Oratorium in Kevelaer Keine unbekannten Elemente in der Kirche

Kevelaer · Ein Wagnis: Wie würden Besucher auf Tanz und Ballett in der Basilika reagieren?

 Bastian Rütten ist Pastoralreferent in Kevelaer.

Bastian Rütten ist Pastoralreferent in Kevelaer.

Foto: Bischöfliche Pressestelle/Christian Breuer

Wie modern die Weihnachtsgeschichte auch heute noch ist, hat die Neuinszenierung des Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach in Kevelaer bewiesen. Jeweils mehr als 400 Menschen kamen, wie berichtet, zu den beiden Aufführungen in die Marienbasilika, um die Inszenierung „Jauchzet! Frohlocket!“ mit Gesang und Tanz zu erleben. Im Interview berichtet Pastoralreferent und Mitinitiator Bastian Rütten, wie er die Tage erlebt hat.

Eine lange Zeit harter Arbeit liegt hinter Ihnen. Wie fühlen Sie sich jetzt, nach den Aufführungen?

Bastian Rütten Es war sehr beeindruckend, wir hatten zwei ausverkaufte Abende mit jeweils rund 400 Gästen in der Basilika. Die Nachfrage war so groß, dass wir auch die Seitenschiffe geöffnet haben, in denen das Geschehen auf Leinwand zu sehen war. Die erste Idee zu der Inszenierung hatten Romano Giefer, Fabian Matussek und ich vor einem Jahr, das war nun ein guter Abschluss des Jahres.

Das Weihnachtsoratorium ist im besten Sinne ein „Klassiker“ ¬– wie sind Sie daran gegangen?

Rütten Wir haben im übertragenen Sinne ein Skalpell genommen und das komplette Oratorium seziert. Und rückblickend ist diese Idee aufgegangen. Unser Erzähler, Fabian Matussek, hat die Zuhörerinnen und Zuhörer auf eine Reise durch die Weihnachtsgeschichte geführt, immer mit der Verbindung ins Heute. Natürlich waren wir vorher echt nervös, bei uns sind alle Fäden zusammengelaufen, das war emotional sehr intensiv, gleichzeitig aber auch entspannt, weil wir die Leute vom ersten Moment an erreichen konnten. Deshalb konnten wir die Abende auch selber genießen.

Klassische Musik mit modernen Elementen in der Basilika aufzuführen, das könnte auch kritisch gesehen werden…

Rütten Zunächst: Musik und Tanz sind keine unbekannten Elemente in der Kirche, die Tradition der christlichen Mysterienspiele kann man bis zu Hildegard von Bingen zurückverfolgen, die im 12. Jahrhundert gelebt hat. Unsere Inszenierung war keine Tanzaufführung, sondern ein Ausdruck der Frohen Botschaft. Ich kann selbstverständlich verstehen, wenn sich jemand persönlich zum Beispiel vom Tanz nicht angesprochen fühlt, weil es nicht seinem Geschmack entspricht. Aber grundsätzlich hat das seinen Platz in der Kirche. Alle Akteure, bis hin zu den Kindern im Mädchenchor, haben viel Zeit verbracht, um sich mit der Frohen Botschaft von der Geburt Jesu auseinandergesetzt, anders wäre dieser Zugang zum Oratorium nicht möglich gewesen, vor allen Dingen aber auch nicht die Übertragung in die Moderne. Wir haben die Weihnachtsgeschichte ins Heute übersetzt.

Wir haben die Besucher reagiert?

Rütten Die Leute mussten das erstmal verdauen, was sie erlebt haben, das hat man an der langen Pause zwischen dem Ende und dem einsetzenden Applaus gemerkt. Auch das war unser Plan, wir haben an das Ende des Oratoriums nämlich noch eine Arie aus der Johannespassion angefügt. Die Botschaft: Die Geschichte ist hier noch nicht am Ende, Weihnachten ist erst der Anfang. Ich glaube, diesen Impuls haben viele Menschen mit nach Hause genommen. Wir wollten im positiven Sinne betroffen machen und ansprechen und ich freue mich, wenn uns das gelungen ist.

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