Kevelaer Für mehr Toleranz im Gotteshaus

Kevelaer · Die Mutter einer autistischen Tochter ist enttäuscht von der Reaktion anderer Besucher bei einem Adventssingen in der Kevelaerer Basilika. Mancher fühlte sich offenbar von dem behinderten Mädchen gestört.

 In der Marienbasilika sind alle willkommen, sagt Wallfahrtsrektor Gregor Kauling.

In der Marienbasilika sind alle willkommen, sagt Wallfahrtsrektor Gregor Kauling.

Foto: Seybert

"Ich habe es gespürt: Das wird unangenehm! Dieses Gefühl hatte ich, als ich mich mit meiner schwerstbehinderten, autistischen Tochter in eine Bankreihe der Kevelaerer Marienbasilika zum offenen Adventssingen setzen wollte. Das Ehepaar war etwas älter und schaute schon sehr unfreundlich, als wir ihre Bank ansteuerten. ,Sei ohne Vorurteile, sagte ich mir, vielleicht kann Meike die beiden ja mit ihrer Freude umstimmen', dachte ich noch." Die Frau, die das schreibt, ist Maria Wouters. Es sollte eigentlich ein schöner Familiennachmittag werden, wenn sie nicht offensichtlich das Gefühl gehabt hätte, dass sie und ihre Tochter nicht willkommen sind. "Das stört!", hörte Maria Wouters die Dame neben sich zu ihrem Mann sagen, als ihre Tochter als Ausdruck der Freude einmal besonders laut lachte.

Wallfahrtsrektor Gregor Kauling war beim gleichen Konzert in der Marienbasilika. "Ich habe das nicht als störend erlebt", beschreibt er seinen Eindruck. Er verstehe sehr gut die Enttäuschung der Mutter. Menschen mit Handicap, das sei ein hochsensibles Thema. "Das erfordert von uns als Gesellschaft Respekt", sagt der Wallfahrtsrektor. Natürlich müsse es auch den Respekt gegenüber einer Veranstaltung geben, einem Konzert. "Aber ich fände es schwierig, wenn wir Menschen mit Handicap von musikalischen Veranstaltungen ausschließen", sagt Kauling. Heißt: Sie gehören genauso dazu, wie jeder andere Besucher auch. "Vielleicht ist es auch nur ein Generationenproblem", sagt Maria Wouters. Vielleicht falle es jungen Menschen, die in einen integrativen Kindergarten gegangen sind, leichter, zu verstehen, was mit Inklusion gemeint ist. Umso mehr lässt sie die Situation in der Marienbasilika aufhorchen. "In solchen Situationen bin ich sprachlos und einfach persönlich betroffen, obwohl ich selbst schon seit 30 Jahren in der Behindertenhilfe arbeite und viel erlebt habe. Wo ist sie, die Nächstenliebe und Toleranz gegenüber Menschen, die einfach nur ganz anders sind als man selbst?", fragt sich die Winnekendonkerin.

Im Augenschein sind bei Gottesdiensten und Konzerten auch immer kleine Kinder. "Ich glaube, unser Problem in Deutschland ist, dass wir ein größeres Ruheempfinden haben", sagt Kauling und zieht den Vergleich zu Lateinamerika oder Afrika. Auch wenn Kinder also durchaus willkommen sind, so hoffe er auch auf das nötige Gespür der Eltern, wenn ein Kind ununterbrochen weint, zu reagieren.

Ein ganz anderes Thema und zu 100 Prozent als Störung einzuordnen sind Handys, die während des Gottesdienstes oder Kirchenkonzerts klingeln. "Vergessen Sie nicht, ihr Handy nach der Veranstaltung wieder anzumachen", lautet ein Eingangssatz Kaulings, um das Problem vorher aus dem Weg zu räumen.

(RP)
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