Kreis Viersen Verdeckt ermitteln

Kreis Viersen · Zwei bis drei Jacken und eine Hundeleine gehören zur Grundausstattung, wenn Privatdetektive eine Zielperson beobachten. Jochen Meismann, als Detektiv im Kreis Viersen aktiv, verrät, worauf verdeckte Ermittler achten

 Sein Gesicht zeigt der Privatdetektiv nicht gern. "Fotos gibt es nur mit Kamera vor dem Gesicht", sagt Jochen Meismann. Foto: A Plus Detektive

Sein Gesicht zeigt der Privatdetektiv nicht gern. "Fotos gibt es nur mit Kamera vor dem Gesicht", sagt Jochen Meismann. Foto: A Plus Detektive

Foto: A Plus Detective GmbH Detective GmbH.

Eins vorweg: Mit den Ermittlungen der Fernseh-Detektive hat die Arbeit von Jochen Meismann nichts gemein. "Mit einem roten Ferrari à la Magnum vorfahren, ist nicht hilfreich. Es sei denn, wir ermitteln in Katar oder Dubai. Da fällt man mit dem Wagen nicht auf", sagt der Geschäftsführer von "A Plus Detektive".

Ein Versteck ist dann am besten, wenn der gesuchte Gegenstand so offenbar da liegt, dass er nicht auffällt. Das wusste schon der Vater aller Kriminalromane, Edgar Allan Poe. Ähnlich verhält es sich, wenn der Privatermittler seine Zielperson beobachtet. "Man sieht ihn, aber man nimmt ihn nicht wahr. Er muss mit seinem Umfeld verschmelzen", erklärt Meismann, der seit 37 Jahren in der Branche arbeitet. 1995 gründete er die "A Plus Detektive".

Wie ein Chamäleon muss sich der Detektiv seinem Umfeld anpassen. "Wer beim Fußballspiel observiert, darf nicht mit Anzug und Krawatte dorthin gehen. Wer auf einen Gala-Ball geht, darf dort nicht aus der Reihe tanzen", erklärt Meismann. Paradiesvögel kann er nur selten brauchen. Deshalb sieht er die meisten TV-Dektektive auch kritisch. "Neulich hat sich bei mir ein sehr auffällig tätowierter junger Mann mit farbigen Haaren beworben. Ich konnte ihm nur sagen, dass wir wenig Einsatzmöglichkeiten für ihn haben."

Als Grundausstattung haben Detektive für die Beschattung meist zwei bis drei Jacken im Auto. Manchmal auch eine Mütze, Kappe oder Brille. "Das verändert das Aussehen sehr. Mehr braucht man in der Regel nicht. Wir haben zwei Kollegen mit Glatze, die haben Perücken dabei." Schminke und falsche Schnurrbärte verweist Meismann in das Reich der Fantasie.

Natürlich kommt es auch immer auf den Einsatz an: "Wir hatten mal eine Observierung, die begann am Niederrhein bei etwa 12 Grad Frühlingswetter und endete auf einem Gletscher in Österreich. Da rief mich der Mitarbeiter an und fragte, ob er auf Spesen eine Winterjacke kaufen könnte." Er durfte, um eine Erkältung zu vermeiden und um nicht auffallen.

Ebenfalls nützlich für die verdeckte Ermittlung: eine Hundeleine. "Sie erzählen die Geschichte vom Hund, der weggelaufen ist, und schon können Sie an jedem Zaun und jeder Böschung herumlaufen, ohne dass jemand Verdacht schöpft. Das ist eine wunderbare Tarnung. Es gibt noch zwei oder drei weitere Geschichten, aber die verrate ich nicht", sagt Meismann lachend.

Vorsicht und Diskretion gehören zu seinem Geschäft. Die Wahrung der eigenen Identität auch. Whats-App benutzt Meismann nicht, beim Anrufen wird seine Rufnummer unterdrückt, Fotos gibt es nur mit Kamera vor dem Gesicht. "Einmal habe ich fast meinen Auftrag verloren, weil man mich als Detektiv erkannt hat", sagt er. Zahlreiche Ermittler sind für die Detektei auf Achse. "Wir haben einen Stab von rund 100 Mitarbeitern. Viele davon sind Honorarkräfte. Nicht wenige sind pensionierte Nachrichtendienstler und Kriminalkommissare."

