Kevelaer Bei der Hausarzt-Versorgung wird die Lage immer ernster

Kevelaer · Im Kreis Kleve, sagt Barbara Nickesen, fehlen "in den Mittelbereichen Kleve, Goch und Geldern 23,5 Hausärzte". Als Regionaldirektorin der AOK mit Sitz in Kleve macht sie sich Sorgen um die Zukunft der Arzt-, vor allem der Hausarzt-Versorgung in ihrer Heimatregion.

Barbara Nickesen wohnt in Kessel — und stellte auf Einladung von Gabi Theissen, der Vorsitzenden des Seniorenausschusses im Gocher Rat, den Kommunalpolitikern vor, wohin die Reise gehen wird. "Der Versorgungsgrad mit Hausärzten beträgt in Goch jetzt schon nur noch 82,6 Prozent. Es gibt nach den Berechnungen der KV, der Kassenärztlichen Vereinigung, achteinhalb freie Sitze. In Emmerich sind es rechnerisch null, in Kleve schon sieben und in Geldern sogar acht. Das Ganze habe, nicht nur rechnerisch, sondern ganz praktisch, schon heute eine alarmierende Auswirkung: "Schon jetzt können rechnerisch in diesen Gebieten etwa 340 000 Menschen nicht oder nicht zeitnah durch einen Hausarzt versorgt werden", kritisiert die AOK-Chefin.

Der Altersdurchschnitt bei den Hausärzten ist hoch — in Goch 58 Jahre. Nur in wenigen Fällen finden Mediziner, die sich den Ruhestand gönnen wollen, einen Nachfolger. Jüngstes Beispiel: Dr. Beykirch.

Und bei den Fachärzten? Da rechne, so Barbara Nickesen, die KV nicht nach Städten, sondern nach Kreisen. Danach gibt es — noch — keinen Mangel im Kreis Kleve. Ausnahme: Psychotherapeuten. Rechnerisch fehlen 13,5 Stellen. Praktisch hat das die Folge, dass Patienten ein Jahr auf den Beginn ihrer Therapie warten müssten. Bei Fachärzten wie Radiologen zum Beispiel rechne die KV den Bedarf für ein riesiges Gebiet aus. Der Kreis Kleve ist da drin, aber dieser "Bezirk" reicht bis Essen und Mülheim. Barbara Nickesen: "Und da hilft es uns hier natürlich nichts, wenn es in Essen vier Radiologen ,zuviel' gibt."

Barbara Nickesen machte deutlich, nur "alle gemeinsam können im ständigen Gespräch etwas erreichen". Gabi Theissen (CDU), Gochs Vizebürgermeistern und als Leiterin eines Altenheims Frau vom Fach: "Wir als Stadt, wir als Politiker können leider gar nichts tun. Aber es ist wichtig, dass wir die Stadt attraktiv machen und halten." Man könne nur mit "Standortfaktoren" werben, mit Lebensqualität. Klar ist: Mit der zunehmenden Überalterung wird die Lage noch ernster — mehr Alte, mehr Kranke, aber weniger Ärzte.

(RP)
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