Kevelaer Meeresklima für den Wallfahrtsort

Kevelaer · Kevelaer will schon bald seine Thermalquelle in der Hüls nutzen. Stadt und Stadtwerke wollen dort in Eigenregie eine Freiluft-Inhalieranlage bauen. Kosten: rund 700 000 Euro. Heute besichtigt die Politik eine vergleichbare Einrichtung.

 Eine Insel der Ruhe, wie hier in Remscheid, könnte die Kevelaerer Saline werden.

Eine Insel der Ruhe, wie hier in Remscheid, könnte die Kevelaerer Saline werden.

Foto: Thilo Saltmann

Der Brunnenschacht mit der wenig attraktiven Abdeckung erinnert seit 18 Jahren an ein ehrgeiziges Kevelaerer Projekt, das nie ganz begraben, aber auch nie fortgeführt wurde. Schon 1995 wurde festgestellt, dass unterhalb der Hüls nahe des Schulzentrums solehaltiges Thermalwasser auf eine Nutzung wartet. Doch seit damals fand sich kein Investor, noch weniger ein Betreiber für eine Wellnessanlage oder ein Hotel, das die Quelle nutzen wollte. Doch jetzt haben Bürgermeister Axel Stibi und Stadtwerke-Geschäftsführer Hans-Josef Thönnissen eine Idee entwickelt, die Kevelaerer Ratsvertretern heute bei einer Exkursion nach Hamm vorgestellt werden soll: Wenn die Politik zustimmt, soll Kevelaer ein Gradierwerk bekommen. Leichter verständlich: eine Saline, die den Besuchern stark salzhaltige Luft bietet — eine "Freiluft-Inhalieranlage", wie Thönnissen übersetzt.

Die Schachtanlage untersteht als "kleines Bergwerk in 400 Meter Tiefe" (Stibi) der Aufsicht der Bezirksregierung Arnsberg. Mit ihr einig zu werden, scheint nach Aussage der Stadtspitze kein Problem. Und auch in der Lokalpolitik rechnen Stibi und Thönnissen mit wenig Gegenwehr: "Dem Ältestenrat haben wir das Projekt bereits vorgestellt", erklärt Stibi. Rund 700 000 Euro dafür stehen bereits im Etat für 2013. Eine Gestaltung der Umgebung ist in die Summe eingerechnet.

Gedacht ist an ein hölzernes Bauwerk von etwa 50 Meter Länge und bis zu zehn Meter Höhe, das jedoch nicht wie eine Mauer im Park stehen soll. "Wir denken an eine individuelle, für Kevelaer passende Form", sagt der Bürgermeister. Das stark salzhaltige Heilwasser, das aus der Erde gefördert wird, soll hohe Reisigwände herunter rinnen und dabei die Umgebungsluft wohltuend "versalzen". Der Sole wird eine wohltuende Wirkung auf die Atmungsorgane, auf das Immunsystem und die Haut zugeschrieben. Vergleichbare Gradierwerke gibt es bereits in vielen Kurorten und einigen Wellness-Einrichtungen. Um die Wirkung zu intensivieren, möchten die Kevelaerer zur Außenanlage noch eine Inhalierkammer anbieten. Während Spazierwege, die an der Saline entlang führen, kostenfrei nutzbar sein sollen und etwa für Sport- und Gesundheitsanwendungen zur Verfügung stehen, wird für die Inhalationskammer ein kleiner Obolus von vielleicht zwei, drei Euro zu entrichten sein.

Für Kevelaers Stadtspitze ist das Gradierwerk ein erster Schritt in die Richtung "Nutzung der Thermalquelle". Wenn erst einmal etwas zu sehen ist, das Bürger und Besucher gleichermaßen anspricht, kommen Investoren für ein Hotel vielleicht nach. Immerhin stehen fünf Hektar Fläche am Rand der Innenstadt zur Verfügung, gleich nebenan liegt das Hallenbad, und auch die Wallfahrtseinrichtungen sind in fußläufiger Entfernung. Eines ist Stibi aber ganz wichtig: Die Sole ist nur für das körperliche Wohlgefühl gedacht. Für die Seele soll in Kevelaer weiterhin die Gottesmutter zuständig sein. Eine wundertätige Quelle wolle in der Marienstadt niemand.

(RP)
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