Auch in Viersen ermitteln die A Plus Detektive regelmäßig und unerkannt - ohne roten Ferrari. "Ein bis zwei Mal pro Woche haben wir im Kreis Viersen zu tun. Das ist wenig - verglichen mit Krefeld und Mönchengladbach. Dort haben wir vier bis fünf Einsätze pro Woche", sagt der 55-Jährige. Möglicherweise liege es an den ländlichen Strukturen im Kreisgebiet. "Dort greift die soziale Kontrolle stärker. Die Anonymität der Stadt verführt eher zu betrügerischem Handeln", mutmaßt der Privatdetektiv.

Alltag im Ermittlungsgeschäft: Meismann beschattet einen krankgeschriebenen Arbeitnehmer und überprüft, ob er wirklich krank ist. "75 Prozent unserer Kunden sind Firmen, Banken, Versicherungen und Rechtsanwälte. Da geht es zum Beispiel darum, ob ein Mitarbeiter anderweitig schwarz arbeitet oder sich im Lager bedient." Rund ein Viertel seiner Kunden sind Privatleute, aber häufig haben auch sie ein geschäftliches Anliegen. Manche etwa haben den Verdacht, dass in ihrem Mietshaus Prostitution betrieben wird, oder sie suchen einen Mieter, der ihnen Geld schuldig ist.

Den ertappten Ehemann beim Seitensprung gibt es auch. "Er macht aber nur etwa zehn Prozent unserer Aufträge aus", sagt Meismann. "Seitdem es im Scheidungsrecht kein Schuldprinzip mehr gibt, ist die Nachfrage gesunken. Manchmal ist es noch bei Eheverträgen relevant, weil daran der Unterhalt gekoppelt ist."

Während die untreuen Ehegatten als Ermittlungsfeld an Bedeutung verloren haben, ist ein andere Sparte sprunghaft gewachsen: die Lauschabwehr. "Es gibt inzwischen einen gigantischen Markt für Abhörgeräte, GPS-Tracker und versteckte Kameras zu erschwinglichen Preisen. Man kann Telefonhörer mit installiertem Abhörgerät bestellen. Wir finden sie nur mit Röntgengeräten. Da kommt dann ein Experte von uns mit einem Auto voller Technik raus." Große Aktiengesellschaften beispielsweise lassen ihre Firmenräume regelmäßig zum Schutz durchchecken. Aber auch misstrauische Ehemänner spielen ihren Frauen Spy-Software aufs Smartphone. "Mich kann man so leicht nichts überraschen", sagt Meismann. "Wir halten uns mit Urteilen auch sehr zurück, wir sind die Überbringer der Wahrheit." Nicht immer ist das schön. Der Privatdetektiv erinnert sich daran, dass er einer krebskranken Frau berichten musste, dass ihr Mann ein Verhältnis hat. "Es stellte sich heraus, dass er sie mit ihrer eigenen jüngeren Schwester betrog. Das war wirklich furchtbar."

Bewaffnet seien die Detektive nie. "Es kommt so gut wie nie zu handgreiflichen Auseinandersetzungen." Geduld sei die wichtigste Tugend der Detektive und unaufälliges Beobachten. In Camouflage-Kleidung habe er schon in der Böschung gelegen, um eine Spedition zu überwachen. Doch Tarnung kann auch hinderlich sein. "Ein Mitarbeiter saß hinten in einem Bus und beobachtete mittels Kamera und Bildschirm aus dem Bus heraus das Geschehen. Den Bus hatten wir getarnt, indem wir eine Magnettafel mit einer Aufschrift angebracht hatten." Dann montierten zwei Jugendliche die Metallplatte ab und nahmen sie mit. Aber der Kollege konnte nicht einschreiten. Meismann: "Sonst wäre der ganze Einsatz kaputt gewesen."

(RP)
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