Weeze Frauenhaus: Letzter Ausweg für die Opfer

Weeze · Der Aktionstag "Nein zur Gewalt an Frauen" ist am 25. November. Verena Brahms hat unter den Wutausbrüchen ihres Partners gelitten. Bis sie den Mut fand, ihn zu verlassen. Hilfe bekam sie im Frauenhaus.

 Andrea Herrmanns, Leiterin des Frauenhauses Kleve, hat Verena Brahms geholfen, ihr Leben neu zu organisieren.

Andrea Herrmanns, Leiterin des Frauenhauses Kleve, hat Verena Brahms geholfen, ihr Leben neu zu organisieren.

Foto: gerhard seybert

Lange Zeit hat Verena Brahms (* Name von der Redaktion geändert) in Angst gelebt. In der Angst, dass ihrem Mann doch einmal die Hand ausrutscht. Immer häufiger kam es in der Familie zu lautstarken verbalen Auseinandersetzungen. Je mehr ihr Mann trank, desto aggressiver wurde er. "Ich wollte einfach nicht warten, bis er mich oder meine Kinder tatsächlich schlägt", sagt Brahms. Also hat sie ihren Partner bei Nacht und Nebel verlassen. Hilfe fand sie im Frauenhaus Kleve. Sie habe damals einfach nicht weiter gewusst, sei völlig eingeschüchtert gewesen. "Selbstwertgefühl — das hatte ich nicht mehr", sagt sie. Es sei ein großer Schritt gewesen, im Frauenhaus um Unterstützung zu bitten. Aber es war die richtige Entscheidung", sagt Brahms. Dort habe sie sich einmal alles von der Seele reden können. "Ich war absolut abhängig von meinem Mann — in jeder Hinsicht", sagt sie. Im Frauenhaus hat sie gelernt, ihr Leben neu zu organisieren. Knapp drei Monate ist Brahms dort geblieben. "In dieser Zeit habe ich meine Angst abgelegt", sagt die 44-Jährige.

Das Frauenhaus Kleve nimmt im Jahr zirka 70 Frauen auf, die von häuslicher Gewalt betroffen oder bedroht sind. "Wir begleiten sie dann zu Ämtern, Ärzten oder Rechtsanwälten", sagt Leiterin Andrea Herrmanns. Außerdem stehen die Mitarbeiterinnen beratend zur Seite. Verena Brahms hat im Haus viele Gespräche geführt — mit Betreuerinnen, aber auch mit Betroffenen. "Natürlich gab es Frauen, die Schlimmeres erlebt hatten als ich. Aber die Situation zu Hause war schrecklich genug, auch ohne körperliche Gewalt", sagt sie.

Ihr Partner habe durch ihren Auszug einen regelrechten Schock erlitten, erzählt Brahms. Er hat das gemeinsame Haus freiwillig verlassen, damit sie mit den Kindern dort leben konnte. Anschließend hat er im Ausland einen Entzug gemacht. Mit dem Alkohol verschwanden auch die Aggressionen. Eineinhalb Jahre hat es gedauert, bis sich die Familie wieder angenähert hat.

Mittlerweile ist Verena Brahms wieder mit dem Vater ihrer Kinder zusammen, im Sommer haben sie geheiratet. "Ich habe das Vertrauen wiedergefunden", sagt sie. Ihr Mann habe ihr bewiesen, dass sie und die Kinder das Wichtigste für ihn seien. Und auch ihre Söhne haben die Wut ihres Vaters nicht vergessen, aber sie haben ihm verziehen. Die Stimme erhebt ihr Mann heute nicht mehr. "Er hat sich verändert, weil ich eine andere geworden bin. Ich habe gelernt, für das einzutreten, was für mich und meine Kinder wichtig ist", sagt Brahms.

Dass der Fall der Familie Brahms die Ausnahme und nicht die Regel ist, weiß Andrea Herrmanns nur zu gut. "Männer, die sich tatsächlich ändern, sind sehr selten", sagt sie. Dennoch würden zirka die Hälfte der Frauen nach ihrem Aufenthalt im Frauenhaus nach Hause zurückkehren. Das sei nicht immer nachvollziehbar — für Außenstehende schon gar nicht. "Natürlich verhalten sich viele Frauen widersprüchlich", sagt die Leiterin. Aber man dürfe auch nie vergessen, dass es der eigene Partner ist, der den Frauen etwas antut. Das sei eine enorm schwierige Situation.

Verena Brahms hat diese schwere Zeit hinter sich gelassen. Sie hat ihr Leben in die Hand genommen, fühlt sich heute stärker. Ihr Mann und sie führen eine Beziehung auf Augenhöhe — und sind glücklich.

(RP/ac)
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