Erinnerungen Ameland lässt viele bis heute nicht los

Vor 65 Jahren organisierte Hubert Janssen aus Kevelaer das erste Ferienlager auf der niederländischen Insel. Das war der Beginn des Kinderferienwerkes. Vielen bedeutet die Insel bis heute viel, wie auch Erinnerungen der Leser zeigen.

In den Ferienlagern wurde immer viel gesungen. Auch Wilfried Funke spielte Gitarre. Oft begleitete er auch Pastor Hubert Janssen aus Kevelaer, der das Amelandlied gedichtet hat.

In den Ferienlagern wurde immer viel gesungen. Auch Wilfried Funke spielte Gitarre. Oft begleitete er auch Pastor Hubert Janssen aus Kevelaer, der das Amelandlied gedichtet hat.

Foto: privat/privat/Funke

Für Wilfried Funke und seine Familie wurde Ameland zur zweiten Heimat. In dessen Gemeinde in Duisburg-Homberg war Hubert Janssen von 1953 bis 1955 Kaplan. Später hat Funke mit dem Geistlichen auf Ameland oft zusammen musiziert. Janssen am Akkordeon oder der Orgel, Funke an der Gitarre.

Wilfried Funke erinnert sich: „Als ich 1955 zum ersten Mal mit dem sogenannten Ferienhilfswerk Ameland der Pfarre St. Johannes Baptist in Homberg auf die holländische Insel mitgefahren bin, wurde ich im ,Camp Homberg’ zehn Jahre alt. Das Lager befand sich bei dem Bauern Jan de Jong im Dorf Nes, direkt gegenüber der katholischen Kirche. Es gab übrigens immer getrennte Ferienlager, drei Wochen für Jungen und drei Wochen für Mädchen; hintereinander, quasi im fliegenden Wechsel, lösten die Mädchen die Jungen ab.

Ich erinnere mich noch an die ziemlich lange Fahrt über die Dörfer mit den gelb-grünen Bussen von ,Peter-Jörgens-Söhne’ aus Homberg, an die Wattenmeer-Überfahrt mit der Friesland-Fähre und an das einfache Lagerleben in großer Gemeinschaft auf dem Bauernhof – aber auch an das gute Essen und an Berge von Butterbroten, welche die Küchenfrauen für uns Kinder Tag für Tag geschmiert hatten. In diesem Zusammenhang erinnere ich mich daran, dass ein Bäcker aus Nes seine Produktion von Weißbrot eigens für unser Lager auf holländisches Graubrot umstellte, weil uns Kinder das Weißbrot wohl nicht ausreichend sättigte.

Feste Toiletten gab es im Lager vorerst nicht, sondern nur einen Donnerbalken auf der Wiese. Als Waschgelegenheit diente in den 50er Jahren zunächst eine alte Pferdetränke im Freien. Geschlafen haben wir in einem großen Kuhstall – anfangs auf Strohsäcken, später in richtigen Betten.

 Das Lager hat sich auf Ameland auf der großen Wiese vor der Scheune versammelt. Im Hintergrund ist die katholische Kirche von Nes zu sehen. Diese brannte vor einigen Jahren ab.

Das Lager hat sich auf Ameland auf der großen Wiese vor der Scheune versammelt. Im Hintergrund ist die katholische Kirche von Nes zu sehen. Diese brannte vor einigen Jahren ab.

Foto: privat/privat/Funke

Da wir immer in Bewegung waren und jeden Tag Fußball spielten, war unser Appetit beinahe unermesslich groß – was wohl sicherlich auch an der frischen Nordseeluft lag. Meines Wissens ist auch immer alles, was auf den Tisch kam, komplett aufgegessen worden.

Und immer gab es einen Nachschlag für die besonders hungrigen Mäuler. Anekdoten gab es auch hierzu genug: Ich erinnere mich an einige Ferienlager, wo regelrechte Wettkämpfe stattfanden, bei denen es darum ging, wer wohl die meisten Butterbrote vertilgen konnte. Übrigens konnte man damals an der Eisdiele in Nes ein kleines Eis für nur fünf Pfennige kaufen.

