Krippenmarkt in Kevelaer Ein fast vergessenes Kunsthandwerk

Kevelaer · Hans Rommen und Alfred van Schayck aus Kevelaer sind zwei der drei letzten gelernten Polychromeure der Region. Auf dem Kevelaerer Krippenmarkt zeigen sie die Kunst, Krippenfiguren zu restaurieren und zu bemalen.

 Beim Krippenmarkt in Kevelaer zeigt sich Polychromeur Hans Rommen den interessierten Besuchern bei der Arbeit.

Beim Krippenmarkt in Kevelaer zeigt sich Polychromeur Hans Rommen den interessierten Besuchern bei der Arbeit.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Maria und Josef stehen im Stall von Bethlehem, zwischen ihnen das Jesuskind, um sie herum Ochs und Esel. Und die Heiligen Drei Könige kommen dazu mit ihren Gaben. Dies ist das friedlichste Bild, das Christen sich vorstellen können. Zu allen Zeiten wurde es figürlich dargestellt, große Sammlungen von Krippen aus aller Welt dokumentieren eindrucksvoll, wie vielfältig und immer wieder anders diese eine Szene umgesetzt wurde und wird. Warum die Menschen davor stehen bleiben und lange schauen, liegt nicht zuletzt an der ganz besonderen Bemalung der Figuren, die ihnen Plastizität und Individualität verleiht.

Bis vor etwa 60 Jahren konnte man diese Fertigkeit noch als Beruf mit der Bezeichnung Polychromeur erlernen. Hans Rommen und Alfred van Schayck aus Kevelaer sind zwei der drei letzten gelernten Polychromeure der Region. Aktiv als Figurenmaler tätig ist noch Hans Rommen. Auf dem Kevelaerer Krippenmarkt kann man sie an den Wochenenden finden, wo sie zum Beispiel defekte Figuren restaurieren, Krippenbesitzer beraten oder sich einfach über die Schulter schauen lassen.

„Wenn ich eine alte Figur anschaue, muss ich die Farben ,lesen’ können und genau den Ton treffen, der da früher war. Es gibt so viele verschiedene Rot-, Blau- oder Gelbtöne“, berichtet der 79-jährige Hans Rommen aus seinem Erfahrungsschatz. Bei der Restaurierung einer historischen Figur komme es darauf an, das, was da ist, wieder herzustellen und die hohe handwerkliche Qualität zu erhalten, sagt er. Je wertvoller eine Figur, desto größer die Verantwortung und desto lieber gehe er ans Werk.

Zur Kunstfertigkeit des Polychromeurs gehört nicht nur, Gesichter lebendig oder die Falten in den Gewändern durch feine Abstufungen noch plastischer wirken zu lassen, sondern auch Vergoldungen anzubringen. „Zuerst wird die Stelle vorbereitet mit einer Mixtion, einem französischen Speziallack. Nach sechs Stunden Trocknen wird dann ganz vorsichtig mit einem Dachshaarpinsel das Blattgold aufgebracht. Später kann man noch mit einem Rindshaarpinsel polieren“, beschreibt Rommen den Vorgang, der Akribie, Geduld und letztlich viel Erfahrung erfordert. Vergoldet werden oft nur kleine Stellen, sie werden zu Lichtakzenten oder feinen Linien, die eine Figur feierlicher erscheinen lassen.

„Ich habe einfach einen Riesenspaß daran“, sagt er. Noch immer geht Rommen in einer Werkstatt an der Wember Straße seinem Handwerk nach. „Wenn ich aufhöre, weiß ich nicht, was dann mit mir passiert“, überlegt er schmunzelnd und erzählt, dass in seiner Familie Polychromeure seit vier Generationen verwurzelt sind. „Irgendwann ist es dann in den Genen“, erklärt der Vater von zwei erwachsenen Kindern, die jedoch in andere Berufe gegangen sind. „Aber beide können auch sehr gut Figuren bemalen“, betont Rommen.

Alfred van Schayck, der 1958 zusammen mit ihm die Gesellenprüfung als Polychromeur ablegte, unterstützt ihn am Stand auf dem Krippenmarkt im Forum Pax Christi. „Der Beruf ist immer seltener geworden, weil industriell gefertigte Figuren zum Beispiel aus China inzwischen den Markt beherrschen“, sagt van Schayck. Dass aber die Restaurierung einer wertvollen Figur zweifellos in die Hand eines erfahrenen Polychromeurs gehört, wird klar, sobald man dem Könner über die Schulter schaut.

Und das können Interessierte noch immer an den Wochenenden auf dem Krippenmarkt in Kevelaer, am Stand der Christlichen Kunst Bauer, tun.

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