Stadt Kempen Von Stricklieseln und Brummkreiseln

Stadt Kempen · In Kempener Fachgeschäften findet man Utensilien, die früher in kaum einem Haushalt fehlten. Sie werden heutzutage nicht mehr so oft nachgefragt. Die Rheinische Post hat sich in der Altstadt mal auf Spurensuche begeben.

Es gibt so viele Dinge, an die man sich gerne erinnert, die einmal zum ganz normalen Alltagsleben nicht nur in Kempener Haushalten gehörten. Da kann es schon ganz spannend sein, sich auf die Suche zu begeben nach Utensilien, die es möglicherweise auch heute noch im Fachhandel gibt. Das Ergebnis dieser Suche ist erstaunlich. Der Kempener Handel hat tatsächlich noch solche Dinge im Angebot, von denen man glaubte, sie seien längst aus der Mode gekommen. Und wird man bei der Suche mal nicht fündig, ergeben sich zumindest interessante und amüsante Gespräche mit den Geschäftsleuten oder dem Verkaufspersonal über die Dinge des Alltags aus vergangenen Zeiten.

Angefangen hat alles mit Inge Sander. Denn die erzählte, dass es bei ihr im Herrenmodegeschäft an der Engerstraße noch Hosenträger gibt - so richtig klassische, meist in gedeckten Farben - grau-grün, grau-blau, eben sehr dezent gehalten. Bevorzugt würden von den Kunden die schmalen Varianten mit dem ebenso klassischen Clip zum Befestigen am Hosenbund. Dazu fällt Inge Sander ein, dass häufig je nach Bauchumfang des Herrn der Hosenbund umgeschlagen werden muss, damit der Hosenträger auch richtig hält. Seltener nachgefragt würden die breiteren Hosenträger mit Lederknopfloch. Diese seien wohl eher in Gegenden mit Trachtenmode gefragt, so die erfahrene Geschäftsfrau. Außerdem brauche man dafür Hosen mit den entsprechenden Knöpfen, die es in normaler Mode so nicht gibt. Solche Knöpfe müssten im Falle des Falles erst angenäht werden.

Wenn man dann gerade beim Thema Handarbeiten ist, wird man bei "Woll-Art" an der Ellenstraße fündig. Nadja Fischbach, die mit ihrer Mutter Dorothee Zäschke das Geschäft führt, hat in ihren Beständen noch die schöne alte Strickliesel. Generationen von Kindern, vor allem Mädchen, haben damit das Stricken gelernt. Denn schon kleine Kinder können die simple Technik beherrschen: Einfach den Faden um die Öse auf dem Kopf der Liesel legen und mit einer Nadel durchziehen und schon entstehen lange Wollschnüre. Bei "Woll-Art" findet sich auch noch ein Stopfei im Regal. Das braucht man, um kaputte Pullover und vor allem löchrige Socken stopfen zu können. Das sei auch so eine fast ausgestorbene Sache, meint Nadja Fischbach. Socken sind heute vergleichsweise so preiswert, dass der Aufwand kaum noch lohnt, sie zu stopfen.

Ebenfalls kaum noch nachgefragt und daher eher Ladenhüter sind Hutnadeln, die es bei Kempkes an der Peterstraße gibt. Es werden mehr Hüte aus Filz und Wolle nachgefragt, nicht mehr die leichten Gaze-Hüte, für die eine solche Nadel gebraucht wird, damit sie jedem Windstoß standhalten.

Bettina Müllenhoff muss in ihrem Taschengeschäft an der Burgstraße schon ein wenig suchen, um den gewünschten Gegenstand zu finden - nämlich einen Handtaschenhalter. Der ist eine wunderbare Erfindung, die verhindert, dass die Damen ihre Handtasche auf den Restaurantboden stellen müssen. Das U-förmige Teil wird einfach an den Tisch gehängt und so kann die Tasche sicher und in Sichtweite aufbewahrt werden. Und Bettina Müllenhoff fallen dann auch noch andere Spezialitäten ein. Bei ihr gibt es noch große Lederbrieftaschen. Die würden vor allem von älteren Herren bevorzugt, erzählt sie. Und auch das "Detlef-Täschchen" gibt es noch. Gemeint ist die Herrenhandtasche, die an einer Schlaufe getragen wird.