Insgesamt betrachtet, war das jeweils dreiwöchige Lagerleben trotz des geringen Komforts vielfältig, gut strukturiert und eigentlich niemals langweilig.

So oft es ging, wanderten wir an den Strand zum Baden, unsere Stelle hieß ,Paal 14’. Wir spielten überall in den Dünen oder gingen ins Dorf, um unsere zweieinhalb Gulden Taschengeld pro Woche auszugeben. Fest im Programm waren Wattwanderungen, Fahrten zum Leuchtturm nach Hollum und zu den Muschelbänken im Naturschutzgebiet Oerd, im äußerten Osten der Insel.

Besonders schön und stimmungsvoll waren die Singrunden, die fast jeden Abend in der großen Scheune stattfanden. Manchmal setzten wir uns abends noch an den Straßengraben vor dem Lager, und sangen querbeet verschiedene Lieder, begleitet von Gitarrenmusik. Ein weiterer Standort für solche Aktivitäten war die Eisdiele mitten in Nes: Auch hier gesellten sich regelmäßig spontan einige Urlauber (darunter auch Holländer) dazu und sangen mit uns. Somit waren wir damals schon Vorreiter des heutigen Rudelsingens. Rückblickend haben wir damit wohl auch etwas zur Völkerverständigung beigetragen.“

Mit dem Koffer auf dem Gepäckträger auf die Insel

Bei Sabine Cladder aus Goch hat die ganze Familie viele Berührungspunkte mit Ameland, wie sie berichtet: „Bereits 1957 lernte meine Mutter Maria Simon Ameland als Ferieninsel durch ihren Ausbildungsbetrieb ,Schuhfabrik Hoffmann-Kleve’ kennen. Im Alter von 20 Jahren radelte sie 1961 mit einer Kollegin nach Ameland mit dem Koffer auf dem Gepäckträger, um dort 14 Tage in der Jugendherberge ,De kleine Grie’ in Hollum zu verbringen.

Bevor es an den Strand ging, mussten aber erstmal mit vereinten Kräften Kartoffeln fürs Mittagessen geschält werden. Auch meine Geschwister und ich verbrachten etliche Ferienfreizeiten in Buren und Ballum. 2016 besuchte ich mit meiner Mutter nochmals die Insel. Mit dem Fahrrad erkundeten wir Ameland. Die Freude meiner Mutter war sehr groß, als wir in Hollum in Leuchtturmnähe noch alte Gebäude der Jugendherberge entdeckten.“

„Die Zeit auf Ameland hat mein Leben positiv beeinflusst“

Auch aus Kleve-Griethausen ging es nach Ameland, wie Claudia Erkens erzählt: „Mit neun Jahren, das ist jetzt 51 Jahre her, trat ich mit meinen Eltern, meiner Schwester, Betreuern und Betreuerinnen, den Kochmuttis und etwa 80 Jungen aus Kleve-Griethausen die erste Reise zur Insel Ameland an.

„Ameland, schönes Land, Perle im Meer“ und: „Dass wir die Wölfe sind hallihallo, das weiß ein jedes Kind hallihallo, denn wo die Wölfe sind hallihallo, da ist was los.“ Mit diesen Liedern, die schon in freudiger Erwartung im Bus gesungen wurden, machte sich das erste Griethausener Jungenlager, auf den Weg nach Ameland.

Lagerleiter war 1968 Schulleiter Lehrer Müller, mein Vater Helmut Thielen war der Finanzminister. In späteren Jahren übernahm er den Lagerleiterposten. Es folgten noch etliche wunderschöne Jahre im Amelandlager, welches wechselweise mal aus einem Jungen- oder Mädchenlager bestand. Die Zeit auf Ameland hat mein Leben positiv beeinflusst, und auch heute noch mit fast 60 Jahren verbringe ich regelmäßig meinen Urlaub auf Ameland.“

Sie hat noch zahlreiche Fotos aus der Zeit. Auch von den Tanzabenden im Lager, „bei denen so manch zarte Bande geknüpft wurden“.

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