Überfälle auf Senioren in Kevelaer vor Gericht Opfer im Prozess: „Es war ein Alptraum“

Kleve/Kevelaer · Wegen schweren Raubes und räuberischer Erpressung ist ein 22-jähriger Kosovare angeklagt. Er soll zusammen mit Komplizen zwei Kevelaerer im Schlaf überrascht und ausgeraubt haben. Die Opfer leiden noch heute.

  Nachts drangen die Täter in die Wohnungen der ahnungslosen Opfer ein und überfielen sie im Schlaf.

Nachts drangen die Täter in die Wohnungen der ahnungslosen Opfer ein und überfielen sie im Schlaf.

Foto: dpa/Nicolas Armer

Es muss einer der heißesten Tage des Jahres 2018 gewesen sein, als sie nachts von Einbrechern aus dem Schlaf gerissen wurde, erinnert sich die 68-jährige Frau aus Kevelaer im Zeugenstand des Klever Landgerichtes. Sie hatte vorher noch ferngesehen, und die Terrassentür aufgrund der hochsommerlichen Hitze auf Kipp gelassen, als sie zu Bett ging.

„Ich bin gegen ein Uhr eingeschlafen und wach geworden, weil jemand die Schlafzimmertür eingetreten hat. Ich habe das erst gar nicht real wahrgenommen, aber das änderte sich in Sekunden“, berichtet die Zeugin. Zwei Männer seien auf ihr Bett zugekommen, hätten sich auf sie gestützt und ihr den Mund zugehalten. „Dann kam: ‚Geld, Gold, Tresor!‘ Aber mir fehlte die Sprache.“

In eine Art Polizeigriff hätten die beiden Männer sie dann genommen, so die Zeugin. Immer noch sprachlos, habe sie die Männer zu ihren Wertsachen geleitet. „Tüte!“, habe einer der Männer dann verlangt, nachdem sie den Schmuckschrank geöffnet hatte – denn die Beute fiel wohl größer aus, als die Einbrecher es erwartet hatten. „Mehr! Mehr!“, hätten die Männer trotzdem verlangt, immer wieder, bis das Opfer gesagt habe: „Ich habe nichts mehr.“

Einer der mutmaßlichen Täter sitzt am Donnerstag auf der Anklagebank, als die Zeugin vernommen wird. Er ist 22 Jahre alt, in Kleve geboren und kosovarischer Staatsbürger. Er sei nicht dabei gewesen, hatte er zuvor erklärt. Doch die Geschädigte glaubt, ihn wiederzuerkennen. „Es ist das Gesicht, das ich damals gesehen und gedacht habe: Den kenne ich“, sagt die Zeugin. Woher ihr der Einbrecher damals bekannt vorkam, das wisse sie nicht.

Die Beute: beachtlich. Die Staatsanwaltschaft geht von 40.000 Euro Gesamtwert aus. Die Folgen: bis heute belastend. Sie hat Angst, dass noch Täter herumlaufen, die ihre Wohnsituation kennen – oder denen nicht gefällt, was sie Polizei und Gericht erzählt. Sie könne seitdem nur noch mit Tabletten einschlafen, sagt sie. Ihre Hüfte, auf die sich einer der Täter geschmissen habe, schmerze noch heute.

Neben der Tat im Wohnhaus der Zeugin wird dem Angeklagten eine weitere Tat vorgeworfen: Auch hier soll er mit Komplizen in ein Kevelaerer Wohnhaus eingestiegen sein und den Bewohner im Schlaf überrascht haben. Die Beute: Weitaus geringer, etwa 250 Euro Bargeld und ein paar Schmuckstücke. Die Folgen: vergleichbar gravierend. „Es war ein Alptraum“, sagt der 64-jährige Geschädigte im Zeugenstand. Auch er sei zunächst aufs Bett gedrückt worden. „Wenn ich mich wehrte, kriegte ich einen Schlag in die Rippen.“ Seitdem schließe er sich nachts im Schlafzimmer ein. „Man muss mich vorher beobachtet haben“, vermutet er.

Eine Beteiligung an dieser Tat im September 2018 räumte der Angeklagte am Donnerstag ein – allerdings habe er nur vor dem Haus Schmiere gestanden. Angeklagt ist der 22-Jährige wegen schweren Raubes und räuberischer Erpressung. Er soll als Mitglied einer Bande gehandelt haben. Der Prozess wird am 8. Juni fortgesetzt.

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