Niederrhein Wohin ist die Wölfin weitergezogen?

NIEDERRHEIN · Seit Wochen gibt es keine gerissenen Schafe mehr am Niederrhein. Jäger und Naturschutzbund halten es für möglich, dass sich die Wölfin auf den Weg gemacht hat. Das Land hat keine neuen Erkenntnisse über den Aufenthaltsort.

Wolf Karte

Wolf Karte

Foto: dpa/Bernd Thissen

Sechs Wochen sind seit dem letzten bestätigten Wolfsriss in Schermbeck vergangen. Ist die Wölfin überhaupt noch in der Region unterwegs? Eineinhalb Monate ohne einen Tierriss sind auch nach Ansicht der Jäger und Naturschützer eine außergewöhnlich lange Zeit: „Wir fragen uns natürlich, ob die Wölfin längst weitergezogen ist“, sagt Karl-Josef Göderz, Leiter des Hegerings in Schermbeck. Auch Peter Malzbender, Chef des Naturschutzbundes (Nabu) im Kreis Wesel, hat registriert, dass es jetzt eine lange Phase ohne Tierrisse gibt. Auch er stellt sich die Frage nach dem Schicksal der Wölfin.

Monatelang beherrschten Nutztierrisse die Schäfer und Naturschützer; die Niederrhein-Wölfin GW954f sorgte immer wieder für Schlagzeilen. Und jetzt? Der letzte bestätigte Schafs-Riss stammt vom 5. Dezember, danach gab es zwar noch die Vorfälle vom 9. und 13. Dezember beim Weseler Schäfer Maik Dünow. Hier steht aber noch der Beweis aus, dass es die Wölfin war. Gemeldet wurden dem Landesumweltamt aber neue Risse von Tieren weiter entfernt vom Niederrhein: Am 26. Dezember 2018 wurde in Solingen ein Schaf gerissen, am 31. Dezember 2018 ein Damwild in Odenthal im Bergischen Land.

Beim Landesumweltamt gibt man sich zurückhaltend, was die mögliche Wanderung von GW954f betrifft. Die Behörde hat auf ihrer Internetseite eine Karte erstellt, auf der alle Sichtungen und Nutztierrisse sowie Wildtierrisse verzeichnet sind. „Es gibt zurzeit keine aktuellen Hinweise auf das Tier“, sagt Wilhelm Deitermann, Sprecher der Behörde. Es sei möglich, dass sich die Wölfin nicht mehr in der Region aufhält; es sei aber auch möglich, dass sie sich derzeit nicht von Schafen ernährt, sondern am Niederrhein weiter Wildtiere reißt. Das wiederum würde nicht so schnell auffallen. Deitermann verweist darauf, dass es auch im vergangenen Jahr eine längere Zeitspanne gab, in der der Wölfin GW954f kein Riss nachgewiesen wurde. Denn nachdem GW954f am 7. August erstmals gesichtet wurde, gab es zunächst einige tote Schafe, dann eine Lücke zwischen dem 23. September und 25. Oktober – in dieser Spanne gab es zwar weitere Risse, doch da ist unklar, ob es die Niederrhein-Wölfin war.

Peter Malzbender vom Nabu war sicher, dass sich die Wölfin einen Partner suchen und ein Rudel bilden werde. Er hielt es durchaus auch für möglich, dass das Tier den Rhein überquert. Sogar Brücken würden die schlauen Tiere in der Nacht nutzen. Dass die Wölfe dazu tatsächlich in der Lage sind, ist bewiesen. Ein Tier, das mit einem Sender ausgestattet war, war auf der Emmericher Rheinbrücke geortet worden. Kurz danach war es dann durch den Kalbecker Forst in Weeze gelaufen.

Rehe, Rothirsche und Wildschweine sind laut Naturschutzbund die Hauptnahrung des Wolfes. Zu 96 Prozent würde er diese Tiere fressen. Nutztiere wie Schafe wiederum machten nur ein Prozent aus. Das hätten Untersuchungen des Senckenberg-Forschungsinstituts von 2000 Wolf-Kotproben ergeben. Im Fall der Niederrhein-Wölfin GW954f scheint es jedoch anders zu sein: Zahlreiche Fälle gerissener Schafe sind dokumentiert, besonders in den Herbstmonaten schlug sie zu. Steht jetzt Wild auf dem Speiseplan? Der Hegering jedenfalls hat keine Hinweise. Hegering-Leiter Karl-Josef Göderz sagt, dass ihm solche gerissenen Wildtiere gemeldet würden.

Einfach erschossen werden darf die Wölfin nicht. Auf Bundesebene ist der Wolf durch das Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt. Er hat damit den höchstmöglichen Schutzstatus. Grob geschätzt 700 bis 800 Wölfe gibt es nach jüngstem Stand in Deutschland, 73 Rudel nannte das Bundesamt für Naturschutz zuletzt. Ohne Schutz könnte er aussterben, fürchten die Experten.

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