Kevelaer Ratlosigkeit nach SPD-Chaos

Kevelaer · Kurt Beck hat das Handtuch geworfen, Frank-Walter Steinmeier ist Kanzlerkandidat, Franz Müntefering neuer Vorsitzender. Wie regagiert Kevelaers und Weezes Basis auf die Nachrichten aus Berlin?

kevelaer / weeze Kommunalpolitiker aus Kevelaer und Weeze machten gestern im Gespräch mit der Rheinischen Post kein Geheimnis aus ihrer Verärgerung über das Ausscheiden Kurt Becks . Unabhängig davon, ob sie sich einem „linken“ oder konservativeren Spektrum zugehörig fühlen, sind alle peinlich berührt über die Art des Wechsels in Berlin. Ein Jahr vor der Kommunalwahl sagt Heinz Ermers, Vorsitzender des Kevelaerer SPD-Ortsvereins: „Es wäre schön, wenn man mal Schützenhilfe aus Berlin bekäme, statt dass die Basis wieder das ganze Chaos ausbaden muss.“

Keine Zeit für Frust

Ermers’ Frust darf ihn nicht lange lähmen, denn schon morgen ist Vorstandssitzung, und der Vorsitzende hat das aktuelle Thema schnell auf die Tagesordnung gehoben. Da wird geschimpft, weiß er, aber es muss auch konstruktiv weiter gehen. Er hofft, dass die Parteifreunde auch Müntefering, „eines der letzten Urgesteine der SPD“, unterstützen werden. „Wir müssen aufhören mit diesen Lager-Spielchen und uns der konkreten Politik zuwenden.“

Sigrid Ehrentraut ist Fraktionsvorsitzende der Kevelaerer SPD und erklärt, sie habe auf die sonntägliche Nachricht mit „Unglaube“ reagiert. „Das kann doch wohl alles nicht wahr sein“, habe sie gedacht. „Sonst haben wir uns immer erst wenige Wochen vor der Wahl demontiert, und jetzt schon ein Jahr vorher?“ Insbesondere das „interne Querulantentum“ hänge ihr zum Hals heraus. „Die Leute haben doch Politik gelernt, sie müssten es doch besser können!“ Und wie soll die Große Koalition nun weiter arbeiten? Ehrentraut stellt sich die Regierungsarbeit der nächsten Monate vor „wie Ratspolitik in Kevelaer“. Die Zusammenarbeit könnte man genauso gut dran geben. „Dem Wähler wird vor der Kamera etwas vorgegaukelt, an das doch niemand mehr glaubt.“

Alfons van Ooyen ist seit 27 Jahren SPD-Mitglied. Er sei irritiert darüber, dass Beck das Handtuch geworfen habe und sorge sich wegen der frühen Nominierung Steinmeiers. „Kanzlerkandidaten werden oft zu früh verschlissen.“ Er habe Kurt Beck gemocht und sei traurig darüber, wie er demontiert worden sei. Beim Gedanken an die Agenda 2010 mit demSchlagwort „Rente mit 67“ werde ihm etwas mulmig. Und Franz Müntfering stehe nun einmal auch für die Agenda. Doch van Ooyen baut auf Münteferings Erfahrung und dass er einer sei, „der moderieren und einen kann.“

Klingt da Zweckoptimismus aus den Worten von SPD-Landtagsmitglied Norbert Killewald? In der „kritischsten Situation, in der die SPD je war“, glaubt er, dass Steinmeier „der derzeit geeignetste Kanzlerkandidat“, Beck ein Mann mit „erstaunlichen Nehmer-Qualitäten“ und Müntefering „der beste Wahlkämpfer“ sei, den er kenne.

(RP)
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