Serie Dorfspaziergang in Corona-Zeiten In der Krise die Balance halten

Wemb · Die einen in der Ortschaft Wemb spüren die Pandemie an der Kundenzahl, weil sich die Zwangspause am Airport Weeze bemerkbar macht. Andere haben reichlich Arbeit, weil die Menschen großen Wert auf ihr Äußeres legen. Und auch die Tücken der Bürokratie sind im Dorf nicht zu übersehen.

 Christina Wilbers hat in ihrem Kaufladen der Wember ein breites Sortiment zu bieten. Auch Wassermelonen sind bei ihr zu bekommen.

Christina Wilbers hat in ihrem Kaufladen der Wember ein breites Sortiment zu bieten. Auch Wassermelonen sind bei ihr zu bekommen.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Wer immer begierig darauf sein sollte, die Beziehung zwischen Verwaltung und Pandemie eingehender zu studieren, sollte sich zum Bürgerhaus Wemb begeben. Das ist, dem Coronavirus geschuldet, ebenso geschlossen wie das im Gebäudekomplex untergebrachte Pfarrheim. Seine große Glaswand ist mit vielen weißen Blättern „tapeziert“ und auf diese Weise zu einem Bekanntmachungsorgan umfunktioniert.

„Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2“ lautet die Überschrift einer Papierreihe. In 19 Paragraphen auf 15 Seiten erklärt die Coronaschutzverordnung (CoronaSchVO), was gegen die Ausbreitung der Seuche zu tun und zu lassen ist. Bis zum 26. Mai kann sich an dieser Stelle jeder informieren. Ebenso auf zehn Seiten über Hinweise für die Gastronomie, für Friseure, Fußpfleger, Kosmetikbetriebe, Massage- und Fitness-Studios. Und dann hängen da noch drei Seiten mit dieser Verordnung „in Bezug auf Ein- und Rückreisende“.

Touristen sind in Wemb derzeit allerdings Mangelware. Seit rund zwei Monaten starten und landen auf dem Airport Weeze keine Flugzeuge mehr. Diese Corona-Zwangspause macht sich auch im „KdW“, im Kaufladen der Wember, bemerkbar. „Wir haben weniger Kundschaft“, berichtet Inhaberin Christina Wilbers, die gerade einer Frau ein Schwarzbrot und vier einfache Brötchen über die Theke reicht. Normalerweise finden sich in dem Geschäft an Wembs Ortsdurchfahrt Flughafen-Mitarbeiter und Fluggäste ein, um sich aus dem breiten Sortiment zu versorgen. Die fehlen jetzt.

Ines van Oyen kommt nach wie vor zum „KdW“. Sie ist Stammkundin, Mitarbeiterin und beste Freundin. „Hier kann ich mich komplett versorgen“, sagt sie. Die Betriebspause am Airport trifft sie weniger, da sie nie fliegt. Konkrete Urlaubspläne hat sie momentan nicht. „Vielleicht fahre ich mit dem Auto nach Österreich oder in die Niederlande.“

 Oliver Coumans, Feuerwehr Wemb

Oliver Coumans, Feuerwehr Wemb

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Christina Wilbers lässt das mit dem Urlaub auf sich zukommen. „Und wenn ich mal ein Jahr aussetze, dann ist das eben so.“ Mit dem Fluglärm hatte sie noch nie Probleme. Problematischer fände sie, wenn der Flughafen aufgeben müsste. „Der bringt doch einige Arbeitsplätze in die Gegend.“

Im Salon von Fabienne Timmer („Haare Kosmetik Wellness“) gibt es reichlich Arbeit nach dem Neustart. „Wir haben gut zu tun“, sagt Ramona Choudhry, während ihre Kollegin Janina Joeressen einer Kundin eine neue Frisur verpasst. Schon vor der Öffnung gab es viele Anmeldungen. Die Sicherheitsauflagen erzwangen eine neue Organisation der Arbeitsabläufe. Nur noch drei der sechs Plätze können genutzt werden, statt vier Friseurinnen auf einmal wurde auf Zwei-Schicht-Betrieb mit jeweils zwei umgestellt. „Alles dauert jetzt etwas länger“, erklärt Ramona Choudhry. Die Desinfektion braucht ihre Zeit, und das Arbeiten mit Mund-Nasen-Maske ist anstrengender als ohne. Doch insgesamt klappe das Haareschneiden besser als erwartet.

 Janina Joeressen schneidet Irmgard Dohmen Haare.

Janina Joeressen schneidet Irmgard Dohmen Haare.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Die Regeln versucht auch die Freiwillige Feuerwehr so gut wie möglich einzuhalten, auch wenn es nach dem Alarm natürlich vor allem auf die schnelle Hilfeleistung ankommt. „Wir schreiben auf, wer beim Einsatz in welchem Auto sitzt“, sagt Oliver Coumans über die Möglichkeit, eventuelle Infektionsketten nachverfolgen zu können. Für jeden Feuerwehrangehörigen gebe es mehrere Schutzmasken. An diesem Nachmittag trägt Coumans keinen Mundschutz, denn er ist im Feuerwehrgerätehaus an der Schulstraße alleine.

 Der Brunnen vor dem Bürgerhaus Wemb. An der großen Glasfront des Gebäudes kleben Verordnungstexte.

Der Brunnen vor dem Bürgerhaus Wemb. An der großen Glasfront des Gebäudes kleben Verordnungstexte.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Der Gerätewart der Freiwilligen Feuerwehr Weeze hat gerade ein riesiges Löschfahrzeug HLF 20 mit einem 2300-Liter-Wassertank auf dem Vorplatz abgestellt. Ein baugleiches Fahrzeug, ebenfalls 2018 hergestellt, fährt er aus der Garage, parkt es, um dann den ersten Wagen rückwärts in die Garage zu rangieren. „Die beiden Fahrzeuge waren nacheinander in der Werkstatt“, erklärt der Mann, der beim Bauhof der Gemeinde Weeze angestellt ist und in Wemb vom ehrenamtlichen Gerätewart Heinrich Heimes unterstützt wird. Jetzt geht es darum, die Wagen wieder an ihre Standorte zu bringen. Das Fahrzeug für die Löscheinheit Weeze steht wieder in seiner Garage, das für die Löscheinheit Weeze bringt Coumans noch diesen Nachmittag nach Weeze. Er freut sich, wenn das neue Feuerwehrgerätehaus, ein Stück die Schulstraße hinab, fertig ist. Dann ist mehr Platz.

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