Heftige Debatte um Konzept für Verkehr Wohin Kevelaer beim Fahrrad will

Kevelaer · Um kein anderes Thema wird in der Wallfahrtsstadt aktuell so heftig diskutiert wie über den Verkehr. Vor allem geht es um die Frage, wie Radler und Fußgänger noch mehr in den Fokus genommen werden können.

 Kürzlich hatten Bürger in Kevelaer bei einer Demo für mehr Fahrradfreundlichkeit in Kevelaer geworben.

Kürzlich hatten Bürger in Kevelaer bei einer Demo für mehr Fahrradfreundlichkeit in Kevelaer geworben.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Das Thema Verkehr und vor allem der Bereich „Fahrradfahren“ werden in Kevelaer offenbar besonders emotional diskutiert. Nachdem Bürgermeister Dominik Pichler bereits vor einiger Zeit einmal bei einer Sitzung die Hutschnur angesichts massiver Vorwürfe von Eckehard Lüdke vom ADFC geplatzt war, war es diesmal CDU-Fraktions-Chef Mario Maaßen, der den Verwaltungs-Chef auf die Palme brachte. Im Ausschuss für Stadtentwicklung war es zuvor um die Leitplanken für die künftige Verkehrsentwicklung gegangen. Fast zwei Stunden dauerte allein die Debatte über diesen Tagesordnungspunkt.

Lennart Bruhn vom Büro Stadtverkehr aus Hilden hatte die bisherigen Ergebnisse der Befragungen von Bürgern und Politikern vorgestellt. Ergebnis: Der Fokus soll auf Radfahrern und Fußgängern liegen. Verschiedene Szenarios waren zur Diskussion gestellt worden. Einige Bürger stören sich daran, dass sich das Büro nicht auf das umweltfreundlichste Szenario 3 festlegte. Zu Beginn der Sitzung hatten verschiedene Frauen und Männer daran deutliche Kritik geübt. Man vermisse die Vision dabei, man habe Angst um die Sicherheit und Zukunft der Kinder, so der Tenor.

Kritik, die sich der Bürgermeister noch ruhig anhörte. Als wenig später aber Mario Maaßen etwas überspitzt meinte, dass das Konzept des Büros Stadtverkehr eine Enttäuschung sei („Das kann ich mir in fünf Minuten aus dem Internet runterziehen“), platzte es aus Pichler heraus: „Es kann nicht sein, dass Sie hier so tun, als wenn wir nichts tun würden und für eine solche Aussage noch Applaus bekommen. Wir werfen bestimmt kein Geld zum Fenster heraus.“ Ihn ärgere schon seit Jahren wie beim Thema Verkehr vorgegangen werde. Da gehe es nur um klein, klein. Über jede einzelne Ampel werde lange diskutiert. Was dabei herausgekommen sei, sehe man ja an der schlimmen Situation in der Bahnstraße. Vor allem wenn die Schranken runter sind, kommt es dort teilweise zu chaotischen Situationen, die für Radler sehr gefährlich sind. Wieder einmal bestehe die Gefahr, dass alles zerredet werde, so Pichler. Das bringe die Stadt nicht voran.

Maaßen hielt dagegen, dass das Konzept nicht den Willen der gesamten Bürgerschaft abbilde. Ähnlich sah es Ulrich Hünerbein-Ahlers von den Grünen. Er fordert, dass die Stadt konsequent sei und das Szenario 3 umsetze. Dort wird neben den Radlern auch der ÖPNV besonders in den Fokus genommen. „Wir müssen uns jetzt entscheiden, ob wir mutig sein wollen. Wir brauchen diesen mutigen Schritt“, war er sicher.

Jan Itrich (FDP) fand es dagegen gut und richtig, sich auf die Dinge zu konzentrieren, die auch realistisch seien. Das Ziel, den Autoverkehr um zehn Prozent zu reduzieren, sei bereits sehr ambitioniert. Zudem müsse man bei der Verkehrsentwicklung unbedingt auch die Pilger im Auge habe sowie die Auswirkungen der OW1 für den Verkehr in der City einbeziehen.

Für den ADFC-Kreisvorsitzenden Eckehard Lüdke war dagegen der Ansatz zu wenig ambitioniert. Man müsse den Autoverkehr noch um weit mehr als zehn Prozent reduzieren. Jeder, der vom Auto auf Rad oder Bus umsteige mache damit gleichzeitig auch Parkplätze in der City frei. Stadtplaner Dave Welling dagegen warb dafür, dass die Ziele realistisch sein sollten. Eine Reduzierung um zehn Prozent sei schon ein großer Schritt. Die Nachbarstadt Xanten habe sich ähnliche Ziele gesetzt und liege noch unter den zehn Prozent.

Am Ende entschieden sich die die Politiker für ein „Szenario 2plus“, das sich im Grunde nur beim Thema „Bus und Bahn“ etwas vom ambitionierteren Szenario 3 unterscheidet. Aus Sicht von Maaßen der richtige Schritt. „Wir wollen schließlich alle vorankommen, und was beim ÖPNV möglich ist, kann man ja immer noch schauen. Aber es macht keinen Sinn, leere Busse durch die Stadt fahren zu lassen.“

Dass das Thema „Verkehr“ höchst kontrovers diskutiert wird, zeigte sich auch bei den Haushaltsberatungen am Donnerstag. Hier hatte die CDU vorgeschlagen, diverse Aufträge für neue Konzepte rund um Mobilität mit einem Zustimmungsvermerk zu versehen. Die Posten wären dann zwar nicht raus aus dem Haushalt, um das Geld abzurufen, ist allerdings eine weitere Entscheidung nötig.

„Wir haben so viele Gutachten und Konzepte, da entsteht der Eindruck, dass wir uns verzetteln“, meinte Hubert van Meegen (CDU). Er habe auch das Gefühl, dass das Geld zum Fenster herausgeschmissen werde. Was teilweise als Ergebnis in den Konzepten stehe, habe man auch im CDU-Wahlkampfprogramm nachlesen können. Kritik kam auch von Ulrich Hünerbein-Ahlers (Grüne): Ihm fehlte bei den Konzepten der Blick auf das große Ganze.

Eine Debatte, die Bürgermeister Dominik Pichler erneut auf die Palme brachte. Die Stadt schaue schon genau auf die Finanzen und werfe sicher kein Geld zum Fenster heraus.  „Was im Programm der Parteien steht, ist mir ehrlich gesagt wurscht. Wir machen das hier für die Bürger und nicht für die Politiker“, sagte er. Ziel sei, bei den Projekten die Bürger mitzunehmen. „Das nennt sich Transparenz“, sagte er. Wenn am Ende das herauskomme, was die Parteien schon vorher gewusst haben, sei das doch schön für alle. „Dann kriegen wir dafür auch eine Zustimmung.“

Nach längerer Diskussion entschieden die Politiker dann doch, das Geld für die Konzepte im Haushalt zu lassen.

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