Kevelaer Glocken dürfen nachts nicht mehr läuten

Kevelaer · Von 22 bis 6 Uhr stehen die Glocken in St. Urbanus Winnekendonk still. Verantwortlich dafür ist die Beschwerde eines Anwohners. Das Bistum fragte einen Sachverständigen. Ergebnis: Der Lärmpegel ist zu hoch.

 Eingebettet inmitten von Winnekendonker Wohnhäusern stören die Glocken der St.-Urbanus-Kirche einen einzelnen Anwohner.

Eingebettet inmitten von Winnekendonker Wohnhäusern stören die Glocken der St.-Urbanus-Kirche einen einzelnen Anwohner.

Foto: Seybert

Die Nächte in Winnekendonk sind ruhig dieser Tage. Die Kirchturmglocken haben eine Zwangspause verordnet bekommen. Auf Nachfrage der RP bestätigt Andreas Poorten, Pfarrer der St.-Urbanus-Kirche in Kevelaer: "Ja, ein Anwohner hat sich beschwert, dass die Glocken zu laut sind." Ein Problem, das nicht allzu häufig vorkommt, weiß Stephan Kronenburg vom Bistum Aachen: "Winnekendonk ist die einzige Beschwerde, die mir bekannt ist."

Das Anliegen ging zunächst an das Ordnungsamt Kleve, wurde dort aber abgewiesen. "Das liegt nicht in unserer Zuständigkeit, da es sich hier um Lärm handelt, der von einem Gebäude ausgeht", erklärt Monika Nijstadt vom Ordnungsamt Kevelaer. Gehandelt hat letztendlich die Pfarrgemeinde St. Antonius. "Das war ein langer Prozess und lief über viele Monate. Wir haben schließlich einen Glockensachverständigen des Bistums hinzugezogen", sagt Poorten. Der hat festgestellt, dass die Glocken lauter sind, als das Bundesimmissionsschutzgesetz erlaubt. Poorten erkärt: "Wir hatten zwei Möglichkeiten. Entweder den Glockenstuhl so herzurichten, dass es insgesamt leiser wird, oder den Stundenschlag in der Nacht abzustellen."

Letzteres ist nun geschehen. Von 22 Uhr abends bis sechs Uhr morgens ist es nun still in Winnekendonk. Doch was sagen Kirche und Mitbürger dazu? Kronenburg: "Wir finden es natürlich schade, dass die Glocken nun nachts nicht mehr läuten können. Denn das nächtliche Glockenläuten hat an ganz vielen Orten eine lange Tradition, ist vielen Menschen vertraut und gehört zu unserer Kultur." Allerdings betonen sowohl Poorten als auch Kronenburg, dass sich die Kirche selbstverständlich an Recht und Gesetz halten müsse. Einer, der an die Glocken gewöhnt ist wie kaum ein anderer, ist Willi Gooßens.

Der 84-Jährige lebt seit seinem dritten Lebensjahr in Winnekendonk. Als junger Messdiener hat er damals noch die Glocken per Hand über ein Seil geläutet. Im zweiten Weltkrieg musste Winnekendonk dann, wie so viele Orte, seine beiden größten Glocken abgeben. Das waren die Marienglocke aus dem Jahr 1729 und die Silvesterglocke von 1721. Doch die Glocken wurden nicht zu Kriegszwecken eingeschmolzen, sondern konnten unversehrt in ihre Heimat zurückgeholt werden. Doch auch wenn Gooßens nur gute Erinnerungen an die Kirchturmglocken hat, sagt er: "Mich stört es nicht, wenn sie immer läuten, aber ich finde es auch ganz angenehm, wenn sie nachts still sind. Schließlich haben wir in unserem Alter nicht mehr so einen festen Schlaf."

Die Kirchen der fusionierten Gemeinde in Kevelaer
5 Bilder

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Er ist zufrieden, wenn er nach wie vor über die Glocken informiert wird: "Zu festlichen Anlässen wie Weihnachten oder wenn eine Beerdigung ansteht. Und früh raus zur Arbeit müssen meine Frau und ich ja auch nicht mehr", sagt er und lacht. Natürlich gibt es auch Menschen, die es nicht gutheißen, dass aufgrund einer einzelnen Beschwerde der Glockenturm nachts still liegt. Poorten sagt: "Ich kann es nachvollziehen, wenn Menschen nun traurig sind. Ich verstehe beide Seiten. Aber letztendlich können wir es sowieso nicht entscheiden und sollten uns mit der jetzigen Situation anfreunden."

(RP)
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