Lesung in Kevelaer Ein „Mädelsabend“ mit Anne Gesthuysen

KEVELAER · Im ausverkauften Kevelaerer Konzert-und Bühnenhaus begeisterte die Autorin aus Veen ihr Publikum mit Szenen aus dem neuen Buch. Das Werk sei eine Hommage an ihre Schwiegermutter, ganz viel Niederrhein kommt darin vor.

 Die Geschichte von Anne Gesthuysen spielt in Alpen, also nur wenige Kilometer von Kevelaer entfernt. Ganz viel Niederrhein kommt in dem Buch vor.

Die Geschichte von Anne Gesthuysen spielt in Alpen, also nur wenige Kilometer von Kevelaer entfernt. Ganz viel Niederrhein kommt in dem Buch vor.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

Anne Gesthuysen meldete sich im Kevelaerer Konzert- und Bühnenhaus mit ihrem dritten Roman in der Bücherszene zurück. „Mädelstag“ erklimmt gerade die Spiegel-Bestsellerliste.

Die Geschichte dreht sich um die 90-jährige Ruth und ihren Mann Walter. Sie leben mittlerweile in der Seniorenresidenz Burg Winnenthal bei Alpen. Bei der Lesung ist die Autorin und ehemalige Morgen-Magazin-Moderatorin Anne Gesthuysen schon alleine Programm, atmet Niederrhein und bietet auf verschiedenen Ebenen enormes Identifikationspotential.

Das Konzert- und Bühnenhaus der Wallfahrtsstadt ist zur Lesung rappelvoll. Überwiegend Frauen sitzen in den Reihen. Anne Gesthuysen fasziniert mit ihrem natürlichen Charme. „Sie erzählt vom Niederrhein“, so der Kommentar von Besucherinnen, ganz nach dem Hüsch-Motto „Auch du kommst drin vor.“

In der Tat, denn Gesthuysen wählt für den neuen Roman das Besenbinderdorf Bönninghardt zum Schauplatz inklusive der Alpener Seniorenresidenz Burg Winnenthal. Orte, die nah an der Marienstadt liegen, mit einem Menschenschlag, der für den Niederrhein steht. Eigentlich geht es um eine Geschichte zwischen Großmutter Ruth und Enkelin Sara und die Frage, wieviel Ehe oder Nähe in der Beziehung erträglich sind.

Ruth, Jahrgang 1919, und Enkelin Sara, erfolgreiche Ärztin im Jetzt, gehen auf Zeitreise, entdecken, wie es früher und heute um die Stellung der Frau in der Gesellschaft bestellt ist. Der Abend lebte davon, dass die gebürtige Veenerin Szenen aus dem Buch vorlas und danach Bilanz zu Jahrzehnten weiblichen Daseins zieht.

Es ist auch die Geschichte um Sara, ihren Lebenspartner Lars, den gemeinsamen Sohn Paul. Humorvoll legt sie dabei den Blick auf die Frage nach einer gelungenen Emanzipation und der Rolle des Partners. Leben Ehepaare ein erfülltes Leben, ohne dass einer der Partner zurücksteckt und verzichtet? Anne Gesthuysen zeichnet humorvoll in ihrem Buch das gesellschaftliche Leben mit patriarchalischen Strukturen des vorigen Jahrhunderts nach.

Der Lobgesang auf Alice Schwarzer fehlt nicht, die ab den 1970er Jahren für Frauenrechte und Gleichberechtigung kämpfte. Anne Gesthuysen hat für ihr Buch verschiedene Figuren und ihre Lebensgeschichten im Buch platziert. Pate für die Romanfigur Ruth van Rennings ist beispielsweise ihre Schwiegermutter. „Das Buch ist eine Hommage an meine Schwiegermutter“, erklärt sie. In der engagierten Sara entdeckt der Lesende Anne Gesthuysen selbst, und wie sie die existentielle Frage nach Familie und Beruf oder Beruf mit Familie beantwortet.

Die niederrheinische Kulisse offenbart Lebensarten und -gebräuche, die beim Publikum für einen hohen Wiedererkennungswert sorgen, nicht zuletzt, wenn es Rosinenbrot, Käse und Rübenkraut gibt. Denn auch Sara steht vor der Frage, ob sie sich beruflich verwirklichen will. Ähnlich wie Anne Gesthuysen, die als Auslandskorrespondentin nach Washington hätte gehen können. Im Buch entscheidet sich Sara für die Karriere, Gesthuysen für die Familie. „Ich habe es erlebt, und mir ist es gar nicht so schwer gefallen“, so das Fazit von Gesthuysen. „Emanzipation hört dann auf, wenn man Mutter wird.“ Auch für Ruth und Walter gestaltet sich zum Schluss der Lebensabend auf Burg Winnenthal versöhnlich.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort