Niederrhein Heinz Bömler sammelt den Niederrhein

Niederrhein · Er war ein normaler Unternehmer mit kaufmännischer Ausbildung. Dann ließ der Gocher seiner Kreativität freien Lauf.

Niederrhein: Heinz Bömler sammelt den Niederrhein
Foto: Evers, Gottfried

Es mal einmal ein Junge, der besuchte zu einer Zeit, als Goch noch weitgehend in Trümmern lag, die Liebfrauenschule der zerbombten Innenstadt. "Etwas Vernünftiges lernen" stand damals hoch im Kurs, und eine Lehre zum Industriekaufmann bei der Margarine Union schien nach der Schulzeit keine schlechte Sache. Immerhin lernte Heinz Bömler dabei noch besser Rechnen und vermutlich noch einiges mehr, was ihm später im eigenen Unternehmen nützlich sein sollte.

Heute kennt ihn jeder, weit über den Niederrhein hinaus, als "wahnsinnigen Puppenspieler" und Eigentümer origineller Dinge, die sich mieten lassen.

Wie sich Heimat anfühlt, ist für den 74-Jährigen schwerer zu erklären, als zu zeigen. "Das alles hier ist Heimat: die Wiesen, das Wasser, all die Sachen, die ich im Laufe der Jahre gesammelt habe." Denn Heinz Bömler lebt inmitten von Erinnerungen, die zumeist die Erinnerungen von Gochern, Klevern, Kalkarern sind.

Da sind zum Beispiel die alten Ortsschilder, die er übernommen hat, Ausstattung der Klever Keksfabrik Cox, des ehemaligen "Burgtheaters", eine komplette Emmericher Arztpraxis aus den 50er Jahren, eine Apotheke aus Dinslaken, ein Tabakgeschäft aus Goch, ein Schusterladen aus Kalkar. "Ich habe mich immer bemüht, auch die Namenszüge dazu zu bekommen, denn dadurch wird das alles doch viel privater."

Bis die Viller Mühle zum Herzen des Unternehmens wurde, halfen kleinere Schritte, aus dem Kaufmann einen Lebens- und Unterhaltungskünstler zu machen. "In Berlin hatte ich in den 70er Jahren eine Firma für Datenverarbeitung. Lochkarten und Magnetbänder - kennt heute kein Mensch mehr." Damals begann er unzufrieden mit seinem Dasein zu werden, spürte den Drang zur Kreativität. "Anfang der 80er Jahre gründete ich das Puppentheater ,Bolderwagen' und reiste in vielen Ländern Europas herum." Um die 100 Auftritte im Jahr hatte der Vater von drei Kindern in seinem urigen Bauwagen, in Wien, Brüssel oder Arnheim war dabei die Anerkennung größer als in Goch. Als Bömler aber Mitte der 80er Jahre die alte Güterabfertigung Hassum erwarb, stieg auch in der Heimat das Interesse an dem ungewöhnlichen Unternehmer. Das Baudenkmal wurde zur "Weltbühne Hassum", wo der Puppenspieler Theater für Kleine und Große machte.

Dann kam der nächste Sprung - Bömler entdeckte die Viller Mühle und ihre Möglichkeiten. "Die war zwar ziemlich runtergekommen, aber bot jede Menge Platz. Den brauche ich heute", berichtet der Gocher, der seine originell eingerichteten Räume großen Firmen zu Präsentationen anbietet; Tausende erleben die Viller Mühle als Kabarett- oder Konzertbühne. Gruppen ab 15 Personen führt der Hausherr nach Terminabsprache gerne herum, und wer mag, kann sich auch seine geplante Grabstätte ansehen. Zu Pfingsten, beim Märchenfestival und anderen gelegentlichen Anlässen ist jedermann willkommen. "Wer sich hier wohlfühlt, wird das bestimmt mit einem gewissen Heimatgefühl verbinden. Ob er von hier stammt oder nicht", ist sich Bömler sicher.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort