Kevelaer Kevelaer auf dem Weg zur Barrierefreiheit

Kevelaer · Eine Bürgerversammlung klärte auf. Zuerst sollen die Hauptstraße und der Mechelner Platz umgeplant werden. Besonders Blinde, Kinder, alte Leute, Rollstuhlfahrer und Gehbehinderte profitieren davon.

 Teilnehmer der Bürgerversammlung monierten das Kopfsteinpflaster, das an einigen Stellen so uneben ist, dass eine Verletzungsgefahr besteht.

Teilnehmer der Bürgerversammlung monierten das Kopfsteinpflaster, das an einigen Stellen so uneben ist, dass eine Verletzungsgefahr besteht.

Foto: MVO

Die Innenstadt ist gar nicht so sicher, wie man das auf den ersten Blick annehmen könnte, und erst recht nicht barrierefrei für Blinde, Kinder, alte Leute, Rollstuhlfahrer und Behinderte. Dahingehend hat sich die Diplom-Ingenieurin Astrid Urgatz einmal in der Marienstadt umgeschaut und viele Stellen gefunden, bei denen eine Verbesserung möglich wäre. Diese stellte sie am Mittwochabend in der Begegnungsstätte bei der Präsentation des Fachkonzepts "Barrierefreie Innenstadt Kevelaer" vor, welches "Komfort und Sicherheit für alle" zum Ziel hat.

In ihrem Vortrag sprach die Architektin aus Aachen verschiedene Problemfälle an, "denn niemand darf wegen seiner Behinderungen benachteiligt werden". So soll es zum Beispiel eine bessere "kontrastreiche Straßen- und Platzgestaltung" geben, da diese Leit- und Sicherheitsfunktionen enthält. Negativ fiel die Gestaltung der Blindenleitstreifen am Bahnhof auf, die "vor einer Stufe um 90 Grad falsch verlegt" sind und so die Sehbehinderten unweigerlich auf eine große Kante hinführen.

Ein weiteres Problem erkannte Astrid Urgatz auf dem Luxemburger Platz, dessen Kopfstein-Mittel-Pflaster extrem viele Unebenheiten enthält, denn "die Bäume haben mit ihren Wurzeln, da die Beete für sie zu klein sind, das Pflaster angehoben". Später kamen zu diesem Punkt auch noch Bestätigungen von den anwesenden älteren Bürgern.

Im religiösen Herz der Marienstadt wurden die Bodenstrahler von Architektin Urgatz scharf kritisiert: "Sie blenden, da das Licht von unten kommt. Wir Menschen haben keinen Schutz dagegen, unsere Augenlider können uns nur gegen das von oben strahlende Licht schützen. In der Natur kommt so ein Licht von unten nicht vor, und wenn, dann ist es Lava, und das ist verdammt gefährlich." Zusätzlich sei zum Beispiel selbst für normal große Menschen der Geldeinwurf für die Gebetskerzen kaum erreichbar.

Auch Kevelaers Fußgängerzone enthält gemäß der Aachenerin, die bislang laut eigener Aussage keine vergleichbaren Projekte verwirklicht hat, einige Trittfallen. Viele "Stadtmöbel" sowie Werbungen würden bisweilen die Menschen daran hindern, in die Geschäfte zu gelangen.

"Und die Inklusion muss besser funktionieren." So würden etwa Rollstuhlfahrer wegen der hohen Theke im Ratshausfoyer zwangsläufig "von oben herab" behandelt. Auch könnte es mehr Wohn- und Anstellungsmöglichkeiten für beeinträchtigte Menschen im Stadtkern geben, denn "Behinderte sind fast vollwertige Arbeiter".

Aber auch der Spaß kommt zu kurz. Der Mechelner Platz etwa enthält "kaum Spielgeräte für behinderte Kinder, keinen Sandkasten mit 'Tisch', die wenigen Sitzbänke gibt es derzeit nur in der prallen Sonne, und das Wassererlebnis ist leider nur eingezäunt".

Nach dieser Auftaktveranstaltung wird es kontinuierliche Arbeitsgespräche und drei Workshops geben, in denen sich die Bewohner einbringen können. Jene Treffen werden in eine Kritik-, Phantasie- und Realisierungsphase aufgeteilt, um ein Maximum an Ideen zu bekommen. Zuerst geht es um die Gestaltung der Hauptstraße und des Mechelner Platzes. Ende September soll dann eine erste Entwurfsfassung fertig sein, die zwei Monate lang von den Bürgern eingesehen werden kann.

(RP)
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