Zum Abschied des Ersten Beigeordneten Hans Ferber Kempens Entwicklung mitgeprägt
Kempen · Der Stadtrat verabschiedet am Dienstag den langjährigen Ersten Beigeordneten der Stadt Kempen, Hans Ferber, aus dem aktiven Dienst. Ende dieses Jahres geht der 65-Jährige in Ruhestand. Ein Redaktionsgespräch zum Abschied.
Noch sind die Kartons ziemlich leer, auch ein Papiermüllsack steht schon bereit. Im Büro sieht es eher ungemütlich aus. Der Erste Beigeordnete der Stadt Kempen, Hans Ferber, der in der Ratssitzung am heutigen Dienstag aus dem aktiven Dienst verabschiedet wird, sortiert gerade kräftig aus. Seit 34 Jahren arbeitet der gebürtige Münsteraner im Rathaus am Buttermarkt. Nun endet sein Dienst, beginnt die Freistellungsphase, bis der 65-Jährige Ende dieses Jahres offiziell in Ruhestand tritt. Ende dieser Woche verlässt er das Rathaus, das für ihn mehr als drei Jahrzehnte der Arbeitsplatz war.
Am 1. Oktober 1985 trat der junge Jurist Ferber seinen Dienst für die Stadt Kempen an. Er wurde seinerzeit als Leiter des Rechtsamtes eingestellt – eine Aufgabe, die er auch als Beigeordneter bis heute mit großem Engagement wahrnimmt. Ferber kam damals frisch von der Universität, hatte in seiner Heimatstadt Jura studiert. Schon vorher hatte Ferber nach seinem Abitur in Münster Verwaltungserfahrung beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe sammeln können. Eine Erfahrung, die – wie er im Gespräch mit unserer Zeitung sagt – auch im Studium hilfreich war. Früh habe er sich für das öffentliche Recht interessiert. Eine Tätigkeit als niedergelassener Rechtsanwalt kam für ihn nicht in Frage. Ferber wollte lieber die Verwaltungslaufbahn einschlagen.
Als er nach Kempen kam, lebte er zunächst in einer kleinen Dienstwohnung, später kam seine Ehefrau mit dem kleinem Sohn Florian nach. Der Wechsel von der Großstadt Münster nach Kempen sei ihm nicht schwergefallen, weil er zunächst ja auch noch häufig nach Münster fuhr, dort lebten auch seine Eltern. „Kempen kannte ich vor meiner Anstellung bei der Stadtverwaltung nicht, den Niederrhein schon, weil meine Schwiegereltern damals im Raum Schwalmtal/Niederkrüchten wohnten. Aber Kempen hatte mir sofort gefallen, es war sozusagen Münster im Kleinen“, erzählt Ferber. So hat er sich in Kempen alsbald heimisch gefühlt. Tochter Stefanie kam hier zur Welt. Während Sohn Florian (heute 37 Jahre alt) als Journalist in Vechta im Oldenburger Land arbeitet, lebt Tochter Stefanie (32) in Kempen, arbeitet beim Jobcenter in Krefeld, hat ihren Master-Abschluss in Werbepsychologie gemacht. Dass er auf seine Kinder stolz ist, schwingt mit, wenn Hans Ferber über sie erzählt.
Kempen soll auch im Ruhestand sein Lebensmittelpunkt bleiben. „Hier leben die Menschen, die mir wichtig sind“, sagt Ferber mit münsterländischer Gelassenheit. Er fühle sich hier wohl. Schon als er sich 1985 auf die Stelle als Leiter des Rechtsamts bewarb, gefiel ihm die alte Bausubstanz der Stadt. Und er hat als Radfahrer immer geschätzt, dass man hier nur wenige Meter fahren muss und schon inmitten der niederrheinischen Landschaft ist.
Die Gelassenheit des Münsterländers, die manche Niederrheiner auch schon mal mit Sturheit verwechseln, hat ihn auch bei seiner Tätigkeit für die Stadt Kempen ausgezeichnet. Hans Ferber brachte nichts und niemand so schnell aus der Ruhe. An seiner Aufgabe in Kempen hat er immer gemocht, dass es in der Stadtverwaltung flache Hierarchien gibt. Als Leiter des kleinen Rechtsamtes konnte er schon früh Führungserfahrung sammeln. Das gefiel ihm. Die Zusammenarbeit mit allen Ämtern der Stadtverwaltung war eng, aber er arbeitete im Team mit einer Sekretärin und musste nicht alle Entscheidungen durch aufwendige Sachbearbeiter-Positionen laufen lassen.
