Kulturausschuss beschließt Wilhelm-Grobben-Straße in Kempen wird umbenannt

Kempen · Mit Mehrheit hat der Kulturausschuss beschlossen, für die nach dem ehemaligen Nazi-Funktionär und Heimatdichter benannte Straße einen neuen Namen zu suchen.

 Auf dem Zusatz zum Straßenschild findet sich nur ein Hinweis auf den Heimat- und Mundartdichter Wilhelm Grobben (1895-1944).

Auf dem Zusatz zum Straßenschild findet sich nur ein Hinweis auf den Heimat- und Mundartdichter Wilhelm Grobben (1895-1944).

Foto: Wolfgang Kaiser (woka)

Wilhelm Grobben war eine umstrittene Persönlichkeit. Seit 1964 ist in Kempen eine Straße im Wohngebiet Berliner Allee nach ihm benannt. Nun soll die Straße einen neuen Namen bekommen. Mit der Mehrheit von einer Stimme hat der Kempener Kulturausschuss am Donnerstagabend beschlossen, dass es den Namen Wilhelm Grobben künftig nicht mehr auf einem Straßenschild geben soll. Ob die ruhige Wohnstraße möglicherweise wieder ihren alten Namen „Fliederstraße“ – so hieß sie bis 1964 – zurückbekommt, ist offen. Darüber wurde noch nicht entschieden. Den Antrag zur Umbenennung hatte der Kempener Bürger Hubert Baumgart gestellt.

Wilhelm Grobben, der 1944 gestorben ist, ist eine höchst umstrittene Persönlichkeit in der Geschichte der Stadt Kempen. Als Pädagoge leitete er ab 1928 die Kempener Knabenvolksschule aus heutiger Sicht mit fragwürdigen Methoden. Schläge für Schüler waren damals keine Seltenheit. Viel gravierender war aber seine Rolle als Nazi-Funktionär. Von 1933 bis 1939 hatte der glühende Verehrer des Nationalsozialismus’ insgesamt elf Ämter inne, von Februar 1937 bis Oktober 1938 war er NSDAP-Ortsgruppenleiter, also ranghöchster Nazi, in seiner Heimatstadt Kempen. Und Grobben war ein Dichter, der viele Gedichte in Mundart verfasste.

Nach dem Zweiten Weltkrieg – teilweise bis heute – wird Grobben als begnadeter Heimatdichter gesehen. Seine Rolle als Funktionär und Mitverantwortlicher für den Nazi-Terror wurde lange verdrängt. Erst der Kempener Historiker Hans Kaiser hat Grobbens Rolle im Nationalsozialismus historisch aufgearbeitet und bewertet, zuletzt im Juni in einem Beitrag für unsere Zeitung. Nach Kaisers Recherchen war Grobben kein Mitläufer, sondern er hat an führender Stelle mitgewirkt, dass Juden und Behinderte ermordet wurden.

Insofern war die Entscheidung von Bürgermeister Volker Rübo (CDU) richtig, der Politik vorzuschlagen, die Wilhelm-Grobben-Straße umzubenennen. Während dies für SPD, FDP, Grüne, Linke und Freie Wähler keine Frage war, tat sich die CDU im Kulturausschuss damit schwer. Offenbar wollte sie die Straßenbenennung, die sie selbst 1964 beantragt hatte, wie SPD-Ratsherr Heinz Wiegers in alten Unterlagen im Stadtarchiv recherchiert hatte, nicht einfach rückgängig machen. CDU-Sprecher Michael Smeets führte an, dass die Formalitäten, die sich aus der Umbenennung der Straße ergeben, den Anwohnern nicht zuzumuten seien. Also folgten die Christdemokraten dem Vorschlag des Bürgermeisters nicht.

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