Kevelaer Kevelaer verliert seine letzte Töpferei

Kevelaer · Susanne Stenmans wird am Wochenende zum letzten Mal am Tag der offenen Töpferei teilnehmen.

 Susanne Stenmans in ihrem Garten. Sie freut sich auf viele Besucher am Wochenende.

Susanne Stenmans in ihrem Garten. Sie freut sich auf viele Besucher am Wochenende.

Foto: Thomas Binn

Am Montag ist Schluss. Dann schließt Susanne Stenmans endgültig ihre Werkstatt für die Produktion. "Dann geht für mich hier in Kevelaer ein Lebensabschnitt zu Ende, und für Kevelaer, der Stadt der Künstler und Kunsthandwerker, verschwindet ein altes Handwerk", sagt die 61-Jährige.

Der Grund dafür ist nicht mangelnde Freude an ihrer Arbeit, sondern die Gesundheit. Vor zweieinhalb Jahre hatte Stenmans einen Unfall, seitdem bereiten ihr die Lendenwirbel Probleme. "Die schwere Arbeit ist zu viel", sagt die Handwerksmeisterin. "Einzelne Teile, so ein Tässchen zu machen, ist nicht schwer. Aber es ist die Summe." Also, die schweren Tonblöcke vom Auto in den Keller schleppen, das gebeugte Arbeiten und das Schieben der acht bis zehn Kilo schweren Brennplatten. Töpfern ist nichts für Weichlinge.

Gepackt hat es Stenmans 1975, da war sie bei einer Töpferin, deren Mann Bildhauer war, zum Ferienworkshop. Seitdem wollte sie nur eines: schnell das Abitur machen und Töpferin werden. "In den 70er Jahren gab es kaum Lehrstellen." Nicht, weil es keine Töpfer gab, sondern weil die Nachfrage so groß war. "Keramik stand auf einem ganz hohen Niveau, es wurde viel ausgebildet", erinnert sie sich. Sie musste sich gegen Mitbewerber durchsetzen. Die Familie Schließler in Krösselbach in Eberbach am Neckar hatte zwei Auszubildende pro Ausbildungsjahr. Nach drei Jahren Lehre folgte für Stenmans zwischen Gesellenprüfung und Besuch der Werkkunstschule zehn Wochen Finnland und dort das Reinschnuppern in eine keramische Fabrik. 1983 durfte sich die gebürtige Frankfurterin staatlich geprüfte Keramikgestalterin nennen. 1984 machte Stenmans ihre Meisterprüfung. Dann folgte eine Familienpause. Als die Kinder in den Kindergarten kamen, habe sie sich selbstständig gemacht. Das war 1990 im Westerwald. Da sei aber die Talfahrt schon eingeläutet gewesen. "Die guten Leute setzen sich durch", lautete die Devise von Stenmans. Aber die Talfahrt ging weiter. Um ihre Werkstatt nicht aufgeben zu müssen, arbeitete sie nebenher und schaffte sich Alleinstellungsmerkmale. "Als ich die Lehre gemacht habe, war alles braun-beige", erinnert sie sich an die Töpferware. Das erste was sie nach dem Studium machte, war eine eigene blaue Glasur. Von Anfang an lag ihr Schwerpunkt auf Gartenkeramik. Wenn Leute nach Geschirr fragten, machte sie auch das. Als ihre Kinder erwachsen waren, kam auch für sie die Zeit der Veränderung. "Ich suchte was Kleines, Schönes", nannte sie ihren Wunsch und bekam den Tipp vom Potthaus in Kervenheim. "Mama, das ist deine Chance", sagte ihre Tochter. Den ersten Eindruck, den Stenmans vom Potthaus hatte: "Ich war da so zu Hause, wie noch nie in meinem Leben." Die Idee war, als Töpfer dort zu leben und zu arbeiten. Das Potthaus wurde ein beliebtes Ausflugsziel. "Mit dem Café nebenan gab es eine tolle Symbiose", blickt Stenmans zurück.

2009 zog sie mit ihrem Mann nach Kevelaer und eröffnete in der Jägerstraße 10 ihr Atelier für künstlerische Keramik. Dort wird sie zum letzten Mal am Wochenende, 10. und 11. März (jeweils von 10 bis 128 Uhr), am Tag der offenen Töpferei teilnehmen und danach ihre Arbeit in der Werkstatt zurückfahren. "Es geht nicht mehr um den Verkauf. Es geht in die künstlerische Richtung", sagt die 61-Jährige. In ihrem neuen Beruf als Alltagsbegleiterin kann sie ihr ganzes kreatives Potenzial ausleben und weitergeben. "Ich werde noch eine Ausbildung zur Kunsttherapeutin machen", sagt sie.

(RP)
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