Fall Mirco Verdächtiger wird weiter verhört

145 Tage nach dem Verschwinden des elfjährigen Mirco aus Grefrath hat die Polizei einen Tatverdächtigen festgenommen. Dabei handelt es sich um einen 46-jährigen Familienvater aus Schwalmtal. Der Mann wurde nach Mönchengladbach gebracht und wird dort am Vormittag weiter verhört. Er gilt als dringend tatverdächtig. Weitere Einzelheiten werden in Laufe des Tages erwartet.

Chronologie: Der Fall Mirco
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Foto: Günter Jungmann

Die Polizei hofft, der Lösung des Falls einen gewaltigen Schritt näher gekommen zu sein. "Der Mann ist nicht die ganze Nacht verhört worden, sondern konnte zu christlicher Zeit schlafen gehen", sagte Willy Theveßen, Sprecher der Polizei Viersen. Weitere Details wollte der Sprecher nicht bekanntgeben. Die Beamten seien sich aber sicher, den Richtigen gefasst zu haben. Der Mann soll nun einem Haftrichter vorgeführt werden.

Die Polizei wurde auf den 46-Jährigen aufmerksam, als dieser versuchte seinen VW Passat im Ausland zu verkaufen. Ein Fahrzeug dieser Marke war von Zeugen am Tatort beobachtet worden. Zudem wurde bereits bekannt, dass der Verdächtige nicht zum Familienfeld des Jungen gehören soll. Laut der Polizei ist eine Pressekonferenz für Freitag vorgesehen, da die Auswertung der Spuren derzeit noch andauere.

Fieberhafte Suche nach dem Passat

Seit Ende Oktober konzentrieren sich die Ermittlungen der Polizei auf die Suche nach einem Kombi des Typs VW Passat, der von mehren Zeugen in der Nähe des Tatorts gesehen wurde. Ingo Thiel, Leiter der noch immer 60 Beamte zählenden "Sonderkommission Mirco", betonte immer wieder: "Kennen wir diesen Passat Kombi, klären wir das Schicksal des Jungen." Von Anfang an vermutete die Polizei, dass es sich bei der mutmaßlichen Entführung des damals zehnjährigen Jungen um ein Sexualdelikt handele — begangen von einem Täter aus der Region.

In Grefrath sorgte die Nachricht von der Festnahme eines Tatverdächtigen gestern Abend zunächst nicht nur für Erleichterung. Zu oft hat die Polizei in den vergangen 145 Tagen wahlweise verkündet, die Schlinge um den Täter ziehe sich weiter zu, oder jetzt stehe der Durchbruch der Ermittlungen unmittelbar bevor. In der Gaststätte "Neue Heimat", die zwischen Mircos Elternhaus und dem mutmaßlichen Tatort liegt, wird die Nachricht von der Festnahme skeptisch aufgenommen: "Wenn das mal der richtige Täter ist", so ein Gast.

In der Avia-Tankstelle, 50 Meter von dem Ort entfernt, wo Zeugen den verdächtigen VW Passat gesehen hatten und schließlich Mircos Fahrrad gefunden worden war, hat Stefanie Etlinger (38) Spätdienst. "Das ist eine ungeheure Erleicherterung für alle im Ort. Erst gestern noch haben Kinder an die Fahndungstafel der Polizei ein Transparent gehängt", sagt sie. Tatsächlich haben Unbekannte unter der zwei Meter hohen Tafel, mit der die Polizei an der Fundstelle des Fahrrads um Hinweise bittet, ein handgemaltes Schild mit der Aufschrift "Sag uns endlich, wo Mirco ist" aufgehängt.

Erleichterung in Gefrath

Die Gaststätte "Franzuse Hüske" liegt nur zwei Gebäude neben Mircos Elternhaus. Nicole Hönig (36) ist mit Mircos Mutter zur Schule gegangen. Sie hat die Nachricht von der Festnahme des Tatverdächtigen gerade erst erfahren. "Ich hoffe, dass für die Eltern die lange Zeit der furchtbaren Ungewissheit nun ein Ende hat und sie endlich erfahren, was mit Mirco geschehen ist", sagt sie.

Ganz Grefrath hofft, dass der Albtraum endlich ein Ende hat. "Die Entführung hat den Ort verändert", sagt Helga Kamrau (58), die nur wenige Häuser von Mircos Familie entfernt wohnt und den Jungen früher oft getroffen hat, wenn er mit seinem Fahrrad beim Bäcker vorfuhr. "Seit das mit dem Kleinen passiert ist, sieht man hier kaum noch Kinder allein auf der Straße.

An der Bushaltestelle stehen sie nur in Grüppchen, vor der Schule stauen sich die Autos, weil alle Eltern ihre Kinder persönlich bringen und wieder abholen." Sie hoffe inständig, dass die Ermittler diesmal der richtigen Spur folgen, sagt Helga Kamrau. "Dann hätte Mircos Familie endlich Gewissheit. Und alle anderen Eltern in Grefrath könnten aufatmen."

Der Fall Mirco ist in der Kriminalgeschichte des Rheinlands einzigartig. Zeitweise suchten mehr als 1000 Polizisten nach dem Jungen, der zuletzt am Abend des 3. September an einer Bushaltestelle in Grefrath gesehen wurde. Zuvor hatte Mirco an einer nahe gelegenen Skateranlage gespielt, als ihn seine Mutter per Handy anrief und nach Hause beorderte. Dass Mirco nie ankam, fiel seinen Eltern erst am nächsten Morgen auf. Alle Suchaktionen, auch mit Wärmebildkamera-Tornados der Bundeswehr, liefen seitdem ins Leere.

(RP)
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