EU Projekt in Weeze „Ovid“ und „Black Pearl“ sollen heimisch werden

Weeze · Ein Projekt der Europäischen Union fördert den Anbau alter Getreidesorten am Niederrhein. Es wurde am Gut Kalbeck in Weeze vorgestellt.

 Andreas Mesch, Walter Buchmann, Stefan Steeg, Wilhelm Kloppert, Klaus Theobald und Yasmin Peters (v.l.) im Sommerdinkelfeld.

Andreas Mesch, Walter Buchmann, Stefan Steeg, Wilhelm Kloppert, Klaus Theobald und Yasmin Peters (v.l.) im Sommerdinkelfeld.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Sie stehen lokal wieder ganz im Fokus, die neuen Alten. Gemeint sind damit traditionelle Getreidesorten, deren regionaler Anbau und Verarbeitung durch ein EU-Projekt für drei Jahre mit 500.000 Euro gefördert wird. Dabei geht es um landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit für die Region mit dem Ziel, die Fruchtfolge durch Sommergetreide in wassersensiblen Gebieten nachhaltig zu erweitern. Doch wie profitiert der Verbraucher hier von diesem Konzept? Mit anderem Geschmack jenseits des Mainstreams in Form von neuen Rezepturen bei Brot, Brötchen, Kuchen und einem feingebrauten Gerstensaft.

Andreas Mesch vom Gutbetrieb Kalbeck, einer von drei Landwirten im Projektteam, verdeutlicht es so: „Weizen kann man auf dem Weltmarkt überall kaufen, Emmer aber nicht, nur regional.“ Emmer, Dinkel und Einkorn zählen zum Spelzgetreide, deren Schale als Vitamin-, Mineral- und Ballaststoffträger geschätzt wird. Auf seiner Fläche je 1,3 Hektar hat er Backdinkel „Wirtas“ und Backroggen „Ovid“ ausgesät, die in Kürze geerntet werden. Beim Hamminkelner Landwirt Walter Buchmann reift Braugerste der Sorte „Black Pearl“ und „Alpine Pfauengerste“. Für Thomas Michaelis von der Tourismusförderung der Stadt Hamminkeln fügt sich das Projekt wie ein Puzzleteil ein in die Idee der „Genuss Region Niederrhein“. Michaelis: „Dort konzentrieren wir uns auf die Produzenten vor Ort. Aber es gab bislang kein regionales Getreide in der Vereinigung. Wir wollen ja verhindern, dass ein Stück Regionalität verloren geht.“ Im Projekt, so Michaelis weiter, gehe es um den nachhaltigen Anbau von Sommergetreide. Diese Umstellung verändere für den Landwirt jedoch den Rhythmus der Fruchtfolge und betriebswirtschaftlich muss mit einem um etwa 50 Prozent geringeren Ertrag kalkuliert werden.

Monika Stallknecht von der Entwicklungsagentur Wesel möchte über das Projekt den Weg zu den Landwirten in der Region ebnen, Anbau und Verarbeitung des regionalen Getreides flächig auszubreiten. Beim Experten für alte Getreidesorten, Ulrich Schulze von der Landwirtschaftskammer, laufen die Teilnehmer offene Türen ein. „Wir beschäftigen uns seit 20 Jahren mit Biodiversität, neuen Inhaltsstoffen und ökologischer Landwirtschaft. Da kommt viel Arbeit beim Dreschen auf sie zu. Es soll ja möglichst reines Saatgut gewonnen werden.“

Einen weiteren Aspekt – neben der guten Bekömmlichkeit für den Körper – führt Thomas Michaelis für den Ackerboden hinzu: „Der Anbau der alten Getreidearten wirkt sich positiv auf den Nitratgehalt im Grundwasser aus. In Kombination mit einer stockwachsenden Zwischenfrucht entziehen diese Pflanzen dem Boden Stickstoff, der nicht bis ins Grundwasser gelangt.“ In einem Wasserschutzgebiet bei Hamminkeln hat Walter Buchmann seine Versuchsfläche ausgewählt. „Ich bin dabei, weil ich immer für alles Neue aufgeschlossen bin. Die Ernte ist nicht so erfolgversprechend mit den zwei Sorten“, erklärt der Landwirt, dass wohl die Witterungsverhältnisse in diesem Jahr nicht optimal waren.

Neugierig begleitet Yasmin Peters von der Hochschule Geisenheim das Dreijahresprogramm durch die wissenschaftliche Brille. „Und zwar, weil die Inhaltsstoffe bisher so noch nicht erforscht worden sind. Wie verhält sich das Getreide beim Backen und Brauen gegenüber Vergleichssorten? Wie wirkt sich der hohe Eiweißgehalt aus? Einen feinen Geschmack versprechen wir uns vom Bier.“ Das geschmackliche Endprodukt dürfte später auch bei den vier Projektpartnern des Back- und Brauhandwerks in der Niederrhein-Region zu kosten sein.

Info: Die Projektverantwortung liegt bei der Stadt Hamminkeln und dem Kreis Wesel. Ins Netzwerk eingebunden sind drei Landwirte aus der Region, begleitet von Fachleuten der Landwirtschaftskammer sowie verarbeitende Betriebe wie Bäcker und Brauer. Wissenschaftlich begleitet das Projekt die Hochschule Geisenheim. Die Mittel fließen aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für den ländlichen Raum unter Beteiligung des Landes NRW.

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