Kevelaer Große Männer, kleine Lok

Kevelaer · Die Kevelaerer Eisenbahnfreunde versuchen das Geheimnis zu ergründen, warum ihr Hobby so faszinierend ist. Es geht um teure Wünsche, um Fleischmann und Märklin und ein Erlebnis in St. Petersburg.

 Fasziniert von der Modelleisenbahn: Helmut Hertgens und Klaus Schmitz mit ihrer Lieblingslok.

Fasziniert von der Modelleisenbahn: Helmut Hertgens und Klaus Schmitz mit ihrer Lieblingslok.

Foto: Gerhard Seybert

Wenn die Modelleisenbahn durch die Küche fährt, dann ist Weihnachten. Es sind die Kindheitserinnerungen von Eisenbahnfreund Klaus Schmitz. Der 62-Jährige war damals drei Jahre alt, als er seine erste Lok geschenkt bekam. "Baureihe 24" sagt er. "Zu dem Zeitpunkt war das relativ neu im Märklinprogramm." Gedampft hat die Lok damals nicht. "Das kam erst Anfang der 1970er Jahre. Und an Digitalbau war gar nicht zu denken", sagt Schmitz. Weil wenig Platz war, wurde die Eisenbahn nur zu Weihnachten aufgebaut und verschwand nach den Feiertagen wieder.

Kevelaer: Große Männer, kleine Lok
Foto: Pixabay

Ob er sich damals die Eisenbahn tatsächlich gewünscht hat, oder ob sein Vater sich damit nicht auch ein bisschen selbst beschenkt hat, vermag er nicht zu sagen, lächelt aber wissend. "Das ist doch heute auch nicht anders, oder?"

Heutzutage sitzt sein fast dreijähriger Enkel Julian neben ihm und schaut begeistert auf die fahrenden Modell-Züge in Opas Keller. Diese Eisenbahn muss nicht mehr abgebaut werden. Genauso wenig wie die, der Eisenbahnfreunde und Modellbauer im Keller der Kevelaerer Öffentlichen Begegnungsstätte.

Anzutreffen ist dort auch der Vorsitzende, Helmut Hertgens. Der war 19 Jahre alt, als er sich seine erste Starterpackung von Märklin gönnte. "Das wäre das Robusteste", sagte ihm damals der Verkäufer. Das habe sich später beim Nachwuchs bewahrheitet, sagt Hertgens schmunzelnd. Aber erst einmal wurde die Modelleisenbahn weggepackt, als er frisch verheiratet war. "Als sie nach sieben Jahren wieder hervorgeholt wurde, funktionierte sie tadellos", erinnert sich Hertgens und wirkt glücklich. Da ist dieses Glitzern in den Augen und Erinnerungen sprudeln aus ihm heraus. Auch die von Fahrten mit der echten Eisenbahn. "Das ist doch heute die Faszination, wenn man wirklich mit einer Dampflok fährt. Die lebt. Man merkt noch jeden Ruck." Das Tollste sei aber seine Fahrt mit der 103 gewesen. "Die modernste E-Lok der Bundesrepublik mit einer Spitzengeschwindigkeit von 205 Stundenkilometern", schwärmt Hertgens und hat gleich noch eine Geschichte auf Lager. Die spielt in St. Petersburg. "Die Stadt hat einen riesengroßen Bahnhof", beginnt die Erzählung. "Ich geh' mal Züge schauen", sagte er zu seiner Frau. Prompt traf er auf zwei Lokomotivführer, denen er auch ohne Russischkenntnisse sein großes Interesse deutlich machte. Das Wunder geschah. Er durfte ein ganz kleines Stückchen fahren. "Ich fand das so international. Und wie freundlich die Menschen sein können", sagt er, immer noch ganz ergriffen von seiner Begegnung mit Russlands Eisenbahnwelt. Und wie könnte es anders sein, von der Geburt seiner jüngsten Enkeltochter erfuhr er in diesem Jahr, als er beim Tag der offenen Tür bei Märklin in Göppingen weilte. Bleiben da noch Wünsche offen? Die beiden Eisenbahnfreunde Schmitz und Hertgens schauen sich an. Die Wünsche seien da, es komme immer auf das Budget an. Hertgens schwärmt für eine H17. "Baureihe 17 als Hochdrucklok, das ist ein Messingmodell, aber lackiert, reine Handarbeit", führt der Eisenbahnfreund aus. Solche Liebhaberstücke sind für 2000 Euro aufwärts zu haben. Hertgens Lieblingslok ist übrigens Big Boy. "Ein riesengroßes Ding", sagt der Kevelaerer und amerikanisch ist es auch.

Eine kleine Rangierlok mit Sound und Dampf und Telexkupplung zum An- und Abkuppeln stünde auf dem Wunschzettel von Klaus Schmitz, wenn er denn noch einen solchen schreiben würde. Josef Balzen hatte früher mal eine Fleischmannbahn. Seit 1981 ist er bei den Eisenbahnfreunden, weil er gerne bastelt. Ein Ruderer, der wirklich rudert, ein Schweißer, der wirklich schweißt, im Maßstab 1:87 sind sein Ding, alles was im Elektronik- und Technikbereich fällt. Darin sieht auch Schmitz den Reiz und auch den Einstieg für Jugendliche. Denn schon heute lassen sich die Loks auch mit dem Smartphone steuern.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort