Niederrhein Amazon — Chaos als Prinzip

Im neuen Rheinberger Logistikzentrum des Internet-Versenders läuft das Weihnachtsgeschäft auf Hochtouren: In drei Schichten ackern über tausend Mitarbeiter. Und der Computer weiß ganz genau, was wo in den Regalen steht.

 Der Scanner weist den Weg: Philipp Hoebel packt auf dem Weg durch das große Amazon-Logistik-Zentrum Artikel um Artikel auf seinen Wagen.

Der Scanner weist den Weg: Philipp Hoebel packt auf dem Weg durch das große Amazon-Logistik-Zentrum Artikel um Artikel auf seinen Wagen.

Foto: Fischer, Armin

Ohne Scanner kommt das Christkind nicht aus — jedenfalls, wenn es bei Amazon in Rheinberg arbeitet und fürs Aufstöbern der Geschenke in den langen Regalreihen des riesigen neuen Logistikzentrums unterwegs ist. Dort stehen Kalender neben Aquarien, eine Etage höher warten Gefrierkombinationen auf die Auslieferung und eine Ecke weiter große Flachbildschirme. Und sobald irgendwo ein Platz frei wird, wird etwas Neues eingeräumt. Irgendetwas, was hineinpasst. "Chaotische Lagerhaltung" heißt das — ist aber natürlich alles andere als chaotisch, versicherte Armin Cossmann, als Regional Director zuständig für die deutschen Logistikcenter des Online-Kaufhauses.

Kalender neben Aquarien

Wie am neuen Standort Rheinberg gearbeitet wird, stellte Cossmann gestern der Rheinischen Post beim Betriebsrundgang vor — es war ein Weg zwischen zwei blauen Linien: Zwischen denen kann man laufen, ohne dass Gefahr durch Wagen oder Stapler droht. Und das ist nur ein Punkt auf der Arbeitssicherheits-Checkliste. Was noch darauf steht: Beim Treppensteigen immer den Handlauf nutzen, im Betrieb immer Sicherheitswesten tragen, nicht zu schwer heben. Wenn eine Ware mehr wiegt als 15 Kilo, schickt das Computersystem gleich zwei Mitarbeiter los, um es auf den Weg zum Kunden zu bringen.

Dabei helfen Barcodes, die gleich nach der Anlieferung der Waren ins Amazon-Computersystem eingelesen werden. Sie speichern, auf welchem der vielen hundert Regalmeter der Artikel anschließend abgestellt wird.

Ein Käufer-Klick auf der Bestellseite des Internet-Versenders reicht später, und schon marschiert ein "Picker" los — in der einen Hand den Scanner als Orientierungshilfe, an der anderen ein Handwagen mit reichlich Platz für die Bestellungen von bis zu 20 Kunden. Artikel für Artikel "pickt" der Mitarbeiter aus den Regalen — womit auch schon der Name des Jobs erklärt ist.

Keine Luft verschicken

Nächste Station: die Verpackung. Auch hier läuft nichts ohne Computerhilfe: Er schlägt dem Mitarbeiter den optimalen Versandkarton vor — das schont die Umwelt, und "wir wollen schließlich keine Luft verschicken", beschreibt Armin Cossmann. Zu den Waren legt der Mann an der Packstation dann noch die Rechnung, und weiter rollt die Sendung bis zum Versandplatz, hinter dem schon die DHL-Container mit weit geöffneten Türen stehen.

Wie viele Tag für Tag auf den Weg zum Kunden gebracht werden? Genaue Zahlen gab es gestern nicht. Sicher ist natürlich: Zurzeit ist Hochsaison, vor Weihnachten wird im Drei-Schicht-Betrieb geackert. Insoweit ist der Blick ein Jahr zurück hilfreich: Im vorigen Jahr war der 13. Dezember der Spitzentag: Rund 2,1 Millionen Produkte wurden allein an diesem verschickt. Bei Amazon Deutschland insgesamt. Vom Standort in Rheinberg war damals noch keine Rede. Genauso wenig davon, dass genau zwölf Monate später eine mehr als tausend Köpfe starke Belegschaft Kunden in aller Herren Länder beliefert. Cossmann: "Was irgendwo auf der Welt auf der deutschen Amazon-Website bestellt wird, kann von Rheinberg aus verschickt werden." Einzige Ausnahme: Lebensmittel. Die gibt's nur ab dem Logistikzentrum in Leipzig, weil dort die entsprechenden speziellen Bedingungen geschaffen wurden.

(jul)
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