Kevelaer Migrantinnen fürchten um Sprachkurse

Kevelaer · Die jungen Frauen aus Polen, dem Kosovo und vielen anderen Ländern wollen arbeiten. Dazu müssen sie Deutsch lernen. Doch die Betreuung ihrer unter einjährigen Kinder wird zum Problem: Niemand will dafür zahlen.

 Bis Ende September werden die kleinen Kinder der Migrantinnen, die bei der Caritas Deutsch lernen, während dieser Zeit professionell betreut. Doch die Finanzierung steht vor dem Aus - und die Stadt sieht sich außerstande, einzuspringen. Wie sollen die Mütter dann weiter lernen?

Bis Ende September werden die kleinen Kinder der Migrantinnen, die bei der Caritas Deutsch lernen, während dieser Zeit professionell betreut. Doch die Finanzierung steht vor dem Aus - und die Stadt sieht sich außerstande, einzuspringen. Wie sollen die Mütter dann weiter lernen?

Foto: privat

Sie sind so, wie sich das moderne Deutschland heute Frauen gerne vorstellt: Auch nach der Geburt ihres Kindes wollen sie arbeiten, statt sich in den heimischen vier Wänden zu verstecken. Alina, Olga, Martha und die anderen jungen Frauen sind als Migrantinnen nach Deutschland gekommen und wollen sich trotz eines Babys nicht nur um ihre private Zukunft kümmern. Sie lernen Deutsch, um möglichst bald dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen. Es sieht aber so aus, dass alle Frauen, deren Kinder noch jünger als zwölf Monate sind, ihren Integrationskursus Ende des Monats abbrechen müssen. Weil der Bund nicht mehr für die Betreuung ihrer Kleinen sorgt und sich auch die Stadt Kevelaer dazu außerstande sieht. Die Fachfrauen der Caritas, die den Integrationskursus betreuen, sind empört - ebenso wie Sozialdezernent Marc Buchholz.

Er kann die Weigerung des zuständigen Amtes für Migration und Flüchtlinge nicht verstehen. "Die Integration wird für so wichtig gehalten, da kann es doch nicht sein, dass den Kommunen die Betreuungskosten für unter einjährige Kinder aufgebürdet werden! Sollen die Frauen vielleicht lernen, während ihre Babys zwischen ihnen herumwuseln? Das geht nicht." Bisher kümmert sich eine Erzieherin in einem Raum des Generationenhauses der Caritas um die Kleinsten. Zwei Räume weiter üben die Mütter Deutsch und Gesellschaftskunde. Dreimal in der Woche, je fünf Stunden. Anderthalb Jahre lang 15 Wochenstunden - anschließend bekommt, wer gut gelernt hat, sein "B 1"-Zertifikat. Und sollte imstande sein, selbst eine Bewerbung zu schreiben oder ein Vorstellungsgespräch zu bestehen.

"Die Frauen sind hochmotiviert. Die meisten von ihnen kennen es aus ihren Herkunftsländern, dass Frauen trotz Kindern arbeiten", sagt Gudrun Blumenkemper vom Fachdienst Integration. Seit 2009 begleitet die Caritas die Migrantinnen auf ihrem Weg. "Aus jedem Kursus schaffen mehrere Frauen das Zertifikat und finden dann auch Arbeit", erklärt Blumenkemper. Es gehe übrigens nicht um Asylbewerberinnen, sondern nur um Frauen mit gesicherter Aufenthaltserlaubnis. Die jungen Mütter, die derzeit im Klostergarten Deutsch pauken, kommen aus Polen, dem Kosovo, aus Bosnien, aber auch aus Syrien, Brasilien oder Mexiko. Allen gemein ist, dass sie hier heimisch werden und ihren Beitrag zum Familienunterhalt leisten möchten. "Sollen wir ihnen vermitteln, dass das in Deutschland nicht erwünscht ist?", ärgert sich Buchholz. Seine bisherigen Anrufe und der E-Mail-Verkehr mit dem Bundesamt haben ergeben, dass es im Land derart vielfältige Betreuungsmöglichkeiten gebe, dass eine spezielle Finanzierung für Kinder von Migrantinnen nicht mehr nötig sei. Buchholz staunt. Und stellt fest, dass davon zumindest Kinder unter einem Jahr ausgenommen seien. Für sie gebe es in Kevelaer wie in vielen anderen Städten keine Tagesmütter. "Und Plätze in Einrichtungen würden 500 bis 600 Euro im Monat kosten." Dieses Geld (und die Plätze) habe die Stadt nicht. Buchholz wird deshalb dem Jugendhilfeausschuss als Beschlussvorschlag unterbreiten, die Übernahme der Finanzierung abzulehnen. Wenn es nämlich keinen Rechtsanspruch für die Betreuung von unter Einjährigen gebe, der Staat aber Integration wünsche, müsse er die Gesetzeslücke schließen und die Kommunen finanziell unterstützen. Geradezu komisch in seinen Augen: Aus dem Bundesamt kam der Tipp, die Eltern könnten doch das Betreuungsgeld für die Verwahrung ihrer Kleinstkinder einsetzen. Das wird jedoch erst für Kinder ab dem 15. Monat gezahlt.

(RP)
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