Böllerschützen-Lehrgang Traditionspflege mit Knall-Effekt

Uedem/WEEZE · Zehn Schützen nahmen jetzt an einem Lehrgang zum Böllerschießen teil. Die Tradition ist alt, laut und wird vor allem bei Schützenfesten und Hochzeiten gepflegt. Die Lizenz zum Schießen erhielt jeder Teilnehmer.

 Mittels einer Fernsteuerung wird der Standböller gezündet, das Schwarzpulver verbrennt mit einer Temperatur von bis zu 2500 Grad. Das entweichende Gas produziert den Knall.

Mittels einer Fernsteuerung wird der Standböller gezündet, das Schwarzpulver verbrennt mit einer Temperatur von bis zu 2500 Grad. Das entweichende Gas produziert den Knall.

Foto: Markus van Offern (mvo)

Es ist ein ohrenbetäubender Knall, der den Boden in Keppeln vibrieren lässt. 200 Gramm Schwarzpulver explodieren nur wenige Meter vor elf stoischen Männern. Ihr Blick auf die Stichflamme starr, die Miene unaufgeregt, ein Lächeln stellt sich ein. Dieser Standböller-Lärm ist für sie nicht nur zur Gewohnheit geworden, er ist auch ihre große Leidenschaft: Sie sind Böllerschützen. Oder wollen es werden.

Vor wenigen Tagen kamen sie auf der Wiese vor der Bürgerbegegnungsstätte „Zur Dorfschule“ zusammen, um an einem Böller-Lehrgang unter der Leitung von Dieter Lang aus Erfurt teilzunehmen. Zum vierten Mal fand er statt. „Der Umgang mit Schwarzpulver muss geübt sein. Ansonsten gefährdet man bei Unfällen sich und andere. Dieser Verantwortung muss man sich bewusst sein“, sagt Lang. Das Sprengstoffgesetz verbietet in Deutschland den Kauf von Schwarzpulver ohne Genehmigung. So sind Schützen zu einem staatlich anerkannten Lehrgang für Vorderlader-, Wiederlader- und Böllerschießen verpflichtet. Organisiert wurde dieser von der Böllerschützengruppe St. Barbara der St.-Sebastianus-Bruderschaft Keppeln, die Teilnehmer entstammen unterschiedlichen Vereinen aus der Region. „Wir haben in unserem Verein nur noch einen Böllerschützen. Wenn dieser beim Schützenfest ausfällt, fällt auch das Schießen aus. Doch das gehört einfach dazu“, sagt Martin Strohscheidt aus Orsoy.

 Im Standböller wird das Schwarzpulver mit einem Korken verdämmt.

Im Standböller wird das Schwarzpulver mit einem Korken verdämmt.

Foto: Markus van Offern (mvo)

Das Böllerschießen blickt auf eine jahrhundertelange Tradition zurück und ist heute in das Brauchtum von Schützenvereinen eingebunden. Zu besonderen Anlässen schießen die Schützen Böller; bei Schützenfesten, Hochzeiten, Geburtstagen oder Kirchweihen. „Wir müssen diese Tradition unbedingt behalten. Doch sie ist in Gefahr, da nur wenige Schützen die notwendige Lizenz haben. Dabei gibt das Böllern jedem Fest einen besonderen Rahmen“, sagt Lang. Doch nicht nur der fehlende Nachwuchs bereitet ihm Sorgen: „Die Behörden können diesen Brauch mit immer neuen Auflagen und viel zu hohen Kosten aussterben lassen.“ Eine Ausbildung kann insgesamt nämlich bis zu 1000 Euro kosten. Auch der anschließende Unterhalt der Schussgeräte und der Kauf des Schwarzpulvers ist kostspielig.

Beim zweitägigen Seminar erklärt Lang akribisch alle technischen Abläufe des Schießens. Und die sind komplex. So gibt es drei verschiedene Arten von Böllergeräten: den Handböller, den Standböller und die Böllerkanone. Handböller sind häufig pistolenartig, einfach in der Hand zu halten und damit am populärsten. Auch die Uedemer Gruppe übt gerne am Hand- und Schaftböller. Böllerkanonen sind hingegen meist Rekonstruktionen historischer Vorbilder. Der Standböller produziert jedoch den eindrucksvollsten Knall. Im Standböller wird das Schwarzpulver mit einem Korken verdämmt und mittels einer Fernsteuerung gezündet. Mit einer Temperatur von bis zu 2500 Grad Celsius verbrennt der Explosivstoff. Da der Behälter abgeschlossen ist, muss das Gas entweichen und produziert dabei den Knall. „An das Geräusch haben wir uns gewöhnt, die Ohren halten wir nicht zu. Das macht diesen Reiz erst aus“, sagt Burkhard Adolf aus Bocholt. „Den neugekrönten Schützenkönig ehren wir immer mit drei Salutschüssen. Dafür brauche ich diese Ausbildung“, erklärt er. Auch einige Frauen, sagt Lang, würden sich zu Schützen ausbilden lassen. Doch am Niederrhein ist diese Leidenschaft eine echte Männerdomäne.

Die Prüfung von Feuerwerkmeister Lang umfasst an diesem Wochenende zwei Abschnitte: Im theoretischen Teil müssen die Teilnehmer die technischen Abläufe erklären können, in der Praxis dann ordnungsgemäß schießen. Das angestrebte Zertifikat stellt er an diesem Wochenende allen aus. Den nächsten Lehrgang wird die Bruderschaft durchführen, wenn sich wieder zehn Interessenten melden. „Bei einem so lauten und mitreißenden Knall werden wir immer wieder neue Schützen finden.“

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