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Kreis Kleve Lebenshilfe-Kita-Protest vorm Kreishaus

Kreis Kleve · Seit gestern werden vier Kitas der Lebenshilfe bestreikt – unbefristet. Die Mitarbeiterinnen fordern eine Bezahlung nach dem auch im öffentlichen Dienst geltenden Tarif (TVöD). Montag wollen die Streikenden mit Kreispolitikern diskutieren.

 Kita-Mitarbeiterinnen, betroffene Eltern und deren Kinder protestierten vor der Kreisverwaltung.

Kita-Mitarbeiterinnen, betroffene Eltern und deren Kinder protestierten vor der Kreisverwaltung.

Foto: Gottfried Evers

Seit gestern werden vier Kitas der Lebenshilfe bestreikt — unbefristet. Die Mitarbeiterinnen fordern eine Bezahlung nach dem auch im öffentlichen Dienst geltenden Tarif (TVöD). Montag wollen die Streikenden mit Kreispolitikern diskutieren.

Es war laut gestern in Kleves Innenstadt. Etwa 50 Mitarbeiterinnen der Kitas der Lebenshilfe — "Lebensbaum" Bedburg-Hau, "Lebensburg" Kranenburg, "Lebensquelle" Kranenburg-Nütterden, "Lebensgarten" Uedem — zogen auf Trillerpfeifen blasend, Rasseln schlagend und Protestrufe skandierend zur Kreisverwaltung: "Fairer Lohn für wertvolle Arbeit." Und: "Wertschätzung macht sich auch im Portemonnaie bemerkbar."

Seit Monaten fordern die Mitarbeiterinnen der Kitas mit Unterstützung der Gewerkschaft Verdi von ihrem Träger, der Lebenshilfe, dass ihre Verträge an den Tarifvertrag im öffentlichen Dienst (TVöD) angeglichen werden, an dem sich auch andere, beispielsweise kirchliche Kita-Träger orientieren. Warnstreiks hatte es schon gegeben. Seit gestern wird unbefristet gestreikt.

"Die Angleichung an den TVöD würde Lohnerhöhungen zwischen 30 und 400 Euro pro Monat bedeuten", sagt Harald Hüskes von Verdi. Doch die Lebenshilfe lehnt dies seit Monaten strikt ab, da dies ihre finanziellen Mittel laut Geschäftsführer Hermann Emmers nicht zulassen würden. Harald Hüskes weist dies zurück — schließlich könne die Lebenshilfe laut Bundesanzeiger über Rücklagen in Höhe von sechs Millionen Euro verfügen.

Die Mitarbeiter der vier Lebenshilfe-Kitas nahmen bei ihrer Protestaktion vor der Kreisverwaltung auch Landrat Wolfgang Spreen, der nach eigener Aussage seinen Vorsitz in der Gesellschafterversammlung der Lebenshilfe unabhängig von seinem politischen Amt als Ehrenamt ausübt, in die Pflicht. "Herr Spreen — es muss etwas passieren" und "Ist Euch der Preis zu hoch, gebt uns an den Kreis", skandierten die Mitarbeiterinnen. Auf einem Plakat war zu lesen: "Wir fordern von unserem Landrat — ganz privat — mehr Geld für den Personaletat."

"Der Kreis hat die Pflicht, die Versorgung mit Kita-Plätzen sicherzustellen", sagte Harald Hüskes. Wenn die Lebenshilfe als vom Kreis beauftragter Träger dazu nicht in der Lage sei, wie es derzeit — wegen des Streikes — der Fall sei, müsse die Kreisverwaltung dafür sorgen, dass diese Verpflichtung erfüllt werde.

Landrat Wolfgang Spreen wollte als Chef der Kreisverwaltung den Kita-Streik nicht kommentieren. Dies sei allein eine Angelegenheit der Lebenshilfe.

Da Gewerkschaft und Streikende dies anders sehen, laden sie Kreistagspolitiker am Montag um 10 Uhr zu einem Treffen im "Streikhaus", Schützenhaus in Kellen. "Grundsätzlich" werde die CDU, so versicherte Fraktionschefin Ulrike Ulrich, versuchen, daran teilzunehmen. Zugleich betonte die Christdemokratin, dass in erster Linie die Lebenshilfe gefordert sei, eine Lösung für den Konflikt zu finden, der bedauerlicherweise vor allem zulasten der Kinder und Eltern ausgetragen werde. Der SPD-Fraktionschef im Kreistag, Roland Katzy, sagte sein Erscheinen bei dem Treffen am Montag zu und machte deutlich, dass er die Forderungen der Streikenden unterstützt: "Grundsätzlich sollte gleicher Lohn für gleiche Arbeit gezahlt werden." Auch nach seiner Meinung ist es die Pflicht des Kreises, das Angebot der Kita-Betreuung sicherzustellen und die entsprechenden Zuschüsse zu erhöhen, wenn andernfalls nicht gemäß Tarif bezahlt werden könne. Zugleich kritisierte Roland Katzy das Verhalten des Landrates Wolfgang Spreen. Eine Anfrage der SPD zu der Thematik nach den Warnstreiks der Kita-Mitarbeiterinnen im vergangenen Jahr habe der Landrat "einfach abgewimmelt" und auf Nachfragen keine Antworten gegeben. "Wir werden erneut eine Anfrage stellen", versicherte der SPD-Fraktionschef.

Unterstützung haben die Streikenden offenbar von betroffenen Eltern, deren Kinder ansonsten in den derzeit bestreikten Kitas betreut werden. Einige nahmen an der Demonstration teil. Die Belastung sei zwar enorm, sagte Eva Gertzen, deren fünfjährige Tochter in der Kita "Lebensquelle" betreut wird. Da nur für 22 Kinder Plätze in einer Notbetreuung, die zudem an täglich wechselnden Orten und durch wechselnde Erzieherinnen erfolge, angeboten würden, hätten viele Eltern selbst Alternativen suchen. Einige Mütter mussten laut Eva Gertzen unbezahlten Urlaub nehmen. Dennoch fordert auch die betroffene Mutter: "In den Kitas wird eine Super-Arbeit geleistet. Dafür sollen die Mitarbeiterinnen endlich angemessen bezahlt werden."

(RP)
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