Kevelaer Das Ende der Ära Broekmann nach 50 Jahren

Kevelaer · Am Ostring betreibt die Familie Broekmann die Tankstelle in Goch. Heute ist Schluss, neuer Pächter kommt.

 Horst und Ulla Broekmann eingerahmt von Tochter Heike Broekmann-Janßen und Sohn Christof Broekmann – ab Freitag übernimmt ein neuer Pächter das Geschäft und für die Familie endet eine Ära.

Horst und Ulla Broekmann eingerahmt von Tochter Heike Broekmann-Janßen und Sohn Christof Broekmann – ab Freitag übernimmt ein neuer Pächter das Geschäft und für die Familie endet eine Ära.

Foto: GOTTFRIED EVERS

Ein Leben ohne diesen Ort ist für sie kaum vorstellbar. Seit beinahe 50 Jahren steht Familie Broekmann aus Goch für dieses Lebenswerk, das jetzt sein Ende finden wird: Die "Tankstelle Broekmann am Ostring", wie sie die Gocher und viele Durchreisende seit Jahrzehnten kennen, macht dicht. Zumindest als Familienbetrieb, getankt werden kann dort weiterhin.

Die Ära Broekmann, die 1966 auf der Weezer Straße begann, ist nun zu Ende. "Am Freitagmorgen rechnen wir ab. Dann bleibt die Tankstelle geschlossen. Nachmittags öffnet der neue Pächter die Pforten", erklärt Horst Broekmann nüchtern. Soviel zu den Fakten. Weniger emotionslos bleiben er und seine Familie beim Blick zurück — und nach vorne: "Das hier ist unser Leben", sagen sie alle traurig. Doch ein Weitermachen ist für den 69-jährigen Horst Broekmann, Ehefrau Ulla und Tochter Heike Broekmann-Janßen aus gesundheitlichen Gründen unmöglich. Deshalb heißt es nun Abschied nehmen - und den Weg frei machen für einen Nachfolgepächter.

"Einfach ist das nicht", weiß Heike Broekmann-Janßen, die mit ihrem Bruder Christof in der Tankstelle aufgewachsen ist. "Hinter der Ladentheke standen die beiden schon im Kinderwagen", erinnert sich Horst Broekmann noch sehr genau. Immer, wirklich immer, ist die Familie in der Tankstelle an der Weezer Straße oder ab 1985 am Ostring anzutreffen gewesen. "Wir haben Weihnachten darin gefeiert", sagt Sohn Christof, "und werden am Freitagmorgen zum ersten Mal nach all' den Jahren Zuhause frühstücken", so Ulla Broekmann. Das Privathaus haben die Nachbarn längst auf "Möbellager" getauft, weil die Broekmanns eben nie Zuhause gewesen sind. Damit ist jetzt Schluss. Zeit für Genesung und Ruhe, vielleicht auch mal ein wenig Urlaub, sollen nun im Fokus stehen. Außerdem werden künftig ganz bestimmt noch viele, viele Fotos aus den vergangenen rund 50 Jahren gewälzt, dazu Anekdoten erzählt, die guten und schlechten Zeiten ausgetauscht. "Wir könnten ein dickes Buch schreiben über all' die Geschichten, die wir erlebt haben", erzählt Horst Broekmann lächelnd.

Vom Heringe-Braten über Tröster und Gesprächspartner sein, bis hin zur Ersten Hilfe oder einer herunterrutschenden Hose während des Tankens gibt es eine ganze Menge zu berichten. Eines ist dabei standhaft geblieben: der familiäre Gedanke. "Unsere Kunden waren immer unsere Familie. Sie gehörten eben dazu, wenn wir beim Essen zusammensaßen", sagt Broekmann-Tochter Heike: "Ich kenne das nicht anders."

Als ihre Eltern 1966, mit 200 D-Mark Startkapital in der Tasche, die Tankstelle an der Weezer Straße pachteten, war der Schritt gewagt. Ihr Vorgänger scheiterte an dem Projekt und Horst Broekmann war gerade 21 Jahre alt. Seine Eltern mussten mit ihrem Haus für die Tankstelle bürgen. Trotzdem: Als jüngster Pächter der Branche ging der gelernte Tankwart an den Start, kassierte noch "traumhafte" 47 Pfennig pro Liter Sprit, betankte jedes Auto selbst und arbeitete gemeinsam mit seiner Frau täglich hart für das Geschäft. Als 1975 die Selbstbetankung eingeführt wurde, hatte Broekmann Bedenken. Doch es ging gut.

Auch die Ölkrise hat den Familienbetrieb nicht umgehauen. Horst Broekmann blieb. Er kennt die Branche seit seinem 14. Lebensjahr - wenn er davon berichtet, glänzen die Augen immer noch. Ja, diese Tankstelle ist sein Lebenswerk.

(RP)
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