Serie Zur Geschichte der Kempener Martin-Schule (6) Die Hauptschule im Zenit des Erfolges

Kempen · In den 1970er-Jahren ist die Kempener Hauptschule die größte im Kreis Viersen. Ihr engagiertes Kollegium leistet pädagogische Arbeit auf hohem Niveau. Die Zukunftsaussichten sind sehr positiv.

 Das Kollegium der Kempener Hauptschule am 4. September 1979. Untere Reihe (von links): Christa Zahren, Liesel Damm, Adolf Schröder, Helmut Winter, Gabriele Sandrock, Hildegard Fünfer, Erich Benner, Hella Wolters, Karl Henßen. Dahinter stehend: Jo Haal, Wolfgang Hay, Friederike Lieser, Hilde Brünen, Liesel Lamozik, Ralph Tiggelbeck, Ingrid Royen, Waltraud Reddmann, Erika Brandt, Ursula Krause, Dagmar Nickel, Christoph Endres, Hans Müllenbusch, Peter Jeske, Brigitte Kleeschulte, Gisela Connert-Esser, Heinz Nopper, Peter Krause, Hubertus Jasnoch, Ute Bisges, Peter Royen, Anne Haal, Hans Jörgen Jaust, Hermann Hecker, Gudrun Kaloff-Dombrowski, Viktoria Müllenbusch, Karin Derpkens, Resi Königs, Heiner Wirtz, Anton Hitpaß.

Das Kollegium der Kempener Hauptschule am 4. September 1979. Untere Reihe (von links): Christa Zahren, Liesel Damm, Adolf Schröder, Helmut Winter, Gabriele Sandrock, Hildegard Fünfer, Erich Benner, Hella Wolters, Karl Henßen. Dahinter stehend: Jo Haal, Wolfgang Hay, Friederike Lieser, Hilde Brünen, Liesel Lamozik, Ralph Tiggelbeck, Ingrid Royen, Waltraud Reddmann, Erika Brandt, Ursula Krause, Dagmar Nickel, Christoph Endres, Hans Müllenbusch, Peter Jeske, Brigitte Kleeschulte, Gisela Connert-Esser, Heinz Nopper, Peter Krause, Hubertus Jasnoch, Ute Bisges, Peter Royen, Anne Haal, Hans Jörgen Jaust, Hermann Hecker, Gudrun Kaloff-Dombrowski, Viktoria Müllenbusch, Karin Derpkens, Resi Königs, Heiner Wirtz, Anton Hitpaß.

Foto: Archiv der Martin-Schule

1968 ist die Kempener Gemeinschaftshauptschule eingerichtet worden, fünf Jahre später hat sie ihre Aufbauphase hinter sich. Ihre anfänglichen Platzprobleme hat sie gut bewältigt: Im November 1971 ist ein Neubau bezogen worden. Zu Beginn des Schuljahres 1972/73 kann der rundum sanierte Altbau aus dem Jahre 1929 wieder benutzt werden. Kurz: Die Rahmenbedingungen stimmen, die pädagogische Arbeit bewegt sich auf hohem Niveau.

Die Kempener Hauptschule hat einen ausgezeichneten Ruf, entsprechend groß ist die Zahl der Anmeldungen. Ihre Vorgängerin, die Knabenvolksschule, hatte 1955 einen Schüler-Tiefststand erreicht, als 450 Schüler von elf Pädagogen betreut wurden. Die Hauptschule zählt jetzt, zu Beginn des Schuljahrs 1970, 643 Schüler in 19 Klassen. Sechs Jahre später sind’s schon 999, sie werden von 47 Lehrern in 33 Klassen unterrichtet. Sie ist die größte Schule im Kreis Viersen, zeitweise die größte Hauptschule in NRW und platzt aus allen Nähten. Der Raummangel kann 1977 durch ein neues Gebäude behoben werden: das „Schulzentrum“. Die Stadt hat es für das Luise-von-Duesberg-Gymnasium und die Hauptschule errichtet, die hier fünf Klassen- und zwei Fachräume bezieht. Zusätzlich bekommt sie das Gebäude der Fröbelschule einschließlich eines fünfklassigen Pavillons. Kurz: Die Hauptschule befindet sich im Zenit ihres Erfolgs.

Hier lässt sich’s gut lernen. Am 21. September 1972 gibt eine Schüler-Redaktion eine Schulzeitung heraus. Ihr Titel: „Das Fragezeichen“, ihr Preis: 30 Pfennig. Keine Frage, dass sie gut verkauft wird. Am 10. Mai 1975 feiert die Schule ihr erstes Sommerfest; es wird zur festen Einrichtung. Mit Beginn des Schuljahres 1983/84 startet die Hauptschule auf Anordnung des Regierungspräsidenten eine Kooperation mit der Sonderschule für Erziehungshilfe. In diesem Schulversuch sollen verhaltensauffällige Hauptschüler mithilfe von Sonderpädagogen so weit gefördert werden, dass sie, statt der Förderschule zugewiesen zu werden, den Hauptschulabschluss in einer regulären Klasse erreichen. Wenn man so will, ein Vorläufer der heutigen Inklusion. Mit ihrem jungen und engagierten Kollegium bietet die Kempener Hauptschule sich für solche Versuche an, sie gilt als Vorzeigeschule. In den Jahren zuvor ist sie mehrfach von Kommissionen des Regierungspräsidenten zur Durchführung von Schuluntersuchungen besucht worden, zuletzt noch im Oktober 1980.

 Im Schlaghosen-Look der 1970er-Jahre: Die Klasse 9 b bei ihrer Entlassung am 28. Juni 1976.