Es gibt viele wichtige Projekte, die er im Laufe seiner Amtszeit betreut hat. Zwischen 2000 und 2012 war er auch für den Bereich Soziales zuständig. Da wurde das St.-Peter-Stift im Kempener Süden gebaut, später auch die benachbarte Villa Basels mit dem Ziel des gemeinsamen Wohnens älterer Bürger mit möglichst viel Selbstständigkeit und Eigenverantwortung. Eine weitere große Aufgabe, die viele Diskussionen im Rat und der Verwaltung nach sich zog, war der Neubau der Feuer- und Rettungswache an der Heinrich-Horten-Straße. Damals änderten sich die Anforderungen an die Feuerwehr und den Rettungsdienst, vieles musste neu bedacht werden. Noch heute liegt ihm der Einsatz für die Feuerwehr, die in Kempen aus freiwilligen Mitgliedern rekrutiert wird, sehr am Herzen. In Ferbers Verantwortung fiel auch die Entwicklung eines Brandschutzkonzepts für die Stadt. Die Anforderungen an den Brandschutz waren in Folge des Flughafenbrandes in Düsseldorf Mitte der 1990er-Jahre enorm gestiegen.
Später folgten – nach dem Unglück bei der Love-Parade in Duisburg – Sicherungskonzepte für städtische Veranstaltungen: von Festen des Werberings über den Karnevalsumzug bis hin zum Martinszug. Ferber lobt die gute Zusammenarbeit mit der Polizei, der Feuerwehr und den veranstaltenden Vereinen. Ohne diese ginge es nicht. Auch dabei sei von Vorteil, dass Kempen eine vergleichsweise kleine Stadt mit kurzen Wegen sei.
Ferber weiß, dass er sich nicht mit allen Entscheidungen beliebt gemacht hat, aber über allem stand für ihn immer der Grundsatz: „Was ich mache, mache ich auch konsequent!”. Auch wenn es um die in der Politik seinerzeit teilweise heiß diskutierte Einführung von Sondernutzungsgebühren städtischer Flächen für Restaurants und Feste ging. Hämisch wurde dies damals von vielen Politikern als „Pflasterzaster” bezeichnet. Gleichwohl setzte Ferber es durch. Auch bei der Diskussion um verkaufsoffene Sonntage hat er sich bei den Geschäftsleuten nicht unbedingt beliebt gemacht.
Dass Ferber Jurist wurde, war seinerzeit nicht so klar. Zu den Rechtswissenschaften stieß er eher durch Zufall. Eigentlich wollte der Literaturliebhaber in seiner Heimatstadt Germanistik studieren. Als er sich aber bei der Fachschaft nach dem Studienverlauf erkundigen wollte, wurden dort gerade Plakate für Demonstrationen gemalt, und man hatte keine Zeit für sein Anliegen. Bei der Juristischen Fakultät ging es dagegen ruhiger, eher konservativ zu. Das sagte ihm mehr zu. Das Verwaltungsrecht hat ihn aufgrund der Vielseitigkeit der Aufgaben sofort interessiert.
Auch wenn er als Erster Beigeordneter einige Zeit lang den erkrankten Bürgermeister Volker Rübo vertreten hat, hat Hans Ferber, der keiner Partei angehört, ein solches Spitzenamt nie gereizt. Vor allem die damit verbundenen Repräsentationsaufgaben sind nicht so seine Sache. Er sucht gerne den Konsens mit verschiedenen Parteien. Die AfD nimmt er dabei allerdings aus.
Wichtig ist ihm immer das soziale Engagement gewesen. So war er lange Jahre Ortsvorsitzender des Deutschen Roten Kreuz in Kempen. In seine Zuständigkeit als Beigeordneter fiel auch der Aufbau der Freiwilligenagentur gemeinsam mit dem Sozialdienst katholischer Frauen (SkF). Dort wird ehrenamtliches Engagement nutzbringend kanalisiert und organisiert. Schließlich hat er das Multikulturelle Forum mit aus der Taufe gehoben und jahrelang begleitet, war als Jurist Berater bei der Gründung des Fördervereins der Stadtbibliothek. Er könne sich vorstellen, sich nach einer gewissen Zeit im Ruhestand ehrenamtlich zu engagieren, sagt Hans Ferber. Da wäre dann die Freiwilligenagentur für ihn eine erste Adresse.
Aber zunächst wird er sich um seine Gesundheit kümmern, wahrscheinlich eine Kur zur Erholung machen. Und wieder mehr joggen. Im eigenen Haus in Kamperlings warten zudem ein paar Renovierungsarbeiten auf ihn. Möglicherweise wird er in den kommenden Monaten auch noch das eine oder andere Mal im Rathaus auftauchen. Denn dort wird die Hilfe des Langen – Ferber ist zwei Meter groß – sicherlich noch gebraucht.
Erst Ende des Jahres wird ein neuer Erster Beigeordneter gewählt. Und mit dem bevorstehenden Wechsel des Technischen Beigeordneten Marcus Beyer im Herbst nach Krefeld ist die Personaldecke an der Verwaltungsspitze im Rathaus am Buttermarkt dünn.