Kevelaerer Ratsbeschluss sorgt für zwei Lager Pichler bedauert Absage an Flüchtlinge

Kevelaer · Im Rat lehnten KBV und CDU eine Aufnahme von zehn zusätzlichen Jugendlichen ab, die aus Seenot gerettet wurden. Bürgermeister Dominik Pichler hätte gerne ein Zeichen Richtung Bundesregierung gesetzt.

  September 2019: Flüchtlinge aus Syrien, Irak, Palästina und dem Iran wurden vor der griechischen Insel Samos von der griechischen Küstenwache gerettet.

September 2019: Flüchtlinge aus Syrien, Irak, Palästina und dem Iran wurden vor der griechischen Insel Samos von der griechischen Küstenwache gerettet.

Foto: dpa/Petros Giannakouris

Die Enttäuschung ist Bürgermeister Dominik Pichler anzuhören. Im Kevelaerer Rat ist die Grundsatz-Entscheidung, zehn weitere unbegleitete minderjährige Flüchtlinge im Rahmen der Initiative „Sicherer Hafen“ aufzunehmen, an den Stimmen der CDU und KBV gescheitert. „Es hätte Kevelaer gut zu Gesicht gestanden“, sagt Pichler, „wenn die Entscheidung pro Flüchtlinge ausgegangen wäre. Wenn wir schon Wallfahrtsstadt sind und ein klares Bekenntnis zu Maria als Schutzpatronin für die Betrübten haben, ohne pathetisch werden zu wollen“, sagt Pichler, dazu hätte eine Zustimmung gepasst.

Von allen vier Kirchen (St. Marien, St. Antonius, evangelische Kirche und evangelisch-freikirchliche Gemeinde) gibt es ein Schreiben zur Beschlussvorlage, über die der Rat entschieden hat. Sie bitten die Ratsmitglieder in dem Schreiben ausdrücklich darum, der Beschlussvorlage der Verwaltung zuzustimmen, zehn jugendliche Flüchtlinge außerhalb der bisherigen gesetzlichen Verpflichtung aufzunehmen. „Gerade angesichts der verstörenden Ereignisse bei der Wahl des neuen Ministerpräsidenten in Thüringen ist es gut, wenn wir in Kevelaer den Menschen, besonders den jungen, helfen, die in prekären Situationen leben und damit auch ein Zeichen gegen Ausgrenzung und Intoleranz setzen“, lautet es in der Begründung.

Die KBV verteidigt ihre Ablehnung. Die RP berichtete darüber. „Aus dem Beitrag zur Ratssitzung am 13. Februar könnte der Leser den Eindruck gewinnen, dass aufgrund der Ablehnung der Verwaltungsvorlage Kevelaer keine jugendlichen Flüchtlinge aufnehmen wird“, schreibt die KBV in ihrer Stellungnahme. Dies sei so nicht richtig. „Auch bei Zustimmung hätte Kevelaer keine jugendlichen Flüchtlinge aufnehmen können, weil es derzeit dafür keine rechtliche Grundlage gibt“, schreibt der KBV-Fraktionsvorsitzende Günther Krüger.

Das stimme so nicht, sagt Pichler. Es gebe durchaus eine gesetzliche Möglichkeit, den Artikel 17 der Dublin III-Verordnung. Gebrauch davon könnte tatsächlich nur die Bundesregierung machen, nicht die Kommune. Bei dem zu fällenden Ratsbeschluss sei es darum gegangen, ein Zeichen zu setzen. Ein Zeichen, dass man in Kevelaer durchaus bereit sei, zehn unbegleitete jugendliche Flüchtlinge aufzunehmen, sagt Pichler. Damit wolle man den Druck von unten auf die Bundesregierung erhöhen. Denn es gab bereits einen Antrag der Linken im Bundestag zur schnellen Aufnahme unbegleiteter Flüchtlingskinder aus Griechenland, der allerdings von der Mehrheit im Bundestag abgelehnt wurde. Bei einer reinen Solidaritätsbekundung hätte es auch Pichler nicht bleiben lassen. Das Ergebnis hätte er nach Bielefeld gemeldet, wo die Initiative der NRW-Städte „Sicherer Hafen“ koordiniert wird. Mit möglichst vielen NRW-Städten zusammen habe man der Bundesregierung den Weg bereiten wollen, sich aus humanitären Gründen für die Mehr-Aufnahme von aus Seenot geretteten Flüchtlingen zu entscheiden. In der Ratssitzung hatte Dr. Elke Kleuren-Schryvers von Aktion Pro Humanität auf die prekäre Lage in den überfüllten Flüchtlingscamps hingewiesen.

Wenn man diese Kinder aufnehmen würde, erklärt Pichler, bedeutet es auch nicht automatisch, dass sie in Kevelaer oder Deutschland für immer bleiben. Sondern das Asylverfahren würde ganz normal laufen. Es ging in der Hauptsache darum, Griechenland zu entlasten, aus Rücksicht auf das überfüllte Flüchtlingslager Solidarität zu zeigen.

„Sollte aufgrund der aktuellen Beratung im Bundestag die Bundesregierung die rechtlichen Voraussetzungen ändern, wird die KBV der zusätzlichen Aufnahme junger Flüchtlinge zustimmen“, heißt es zum Abschluss im Schreiben der KBV. „Dann ist es allerdings zu spät“, sagt Pichler. Denn dann laufe ein anderer Mechanismus, bei dem die Kommunen Flüchtlinge zugewiesen bekommen. Im Fall der Ratsentscheidung wäre es um ein Zeichen gegangen. Die Chance wurde von der Mehrheit der Ratsmitglieder verpasst.

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