Kevelaer Kinder: Immer öfter muss Stadt zahlen

Kevelaer · Rund 180 Kinder Alleinerziehender bekommen in Kevelaer einen Vorschuss für den Unterhalt, weil das andere Elternteil nicht zahlt. Das kostet im Jahr mehrere hunderttausend Euro. Doch nicht in allen Fällen sind die Väter schuld.

Das Geld für Kinder in Kevelaer war Anfang Dezember aufgebraucht. Jochen Molderings, Abteilungsleiter Soziales bei der Stadt, hatte sein Jahresbudget restlos ausgegeben. 330 000 Euro waren im Haushalt für den Unterhalt von Kindern mit getrennt lebenden Eltern vorgesehen. Weil immer mehr Alleinerziehende auf die Hilfe der Stadt angewiesen sind, weil das andere Elternteil keinen Unterhalt bezahlt, musste die Summe aufgestockt werden. Gut 332 000 Euro zahlte die Stadt Kevelaer im vergangenen Jahr an Vorschüssen für den Unterhalt von Kindern Alleinerziehender. "Wir haben einen klaren Anstieg zu verzeichnen", sagt Molderings. Und Barbara Steeger, Kevelaerer Rechtsanwältin mit dem Schwerpunkt Familienrecht, bemerkt ebenfalls: "Man hat den Eindruck, dass sich viele Elternteile ihrer Unterhaltspflicht entziehen."

2009 waren es noch 277 000 Euro gewesen, und 2012 gab die Stadt 309 000 Euro hinzu. Für 2014 plant Molderings aber mit 350 000 Euro an Unterhaltsvorschussleistungen — Rekord in Kevelaer, und eine Belastung für den klammen Haushalt. Derzeit zahlt die Stadt in 179 Fällen den gesetzlich vorgeschriebenen Vorschuss in Höhe von 133 (bis Fünfjährige) oder 180 Euro monatlich (Sechs- bis Elfjährige). Im Vorjahr waren es noch gut 150 Kinder gewesen, die die Hilfe dringend benötigten. Einen Teil davon schießt das Land zwar hinzu, und die Stadt kann sich das Geld vom säumigen Elternteil wiederholen (siehe Box), aber dennoch bleibt ein erheblicher Teil der Kosten bei der Stadt Kevelaer. "Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs", sagt Rechtsanwältin Steeger. "Wenn die Alleinerziehende mit einem neuen Partner zusammenlebt, dann muss die Stadt nicht mehr aufkommen. Auch wenn der Vater keinen Unterhalt bezahlt."

Eltern, die nichts für ihre Kinder zahlen, müssen aber nicht immer solche sein, die einfach kein Geld geben wollen — auch wenn manche einfach aufhören zu arbeiten, so dass sie nicht leistungsfähig sind. Vielfach können sie es einfach nicht in der Höhe, die das Gesetz eigentlich vorschreibt. "Oft sind die Verdienste so niedrig, dass es für mehrere Kinder gar nicht reicht. Das betrifft auch Leute, die ein ganz normales Einkommen haben", sagt Anwältin Steeger. Wer 1500 Euro netto im Monat verdient, darf 1000 Euro davon behalten — zwei Kinder im Alter von sechs bis elf Jahren haben dann aber schon einen Anspruch in Höhe von 544 Euro an Unterhalt. Also muss die Stadt einspringen, aber nur bei Kindern bis maximal zwölf Jahre.

Nicht nur Mütter sind dann auf Hilfe der Stadt angewiesen. In den vergangenen Jahren meldeten sich bei Meike Hasselmann, Klever Anwältin für Familienrecht, vermehrt alleinerziehende Männer, die auf Unterhaltszahlungen der Frauen warten. "Da ist eine Veränderung zu verzeichnen. Frauen verdienen meistens weniger als Männer und haben es dadurch schwerer, das Geld für den Unterhalt aufzubringen", sagt sie.

(RP)
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