Gastronomen kämpfen mit ausbleibender Kundschaft „Es ist ein großes Verlustgeschäft“

Kevelaer · Seit drei Wochen darf die Gastronomie in NRW wieder Gäste empfangen. Doch die sind in Kevelaer aktuell noch Mangelware. Viele Betriebe berichten über einen geringen Zulauf. Das Café Heilen musste bereits die Reißleine ziehen und schließen.

 Das Cafe Nederkorn mit Blick in die Hauptstraße in Kevelaer.

Das Cafe Nederkorn mit Blick in die Hauptstraße in Kevelaer.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Normalerweise wären im Marienmonat Mai – Hochsaison für den Wallfahrtsort Kevelaer – zahlreiche Pilgergruppen und Tagestouristen durch die Innenstadt spaziert. Sie wären in Cafés, Restaurants und Kneipen eingekehrt, hätten Biergärten und Terrassen gefüllt und den Gastronomen so einen umsatzstarken Monat verschafft. Normalerweise.

In diesem Jahr ist alles anders. Nach dem Corona-bedingten Lockdown dürfen die Betriebe seit dem 11. Mai unter strengen Hygiene- und Sicherheitsregeln wieder Gäste empfangen. Doch davon sind in Kevelaer zum jetzigen Zeitpunkt noch gar nicht so viele unterwegs. „Aktuell ist es noch sehr verhalten“, erzählt Sabine Dicks, Inhaberin des Restaurants „Goldener Schwan“. Zwar seien Stammgäste aus Kevelaer und Umgebung schon bei ihr gewesen, die fehlende Kundschaft der Wallfahrt sei aber deutlich spürbar.

Davon berichtet auch Udo Holtmann, Besitzer des Cafés Nederkorn: „Normalerweise habe ich 170 Plätze zur Verfügung, durch die Maßnahmen wie den Mindestabstand noch etwa die Hälfte. Aber selbst die bekomme ich aktuell nicht ansatzweise voll“, erklärt er und nennt die Situation ein „Fiasko“. Im Schnitt erziele das Café nur 35 bis 50 Prozent der normalen Tageseinnahmen. Und das bei laufenden Kosten. Alleine die notwendigen Materialkosten, die durch die Corona-Maßnahmen entstanden sind, liegen nach Holtmann bei etwa 1700 Euro. „Wir werden dieses Jahr kämpfen müssen – das ist klar.“

Frühzeitig die Reißleine gezogen hat Tobias Groß mit seinem Café Heilen. Erst im Februar hatte der Bäckermeister das Traditionscafé in der Innenstadt übernommen. Nun wird er es erstmal wieder schließen müssen. „Ich habe viel Herzblut in diesen Laden gesteckt, doch es wäre verantwortungslos, den Betrieb laufen zu lassen.“ Eine Woche habe er sich das Geschäft angeschaut und dann entschlossen, dass er bis auf Weiteres schließen muss. „Es ist ein großes Verlustgeschäft für mich. Die Einnahmen tragen maximal die Personalkosten – dann fehlen aber noch alle Rohstoffe, Nebenkosten und so weiter“, erklärt Groß. 1500 Euro Verlust habe er nach der ersten Woche verzeichnet, die Schließung sei alternativlos gewesen.

Zum Teil führt der 29-Jährige die ausbleibenden Einnahmen auf die Auswirkungen der Maßnahmen zurück. Durch den Mindestabstand konnte er im Außenbereich des Cafés nur maximal fünf Tische aufstellen – insgesamt habe sich die Kapazität des Ladens von 130 auf 50 Plätze reduziert. „Wirklich besetzt waren aber sowieso immer nur die Plätze draußen. Die Leute wollen natürlich in der Sonne sitzen.“ Dass momentan sowieso viel weniger Menschen in Kevelaer unterwegs sind, sorgte dann für zu wenig zahlende Kundschaft in dem Traditionscafé. „Ich bleibe in Gesprächen mit dem Vermieter. Vielleicht starten wir nach Corona einen zweiten Versuch mit dem Laden – aber so macht das keinen Sinn.“

Mit Sorge verfolgt Hans-Josef Bruns von der Wirtschaftsförderung der Stadt Kevelaer die Entwicklung. „Wir haben bei den Besuchern nicht die Frequenz, die wir gewohnt sind, und sind weit von einem normalen Geschäftsbetrieb entfernt.“ Man stehe mit den Unternehmen und Betrieben im stetigen Austausch und prüfe, wie der zu großen Teilen ausbleibende Tourismus und die Auswirkungen auf die Gastronomie abgefangen werden können. Einen konkreten Vorschlag wolle die Wirtschaftsförderung bald schon in die Politik einbringen. „Wir empfehlen, die Sondernutzungsgebühren für das Jahr 2020 auszusetzen. So wollen wir ein Zeichen pro Gastro setzen.“

Auf einen Erlass der Gebühren, die Gastronomen zur Nutzung von öffentlichen Straßen und Plätzen für ihre Außenbereiche an die Kommunen zahlen müssen, hofft auch Café-Nederkorn-Chef Udo Holtmann. Die Nutzung der Außenbereiche sei in diesem Jahr wichtiger als je zuvor. „Die Plätze draußen laufen sehr gut, und es ist leichter Abstand zu halten. Generell sagen Virologen ja sowieso, dass es draußen viel sicherer ist“, nennt Holtmann die Vorteile.

Und dann bleibt bei Hans-Josef Bruns und allen Gastronomen natürlich noch eine ganz spezielle Hoffnung: Normalität. Zumindest, so weit das möglich sein wird. „Die nächsten Lockerungen sollen ja bald kommen“, sagt Sabine Dicks, Inhaberin im „Goldenen Schwan“. „Das ist ein wichtiges Zeichen – auch für die Leute, die oft noch sehr verunsichert sind, welche Regeln beim Essen gehen nun gelten. Die Lockerungen werden es einfacher machen, auch für uns.“

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