Im Schlaghosen-Look der 1970er-Jahre: Die Klasse 9 b bei ihrer Entlassung am 28. Juni 1976.

Foto: Archiv der Martin-Schule

Modernisierung auch in der Verwaltung: Die Hauptschule tritt ins Digital-Zeitalter ein, legt eine EDV-Schülerkartei an, lässt seit 1976 auch ihre Zeugnisse digital erstellen. Da ist sie Vorreiter. Zu Beginn des Schuljahres 1978/79 entstehen, wie vom Schulmitwirkungsgesetz vorgeschrieben, Klassenpflegschaften, eine Schulpflegschaft als Elternvertretung und eine Schulkonferenz aus Lehrer-, Eltern- und Schülervertretern. Alles läuft hervorragend.

Zum Schuljahresende 1986 geht eine Ära zu Ende: Anton Hitpaß (63), der die Schule seit 1959 geleitet hat, der die katholische Knabenvolksschule 1968 zu einer Gemeinschaftshauptschule umbaute, wechselt in den Ruhestand. Auftakt seiner Verabschiedung ist am Vormittag des 22. Juli 1986 ein ökumenischer Gottesdienst in der Christ-König-Kirche in der „Neuen Stadt“. Als er zu Ende ist, stellen sich 600 Hauptschüler zu einem Spalier auf, das von der Kirche am Concordienplatz bis zu ihrer Schule Am Gymnasium reicht. Sie halten Schilder mit Aufschriften wie „Adieu“, „Ade“, „Auf Wiedersehen“, „Alles Gute!“

Bei der anschließenden Verabschiedung in der Schule fallen bewegende Worte. „Nicht autoritär, aber als Autorität“ habe Hitpaß „im Dienst an der Jugend sehr gute Arbeit geleistet“, rühmt Schulrat Karl Heinrichs. Der Direktor habe dafür gesorgt, dass an der Schule zwischen Schülern und Lehrern „ein besonders vertrautes, fast schon kameradschaftliches Verhältnis“ geherrscht habe, hebt Schülersprecher Klaus Johanning hervor. Bürgermeister Heinz Aan den Boom ehrt Hitpaß mit der Stadtmünze und den Worten, er sei dem Motto „Erziehen heißt vorleben“ gefolgt. Dem „Verband Bildung und Erziehung“ habe er Renommee verschafft, bekundet der Vorsitzende des VBE-Kreisverbandes Viersen, Johannes Drießen; seine Fähigkeit, Probleme taktvoll zu lösen, lobt Elternsprecher Hans Krupp. Die inoffizielle Verabschiedung durch die Kollegen findet am Abend statt. Dazu die Schulchronik: „Sie war ein Beweis dafür, dass Herr Hitpaß nicht nur die Schule hervorragend geleitet hat, sondern auch wesentlich dazu beitrug, ein harmonisches, feierfreudiges Kollegium zu formen.“

Zum Schluss dieser Folge soll die Rede sein von zwei bemerkenswerten Lehrerpersönlichkeiten, die unter Anton Hitpaß gewirkt und gearbeitet haben. Seit dem Februar 1978 unterrichtet an der Hauptschule Gudrun Kaloff-Dombrowski. Sie hat in Kempen die „Schola Ludi“ aufgebaut – eine Truppe junger Leute, deren Inszenierungen binnen weniger Jahre ungewöhnliche Beachtung hervorrufen. Großen Anklang finden Shakespeares „Sommernachtstraum“ oder der „Junge Gelehrte“ von Gotthold Ephraim Lessing – um nur zwei von vielen Beispielen zu nennen. Am 16. Juli 1982 wird die begnadete Theatermacherin in der Nähe von Nancy Opfer eines Verkehrsunfalls auf dem Weg zu den Festspielen in Avignon. „Der Tod dieser vom Grunde auf gütigen Frau ist ein großer Verlust“, schreibt die Rheinische Post.

 Walter Schenk

Walter Schenk

Foto: Archiv der Martin-Schule

Am 8. Oktober 1979 kann Walter Schenk sein 40-jähriges Dienstjubiläum feiern. Dazu überreicht Stadtdirektor Klaus Hülshoff ihm die Verdienstmedaille der Stadt Kempen. Schulleiter Anton Hitpaß rühmt Schenk als Kollegen, der „Tag für Tag seine Pflicht vorbildlich erfüllt“. Der verdiente Pädagoge, 1920 in Kempen geboren, hat bereits als neunjähriger Schüler die Räume der damaligen Knabenvolksschule kennen gelernt und seit 1948 hier unterrichtet. Als Zweiter Vorsitzender des Stadtjugendrings hat er sich um die Partnerschaften mit englischen und französischen Partnerstädten verdient gemacht. Er hat sich für die Kriegsgräberpflege engagiert, hat sich in der Jugendarbeit beim DRK eingesetzt und für den Kempener St.-Martin-Verein. Seit 50 Jahren ist er aktives Mitglied der Vereinigten Turnerschaft, deren Sommerlager in Esens-Bensersiel er mit seiner Frau Maria gründete und seit einem Vierteljahrhundert leitet.

Schenks Schlusswort ist geprägt von seinem sprichwörtlichen Humor: „In den vergangenen Jahren hat die Schule mich geschlaucht, aber nicht geschafft. Ich habe hier sieben Kultusminister überlebt, sieben Schulräte und vier Rektoren. Kurz: Ich bin ein Fossil dieser Schule.“ Am 12. Juni 1981 wurde Walter Schenk offiziell verabschiedet. „So einen kriegen wir nie wieder“, ist der Tenor im Kollegium. Das Abschiedsgeschenk ist eine Gartenbank für den Ruheständler. – Walter Schenk ist am 27. Juli 1999 gestorben.

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