Wilhelm-Grobben-Straße Plädoyer für einen Straßennamen

Kempen · Der Verein Linker Niederrhein Kempen, dessen Vorsitzender Wilhelm Grobben einst war, setzt sich dafür ein, dass das Erbe des Kempener Mundartdichters bewahrt wird. Der Kulturausschuss hat die Umbenennung der Straße beschlossen.

 Seit 1964 gibt es in Kempen die Wilhelm-Grobben-Straße in der Nähe des Hospitals. Wegen Grobbens Verdiensten um die niederrheinische Mundart hatte dies der Stadtrat beschlossen. Zuvor hieß die Straße Fliederstraße.

Seit 1964 gibt es in Kempen die Wilhelm-Grobben-Straße in der Nähe des Hospitals. Wegen Grobbens Verdiensten um die niederrheinische Mundart hatte dies der Stadtrat beschlossen. Zuvor hieß die Straße Fliederstraße.

Foto: Wolfgang Kaiser (woka)

Die Sache ist nicht so einfach, die Diskussion darüber wird nach wie vor kontrovers geführt. Der Kempener Kulturausschuss hatte mit knapper Mehrheit gegen die Stimmen der CDU in seiner jüngsten Sitzung beschlossen, dass die Wilhelm-Grobben-Straße im Wohngebiet Berliner Allee in Kempen umbenannt werden soll. Der Ausschuss folgte damit einer Empfehlung der Stadtverwaltung. Nun steht das Thema wieder an: Der Haupt- und Finanzausschuss des Stadtrates wird sich mit der umstrittenen Straßenbenennung in seiner öffentlichen Sitzung am kommenden Dienstag, 3. Dezember, ab 18 Uhr im Rathaus am Buttermarkt befassen.

Und zu dieser Sitzung hat der Verein Linker Niederrhein Kempen in einem offenen Brief an den Bürgermeister und die Fraktionen ein Plädoyer für die Beibehaltung des Namens Wilhelm-Grobben-Straße abgegeben. Der Vorstand des Vereins, dessen Vorsitzender Grobben einst war, erkennt die umstrittene Persönlichkeit des Lehrers und späteren Ortsgruppenleiters der Hitler-Partei NSDAP in Kempen an. Man führt aber an zahlreichen Beispielen an, dass dann auch andere Straßen im Kempener Stadtgebiet neue Namen bekommen müssten, etwa die Ludwig-Jahn-Straße. Der „Turnvater“ gilt heute ebenfalls als umstritten. Ja, selbst die Martin-Luther-Straße in St. Hubert dürfe es eigentlich nicht mehr geben, weil der Kirchenmann vor 500 Jahren antisemitische Aussagen machte und Juden diffamierte.

Dass Grobben ein führender Nazi-Funktionär in Kempen war, stellt der Verein Linker Niederrhein nicht in Abrede. Er will aber auch, dass an den großen Heimat- und Mundartdichter seiner Zeit erinnert wird. Der Verein hat vor Jahren am Geburtshaus von Grobben an der Peterstraße 14 in der Kempener Altstadt eine Gedenktafel anbringen lassen.

„Wer sich jetzt nach 75 Jahren seit dem Tode Grobbens auf einer höheren moralischen Bewusstseinsstufe angekommen wähnt als seine zwei oder drei Vorgängergenerationen und deshalb die Wilhelm-Grobben-Straße weghaben möchte, die Martin-Luther-Straße aber nicht, der kann sich getrost rühmen, seine Moral sogar verdoppelt zu haben“, heißt es in dem Brief des Vereins weiter. Der Vorstand appelliert an die Kempener Politiker: „Lassen Sie die Kirche Wilhelm-Grobben-Straße im Dorf ,Min Kempe’! (Anm. der Redaktion: So heißt eine Mundartdichtung von Grobben). Dies ohne die Augen zu verschließen vor den langen Schatten, die alte Kirchen manchmal in die Zukunft werfen.“

Auch unter Anwohnern der Wilhelm-Grobben-Straße wird über „ihren“ Straßennamen diskutiert. Einige sehen einen bürokratischen Aufwand und hohe Kosten auf sich zukommen. Die CDU-Fraktion hatte bei ihrer Ablehnung der Umbenennung im Kulturausschuss eben diesen bürokratischen Aufwand und die Kosten für die Anwohner ins Feld geführt. So viel scheint indes sicher: Für einen neuen Personalausweis müssen die Betroffenen bei der Stadt nichts bezahlen. Das hatte Stadtsprecher Christoph Dellmans auf Anfrage bereits mitgeteilt.

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