Kevelaer Mit 100 fängt das Leben erst richtig an

Im Fenster von Käthe Hartmann hängt ein Schild aus Glas: „Man muss immer etwas haben, worauf man sich freut“, steht dort geschrieben und trifft damit ziemlich gut, welche Einstellung Käthe Hartmann zum Leben hat.

 Käthe Hartmann ist diese Woche 100 Jahre alt geworden. Alte Fotos und Urkunden hat sie in einem Buch gesammelt

Käthe Hartmann ist diese Woche 100 Jahre alt geworden. Alte Fotos und Urkunden hat sie in einem Buch gesammelt

Foto: Marie Ludwig

Sie ist am Donnerstag 100 Jahre alt geworden und auf ihrem Wohnzimmertisch im Elisabethstift liegen noch ein paar Geschenke. „Ich lese wirklich gerne“, sagt die 100-Jährige und streicht mit der Hand über ein paar dicke Wälzer. Ein Buch auf dem Tisch liegt ihr besonders am Herzen. Hier hat sie Familienfotos und Erinnerungen – vor allem Urkunden – zusammengestellt. Hartmann wird beim Durchblättern der Seiten ganz nostalgisch zumute. Da sind ihre Eltern, ihr Vater, der bei der Zeche in Kamp-Lintfort arbeitete. Da sind ihre drei Kinder, eines das leider verstorben ist. Und da ist ihr Mann, der nie aus dem Zweiten Weltkrieg zurückkehrte. Immer wieder spricht sie davon, wie sie „alles alleine schaffen musste“ und sagt Sätze wie: „Das war damals so!“ und Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen!“. In 100 Jahren hat sie viel erlebt, nicht einmal das Familienbuch kann alle Geschichten fassen.

Für ihre 100 Jahre wirkt Hartmann noch äußert fit, ist gesprächig und sogar noch bis zum 98. Lebensjahr mit dem Rad gefahren. Erst vor eineinhalb Jahren hat sie sich dazu entschieden, ins Altenheim zu ziehen. Dafür verließ sie ihre alte Heimat Kamp-Lintfort und zog ins „wunderbare Kevelaer“. „Ich bin in wenigen Minuten in der Stadt und überall gibt es Bänke, die zum Verweilen einladen“, sagt die 100-Jährige. Und dort hat sie auch einige Bekanntschaften gemacht.

Jetzt, wo der Frühling beginnt, will sie auch die Bürgerbusse für kleine Entdeckungsfahrten nutzen. „Es sind die kleinen Dinge, auf die ich mich freue“, sagt Hartmann. In Kamp-Lintfort arbeitete sie übrigens jahrelang als Schaffnerin in den Oberleitungsbussen und mag das Gefühl, unterwegs zu sein.

Am Wochenende werden sie ihre Verwandtschaft, ihre zwei Kinder und ihre acht Enkel besuchen und mit ihr gemeinsam feiern. „Ich würde gerne noch ein paar Jahre dranhängen“, sagt Hartmann. Die Zeit im Altenheim sei für sie eine wunderbare, sogar eine der besten Zeiten, die sie bisher hatte. „Hier bin ich nicht allein und gut versorgt“, sagt sie. Man könnte sagen, für Käthe Hartmann fängt das Leben mit 100 erst richtig an.

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