Kevelaer Ehrgeiz trotz Handicap

Kevelaer · Die Leistungssportler, die an den Paralympics teilnehmen, nötigen hiesigen Behinderten großen Respekt ab. Für die meisten von ihnen geht es nicht um Rekorde, sondern darum, beweglich und zufrieden zu bleiben.

Paralympics 2008: Alle Sportarten, alle Fakten
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Foto: AP

In diesen Tagen sitzt Heinrich Lamers bei aller Bewegungsfreude schon mal öfter vor dem Fernsehen. Was er da sieht, betrifft ihn persönlich: Behindertensport. Der 72-Jährige ist weit entfernt davon, sich mit den Leistungssportlern vergleichen zu wollen, die er bei den Übertragungen der Paralympics sieht. Aber was diese Männer und Frauen da leisten, das kann er besser beurteilen als viele andere Menschen. Lamers ist beinamputiert und aktives Mitglied im Kevelaerer Behindertensportverein.

"Ich habe mein Bein vor 30 Jahren bei einem Unfall im eigenen Betrieb verloren. Dennoch hab' ich die Firma noch 18 Jahre lang geführt. Als ich dann in den Ruhestand wechselte, wurde mir erst mal bewusst, dass es nötig war, sich neu zu orientieren." Der Kevelaerer meldete sich zum Behindertensport an, macht seitdem Wassergymnastik, schwimmt und gehört zur Leichtathletikgruppe. Auch seine Frau, die zwei künstliche Hüftgelenke hat, ist dabei — wie etwa 20 weitere Gehandicapte.

Wohltuend

"Um Leistung geht's mir weniger, eher um die wohltuende Bewegung und das gute Gefühl, das man hat, wenn man sieht, was noch alles geht." Klar — die Mitsportler redeten viel über ihre "Wehwehchen", die oft ziemlich schwere Beeinträchtigungen sind. Aber vor allem fühlten sie sich wohl in der Gemeinschaft, in der es nicht darum gehe, was wer "kann". Natürlich gibt es Ehrgeiz, beim einen mehr, beim anderen weniger. Lamers zum Beispiel lässt sich in jedem Jahr aufs Neue die Prüfung fürs Goldene Sportabzeichen abnehmen: 100 Meter Laufen, Kugelstoßen, Weitsprung, Schwimmen. Die Anforderungen hängen von der Schadenklasse ab. "Ich würde jedem Behinderten empfehlen, sich solch einer Gruppe anzuschließen."

Mit dem Rollator

Ein anderes Mitglied des Vereins möchte seinen Namen nicht nennen. Wegen einer schweren Muskelschwäche kann der Mann nur mit Schienen und Rollator kurze Strecken gehen und seine Hände kaum benutzen. Aber im Nichtschwimmerbecken des Hallenbads bewegt er sich fast wie die anderen: "Ich habe gelernt, mich mit meiner Schwäche zu arrangieren und lasse mich nicht unterkriegen." Vor den Leistungen der behinderten Sportler ziehe er den Hut und fühle sich durch sie motiviert, auch sich selbst weiter zu fordern.

Alle behinderten Sportler warten dringend auf die Rampe zum Hallenbad. Wie mehrfach berichtet, hat sich die Installation verzögert, nun soll die Wartezeit aber bald vorbei sein. Denn ganz ohne Unterstützung der Gesellschaft geht's nicht — bei allem Ehrgeiz.

(RP)
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