Verkaufsoffene Sonntage in Kevelaer Verkaufsoffen: Stadt contra Gewerkschaft

Kevelaer · An vier Sonntagen sollen Geschäfte in Kevelaer und den Ortschaften in diesem Jahr noch öffnen dürfen. Das hat der Rat beschlossen. Allerdings hat Verdi offenbar etwas dagegen. Bürgermeister Pichler spricht von Sondersituation.

 Die Politik will die Kevelaerer Einzelhändler nicht im Regen stehen lassen und hat vier verkaufsoffene Sonntage beschlossen, die noch in diesem Jahr die Kunden in die Innenstadt locken sollen.

Die Politik will die Kevelaerer Einzelhändler nicht im Regen stehen lassen und hat vier verkaufsoffene Sonntage beschlossen, die noch in diesem Jahr die Kunden in die Innenstadt locken sollen.

Foto: Bianca Mokwa

Selten war sich Politik so einig, wie bei dieser Entscheidung. Einstimmig und ohne große Diskussion wurde im Kevelaerer Rat die Verordnung auf den Weg gebracht, die es den Geschäftsinhabern erlauben soll, an vier Sonntagen in diesem Jahr zu öffnen.

Es ist eine historische Entscheidung, deswegen, weil sich die Geschäftsöffnung nicht auf einen bestimmten Anlass bezieht. Bisher war es so, dass etwa eine große Veranstaltung nötig war, in deren Rahmen auch die Geschäfte an einem Sonntag öffnen durften. Diese Regelung sieht Bürgermeister Dominik Pichler allerdings angesichts der Corona-Pandemie ausgehebelt. Denn aufgrund der Coronaschutzverordnung dürfen Großveranstaltungen bis zum 31. Oktober nicht stattfinden. Damit fällt ein Grund für verkaufsoffene Sonntage weg. Allerdings gibt es vom 9. Juli einen Runderlass des Wirtschaftsministeriums, in dem es heißt, dass die Möglichkeit bestehe, vier verkaufsoffene Sonn- und Feiertage für 2020 durchzuführen, ohne Anlassbezug.

Die Erklärung der Stadt Kevelaer, warum es für ihre Stadt nötig und möglich ist, wird auf neun eng beschriebenen Seiten erläutert. Die FDP stellte zudem zur Sonntagsöffnung einen Antrag an die Stadt Kevelaer. Jan Itrich, Vorsitzender des FDP-Ortsverbandes Kevelaer, fasst es so zusammen: „Die Corona-Pandemie verlangt uns allen viel ab. Das ist aber nichts im Vergleich zu unseren Gastronomen und Selbstständigen, die für ihren Betrieb und ihre Mitarbeiter alles aufopfern.“ Mit der Verordnung wolle man eine Möglichkeit schaffen, entgangene Umsätze nachzuholen.

Der Lockdown habe zu erheblichen Umsatzeinbußen geführt, heißt es in der Erklärung der Verwaltung. Dazu komme die Sondersituation, dass Kevelaer nicht weit von den Niederlanden entfernt liege. Dort könne auch am Sonntag eingekauft werden. Bietet Kevelaer diese Möglichkeit nicht, wandern Kunden ab ins Nachbarland und geben dort ihr Geld aus. „Verkaufsoffene Sonn- und Feiertage haben mit circa drei Prozent des Gesamtjahresumsatzes in der Vergangenheit in nicht unerheblichem Maße zum Gesamtumsatz des Einzelhandels beigetragen“, schreibt die Verwaltung.

Hinzu kämen auch noch der gesundheitliche Aspekt und das Allgemein­interesse, durch zusätzliche Öffnungszeiten das Aufkommen von Kundenströmen in der City zu entzerren. „Hierdurch wiederum wird zu einer Verringerung der Ansteckungsgefahr beigetragen“, erklärt die Stadtverwaltung. Auch die Kirchen haben überhaupt nichts gegen die vier geplanten verkaufsoffenen Sonntage, betont der Bürgermeister.

Gegenwind gibt es allerdings von der Gewerkschaft Verdi. In dem Verdi-Schreiben heißt es, die vorliegenden Informationen der Stadt Kevelaer seien nicht ausreichend, unter anderem fehle die sich aus der Öffnung ergebende Kundenfrequenz. Und auch die räumliche Ausdehnung sei nicht zu erkennen. Allein deswegen werde man rechtliche Schritte prüfen um die Sonntagsöffnung zu unterbinden. Möglich wäre das durch ein Normenkontrollverfahren. „Die Gefahr besteht, dass Verdi gewinnt“, sagt Bürgermeister Pichler.

Gegen den Vorwurf, nicht ausreichende Informationen geliefert zu haben, wehrt sich allerdings die Verwaltung. „Dass der Umfang der Kundenfrequenz nicht ersichtlich sei, erstaunt sehr, da es ein mit 2020 vergleichbares Jahr aufgrund der Corona-Pandemie noch nicht gegeben hat“, so die Stadt Kevelaer. Itrich von der FDP wünscht Verdi Empathiefähigkeit und stellt klar: „dass eine Gewerkschaft nur so lange Sinn macht, wie es Arbeitnehmer und Arbeitgeber gibt“. Nach der Corona-Pandemie hat gerade der Einzelhandel viel aufzuholen. „Es geht um die nackte Existenz der Händler und Betriebe und damit auch um die Arbeitsplätze der bei Verdi organisierten Mitglieder, die von Verdi mit ihrer harten Haltung aufs Spiel gesetzt werden“, heißt es in der Begründung der Verwaltung. „Ich bin froh, dass wir den Mut beweisen und es gemeinsam gegen die Widerstände von Verdi versuchen wollen“, sagt Itrich vor der Abstimmung und auch Mario Maaßen von der CDU betont: „Das Risiko gehen wir ein.“ Alle Parteien entschieden sich einstimmig dafür, die Läden in Kevelaer und den Ortschaften am 6. und 20. September, 4. Oktober und 13. Dezember zu öffnen.

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