.

Am 29. November waren in Lüdinghausen im Kreis Coesfeld fünf Schafe tot aufgefunden worden. Ein Wolfsberater hatte im Auftrag des Lanuv die Bissspuren dokumentiert. Besonders wichtig für den Nachweis: Der Experte sicherte auch Proben für die genetische Untersuchung. Das Senckenberg Forschungsinstitut in Gelnhausen konnte anhand des Gen-Materials einen männlichen Wolf mit der Kennung GW2596m als Angreifer nachweisen. Anhand dieser Kennung war die Biographie des Tieres genau nachzuvollziehen: Bei diesem Wolf handelt es sich um einen Jährling (Geburtsjahr 2021) aus dem Wolfsrudel im Territorium Schermbeck, der am 14. Januar dort erstmals nachgewiesen wurde. Als Elterntiere wurden vom Senckenberg Forschungsinstitut die Wolfsfähe GW954f und der Wolfsrüde GW1587m identifiziert. Aktuell ist nicht bekannt, ob sich der junge Wolfsrüde noch im Kreis Coesfeld befindet.

Die Kombination GW954f ist in der Region bestens bekannt. Das ist nämlich das Kennzeichen von Niederrheinwölfin Gloria. Damit ist klar, dass der Wolf im Münsterland ihr Nachwuchs ist. Lüdinghausen ist etwa 40 Kilometer vom Wolfsgebiet Schermbeck/Hünxe entfernt. Das macht deutlich, dass sich der Nachwuchs in der Region ausbreitet. Wölfe legen an einem Tag viele Kilometer zurück.

Und inzwischen steht fest, dass Gloria auch im vergangenen Jahr vier Welpen bekommen hat. Das Lanuv teilte am Freitag mit, dass vom 21. bis 24. November 2022 in Hünxe Losungen von vier verschiedenen Wölfen gefunden wurden. Es handelt sich um Nachwuchs von Gloria. Erstmals genetisch erfasst wurden zwei Weibchen mit den Kennungen GW3043f und GW3044f und zwei Männchen mit den Kennungen GW3042m und GW3045m. Somit hatte das Rudel im Jahr 2022 mindestens vier Welpen. Ein Tier lebte allerdings nicht lange, auch das steht jetzt fest. Am 2. Dezember war auf der A31 bei Bottrop-Kirchhellen ein junger Wolf überfahren worden. Nach Untersuchungen des Kadavers steht fest. Es war ein Welpe aus dem Wurf von Gloria.

Weibliche Wölfe sind – anders als Hündinnen – nur einmal im Jahr paarungsbereit. Die Welpen werden meist im Mai bis Anfang Juni geboren.

Wenn Nachwuchs ein bis zwei Jahre alt ist, wird er vom Rudel verstoßen und macht sich allein auf den Weg. „Das ist zumeist im November oder Dezember der Fall“, so Lanuv-Sprecher Wilhelm Deitermann. Das wird auch bei dem Wolf in Lüdinghausen so gewesen sein. Er stammt aus dem Wurf von 2021. Auch damals hatte Gloria vier Welpen zur Welt gebracht.

Im Jahr 2020 hatte das Wolfspaar am Niederrhein nur einen Welpen erfolgreich aufgezogen. Der männliche Nachkomme war vor dem Ende seines ersten Lebensjahres nach Westen abgewandert und wurde zuletzt am 2. Mai 2021 im belgisch-niederländischen Grenzpark De Zoom - Kalmthoutse Heide, einem Naturschutzgebiet nördlich von Antwerpen, genetisch nachgewiesen.

Ob der Vater der Welpen noch lebt und sich im Territorium aufhält, ist zurzeit unklar. Der letzte Nachweis erfolgte am 30. Januar 2022 an getöteten Schafen. Offenbar war er zwar noch zur Paarungszeit 2022 im Territorium, ist seitdem aber verschollen. Aktuell besteht das Rudel im am Niederrhein somit mindestens aus Gloria und drei verbliebenen Welpen.

Erst zuletzt hatte es wieder verstärkt Meldungen über Wolfssichtungen gegeben. In Bocholt hatte eine Anwohnerin einen Wolf fotografiert. Die Bilder hatte das Lanuv ausgewertet und eindeutig festgestellt, dass es sich dabei um einen Wolf handelt. In der Nähe von Anholt war auch ein Schaf getötet worden.

Kurz vor Heiligabend waren mehrere Schafe in Arcen bei Venlo gerissen worden. Auch hier wird ein Wolf vermutet.

Immer wieder werden Tiere auch auf der linken Rheinseite nachgewiesen. Im vergangenen Jahr hatte es Risse von Schafen in Bedburg-Hau und in Sonsbeck gegeben. Die Tierhalter sind alarmiert.

Vor allem, weil es immer deutlicher wird, dass der Nachwuchs eines Rudels offenbar weit umherstreift und ein eigenes Revier sucht.

Die Kreise Kleve und der linksrheinische Teil des Kreises Wesel gehören zur Pufferzone um das Wolfsgebiet Schermbeck. Den Tierhaltern im Wolfsgebiet und in der umgebenden Pufferzone wird dringend empfohlen, ihre Tiere mit geeigneten Zäunen wolfsabweisend zu sicher.

Die Schäfer der Region hatten nach den Vorfällen ihre Berufskollegen bereits zu verstärkter Vorsicht aufgerufen.

Etwa ein Dutzend Wölfe sollen sich dauerhaft in Nordrhein-Westfalen aufhalten. Ein Rudel lebt am Niederrhein, ein weiteres im Oberbergischen Bereich, das dritte in der Eifel. Hinzu kommen zwei Einzelwölfe im Kreis Borken und in der Senne. Bei diesen Zahlen geht es nur um Wölfe, die sich hier vermutlich niedergelassen haben. Hinzu kommen zahlreiche Tiere, die durchziehen. Das war zuletzt vor allem am linken Niederrhein der Fall. Die Wölfe waren aus den Niederlanden oder Belgien gekommen.

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