Im Spielwarengeschäft von Joachim Jansen auf der Engerstraße wird man fündig, wenn man einen Brummkreisel sucht. "Der ist bunt und macht viel Lärm", erklärt Mitarbeiterin Nadine Keiling. Stimmt, genauso muss ein Brummkreisel sein. Er wird immer noch gerne für Kinder ab etwa 18 Monaten gekauft. Und dieses Spielzeug war vor Weihnachten so begehrt, dass er vorübergehend ausverkauft war.

Bei Schreibwaren Beckers - ebenfalls an der Engerstraße - gibt es noch etwas, das glänzt und bunt ist. Gemeint sind Glanzbilder mit und ohne Glimmer. Die seien nicht mehr der große Renner, sagt Christiane Beckers. Sie würden aber immer wieder nachgefragt. Und die Fachfrau weiß, dass diese Bilder in manchem Poesiealbum stecken. Wobei das Poesiealbum schon wieder so ein altmodisches, aber immer noch gefragtes Teil ist. Bei Beckers bekommt man auch noch die passenden Füllfederhalter, die man vielleicht lieber als den Kugelschreiber für Briefe nutzt. Inzwischen lässt sich auch jeder moderne Füllfederhalter mit einem Konverter auf die fließende Tinte umrüsten, erklärt Christiane Beckers. Und es sind Schüler, die danach fragen.

Wenn es eine altmodische ist, dann tickt sie und muss aufgezogen werden - die Taschenuhr. Sie wird bei Achim Martens in seinem Juweliergeschäft am Studentenacker nicht mehr häufig nachgefragt, aber es gibt immer wieder Interesse dafür. Heutzutage gibt es sie auch mit modernen batteriebetriebenen Uhrwerken, aber die Taschenuhr ist immer noch etwas Besonderes, das zur Kommunion oder Konfirmation verschenkt wird und zu diesem Anlass auch oft von dem Juwelier mit einer Gravur versehen wird. Das kann ein Monogramm oder eine persönliche Widmung sein. Dabei fällt Achim Martens direkt noch etwas ein, das wieder in Mode kommt: Es sind Armbänder mit Widmung oder Namen. Vor allem junge Männer würden so etwas für ihre Liebste kaufen. Auch Verlobungsringe sind wieder aktuell. Und mit dem Trend zur feinen Tischkultur werden auch wieder Serviettenringe mit Gravur nachgefragt.

Bei Angelika Jarren im Haushaltswarengeschäft an der Ellenstraße findet man einen Haushaltshelfer aus alter Zeit. Denn bei ihr gibt es noch eine Schnibbelsbohnen-Mühle. Es gibt sogar zwei Varianten davon, eine für lang geschnittene Bohnen und eine für kurze. Daraus ergibt sich sofort eine Geschichte um das Einmachen von Bohnen in früheren Zeiten. Da wurde die ganze Familie eingesetzt, um die "Fitschesbohne" einzulegen oder einzukochen. Denn schließlich mussten die Bohnen geputzt werden, mindestens zwei bedienten die kleine Mühle, der Sud zum Einmachen musste gekocht werden oder die Bohnen mussten eingesalzen werden. Viel Arbeit war das immer.

Bei Angelika Jarren gibt es noch etwas zu entdecken. Sie hat auch Kaffeemühlen im Angebot - mit Handkurbel und Schublade, so dass man den frisch gemahlenen Kaffee in der ganzen Küche riecht.

Dieser Ausflug auf der Suche nach altmodischen Dingen, die es auch in den Kempener Fachgeschäften noch gibt, sei zur Nachahmung sehr empfohlen. Vielleicht findet dann jemand auch noch das gesuchte Messerbänkchen, das bei diesem besonderen Stadtbummel leider keines der besuchten Geschäften im Angebot hatte.

(sr)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort