Kevelaer Extrageld wird für Kevelaer teuer
Kevelaer · Die Marienstadt muss für die Neuregelung bei der Aufwandsentschädigung für Ausschussvorsitzende am tiefsten in der Region in die Tasche greifen. Kommunen wie Wachtendonk oder Kerken zahlen dagegen derzeit gar nichts.
Darf der Rat beschließen, auf Extrageld für Ausschussvorsitzende verzichten? Für Issums Bürgermeister Clemens Brüx ist klar: "Wenn der Beschluss so gefasst wird, muss ich ihn als rechtswidrig beanstanden." Wachtendonks Bürgermeister Hans-Josef Aengenendt dagegen meint: "Der Gesetzgeber lässt diese Regelung zu, wir sind mit unserer Satzung gesetzeskonform." Zwei Aussagen, die die große Bandbreite der Interpretation bei dem Thema widerspiegeln.
Wie mehrfach berichtet, sieht seit dem 1. Januar das "Gesetz zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung" vor, dass Ausschussvorsitzende eine zusätzliche Aufwandsentschädigung bekommen. Absicht dahinter ist eigentlich, die Arbeit in politischen Gremien attraktiver zu gestalten. Doch von den Kommunen hagelte es Kritik. Sie sahen in dem Gesetz einen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung. Dem Bürger sei nicht zu vermitteln, warum ein Vorsitzender zusätzliches Geld bekomme, wenn der Ausschuss nur selten tage.
Als einige Kommunen die Regelung daraufhin komplett kippen wollten, kam die klare Order vom Innenministerium, dass das Geld zu zahlen sei. Die Kommunen hätten lediglich die Möglichkeit, einzelne Ausschüsse auszunehmen, wenn die Politiker der Ansicht seien, dass diese auch selten tagen. Pauschal alle Ausschüsse auszunehmen, sei nicht zulässig.
Aus Sicht von Kevelaers Bürgermeister Dominik Pichler ist die Erlasslage klar. "Wir kommen an der Zahlung des Geldes nicht vorbei." Bei einem Treffen mit den Fraktionsspitzen wurde daher vereinbart, das Geld für alle Ausschussvorsitzende zu zahlen. Einzelne Gremien auszunehmen wollte man wegen der Gleichbehandlung nicht. Dadurch wird die neue Reglung für Kevelaer im Gelderland am teuersten: 27.859 Euro werden im Jahr fällig. Vereinbart wurde, dass nach der nächsten Kommunalwahl 2020 überlegt werden soll, ob nicht Ausschüsse zusammengelegt und auf diese Weise dann Geld gespart werden könnte.
In Geldern haben die Politiker beschlossen, den Rechnungsprüfungsausschuss auszunehmen, weil der nur selten tagt. Dadurch spart die Stadt jetzt 3482 Euro im Jahr. In Issum, Weeze und Straelen wird für alle Ausschüsse gezahlt. Auch hier waren Politiker und Verwaltung der Ansicht, dass es nicht möglich sei, ganz auf das Geld zu verzichten. Eben einen solchen Vorstoß hatten die Freien Wähler in Straelen gestartet. Ob der Verzicht auf das Extrageld dann konform zum neuen Gesetz sei, müsse die Kommunalaufsicht bewerten, hatte Michael Traurig (Freie Wähler) argumentiert. Mit den Stimmen der CDU wurde der Antrag abgelehnt. Jetzt wird weiter für alle gezahlt.
In Kerken war es der Rat selbst, der beschlossen hatte, auf das Extrageld zu verzichten. Auf diese Weise spart die Gemeinde 10.171 Euro im Jahr. Dabei hatte die Verwaltung vorgeschlagen, für alle zu zahlen. Bislang gibt es auch noch kein Geld, doch Bürgermeister Dirk Möcking hat das Thema noch einmal auf die Tagesordnung gebracht. "Nach der Konkretisierung durch das Ministerium sehe ich mich verpflichtet dazu, darauf hinzuweisen, dass es nicht möglich ist, ganz auf das Geld zu verzichten", sagt er. Im Hauptausschuss wurde gerade noch einmal kontrovers über das Thema diskutiert. Ende März will der Rat dann eine Entscheidung treffen.
In Wachtendonk ist diese längst gefallen. Bürgermeister Hans-Josef Aengenendt hatte vorgeschlagen, ganz auf das Extrageld zu verzichten. "Von allen Fraktionen gab es das Signal, das auch so zu machen", erläutert er. Der Beschluss war einstimmig. Aengenendt ist sicher, mit dem Beschluss auch gesetzeskonform zu sein. "Der Gesetzgeber hat ja die Möglichkeit eingeräumt, dass bestimmte Ausschüsse ausgenommen werden dürfen, eben das haben wir getan", sagt er. Rechnungsprüfungsausschuss, Planungsausschuss, Bürgerausschuss und Wirtschaftsausschuss sind ausgenommen.
Damit wird de facto gar nichts bezahlt. Denn der Haupt- und Finanzausschuss und der Wahlausschuss sind vom Gesetzgeber selbst rausgenommen worden. "Wir haben bislang auch nichts von der Kommunalaufsicht gehört. Warum auch?" Den Verzicht hält er für sinnvoll. Die vier Ausschüsse würden zusammen gerade einmal neunmal im Jahr tagen. Dafür dann mehr als 10.000 Euro zusätzlich zu zahlen, sei den Bürgern nicht zu vermitteln.