Kreis Viersen Zweite Chance: Neustart in das Berufsleben

Kreis Viersen · Es kann passieren, dass der Start in das Berufsleben nicht so klappt, wie sich ein junger Mensch das vorgestellt hat. Helfen kann eine betriebliche unterstützte Einzelumschulung.

 Gemeinsam schaffen sie es: Simone Fritzsche (r.) macht nach einem abgebrochenen Studium eine "unterstützte betriebliche Einzelumschulung" in der Pflegeakademie Niederrhein von Heike Senge (l.).

Gemeinsam schaffen sie es: Simone Fritzsche (r.) macht nach einem abgebrochenen Studium eine "unterstützte betriebliche Einzelumschulung" in der Pflegeakademie Niederrhein von Heike Senge (l.).

Foto: djm

"Ich habe zu viel nebenher gearbeitet, 80 Stunden die Woche gejobbt und im Asta mit gearbeitet." Simone Fritzsches erster Start in das Berufsleben hat nicht so geklappt, wie sie es sich vorgenommen hatte: Nach vier Semestern Studium an der FH Niederrhein mit dem Fachgebiet Health Care Management war für sie Schluss, weil auch der dritte Anlauf in einer grundlegenden Klausur nicht geklappt hatte.

Trotzdem gibt sie nicht auf - sie hat einen zweiten Weg gefunden, um auf jeden Fall eine Ausbildung mit Berufsabschluss als Basis für eine weitere berufliche Entwicklung zu haben. Als für sie nach dem Studienende der Gang zum Jobcenter anstand, um sich ihren Lebensunterhalt zu sichern, hatte sie für sich drei mögliche Berufsbereiche identifiziert: eine Ausbildung zur Steuerfachangestellten, zur Rechtsanwaltsgehilfin oder zur Kauffrau im Gesundheitswesen (IHK) - eine inhaltliche Parallele zu ihrem bisherigen Studienfach. "Meine Beraterin hat mir dann einen Weg aufgezeigt, auch jetzt noch eine Ausbildung zu beginnen - über eine unterstützte betriebliche Einzelumschulung", schildert die 29-Jährige.

Dieses Förder-Instrument des Jobcenters hilft dem jungen Menschen und dem potenziellen Ausbildungsbetrieb: "Das Besondere daran ist, dass unser Kunde im Ausbildungsbetrieb besonders praxisnah lernt und zusätzlich von einem Bildungsträger begleitet wird. Immer einen Tag in der Woche findet allgemeiner berufskundlicher Unterricht statt, der lernt die restlichen vier Tage praxisnah im Ausbildungsbetrieb", erklärt Tavin Lara Turanli, Geschäftsführerin des Jobcenters Krefeld.

Dazu gibt es finanzielle Fördermöglichkeiten durch das Jobcenter, damit der Lebensunterhalt des Azubis auf Basis des üblichen Bedarfssatzes gesichert ist. "Eine solche Einzelumschulung kann in jedem ausbildungsberechtigten Betrieb durchgeführt werden. Interessierte Betriebe sollen Kontakt mit uns aufnehmen", erklärt Turanli.

In Simone Fritzsches Fall entstand im Ausbildungsberuf Kaufleute im Gesundheitswesen (IHK) eine Option: Heike Senge, die Leiterin der Pflegeakademie Niederrhein in Willich, suchte eigentlich eine Praktikantin und hatte sich bei der IHK erkundigt. Die wiederum hatte die Anfrage an den Weiterbildungsträger Berufsbildungs-Akademie in Krefeld weitergeleitet, der Gesundheitskaufleute ausbildet. So war der Kontakt entstanden, im ersten Schritt zu einem Praktikum. Dann hatte Senge sich entschlossen, den weiteren Weg der unterstützen Ausbildung zu gehen: "Ich hatte mich vorher nur theoretisch mit der Idee beschäftigt, auszubilden, weil ich selber noch ein relativ kleines Unternehmen habe und viele Bereiche der Schweigepflicht unterliegen. Aber mit diesem unterstützten Angebot konnte ich mir eine Lösung vorstellen, zumal ich auch grundsätzlich der Auffassung bin, dass Betriebe mehr ausbilden sollten", schildert Senge, die seit fünf Jahren selbstständig ist. Um als Unternehmerin in das Förderprogramm aufgenommen werden zu können, musste sie sich von der IHK prüfen lassen, um sicher zu stellen, dass die Ausbildung insgesamt alle Bereiche abdeckt, die die IHK für die Abschlussprüfung fordert. Seit Anfang September sind Heike Senge und Simone Fritzsche jetzt gemeinsam tätig, und der nicht mehr so ganz jungen Auszubildenden macht die Arbeit viel Spaß: Sie hat jetzt ihr erstes Projekt jetzt fast eigenständig abgewickelt: die Organisation, Terminierung und Abwicklung einer Fortbildung zum Wundexperten. Ein ganz starkes Motiv für den Durchhaltewillen der Auszubildenden ist die eigene Kindheit: "Ich habe in der eigenen Familie erlebt, was Arbeitslosigkeit heißt, und ich habe es gehasst. Für mich stand fest: So will ich nicht leben", sagt die junge Frau. Mit dieser Motivation und der Perspektive, sich durch die eigene Arbeitsleistung eine wirtschaftliche Basis zu schaffen, sind sich Lehrherrin und Lehrling sicher, dass am Ende der zwei Jahre eine erfolgreiche Prüfung stehen wird.

(djm)
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