Stadt Kempen The Sweet drohen St. Huberter mit Anwalt

Stadt Kempen · Sie stürmten die Charts gleich im Dutzend und verkauften ab den 1970er-Jahren mehr als 55 Millionen Platten. The Sweet starteten als Bubblegum-Band und wurden zu anerkannten Glam Rock Stars. Dem St. Huberter Fan Wolfgang Bossmann schickten sie ihre Anwälte auf den Hals - morgen sieht der 58-Jährige seine damaligen Helden beim Konzert in der Kufa in Krefeld wieder.

 Wolfgang Bossmann hat alle möglichen Singles, CDs, Musikzeitschriften und Tickets von The Sweet gesammelt.

Wolfgang Bossmann hat alle möglichen Singles, CDs, Musikzeitschriften und Tickets von The Sweet gesammelt.

Foto: nos

Als der gebürtige Uerdinger Wolfgang Bossmann 1975 die Handelsschule besuchte, war er musikalisch betrachtet ein krasser Außenseiter: Er war Fan der britischen Erfolgsband The Sweet. Die Klassenkameraden lauschten derweil den Elektronikklängen von Pink Floyd. Ein intellektueller Klassenunterschied, den der damals 15-Jährige fast täglich zu spüren bekam. Bossmann machte von seiner Vorliebe für das Quartett um den Sänger Brian Connelly keinen Hehl. Auf dem Rücken seines Friesennerzes hatte er groß den Gitarristen Andy Scott aufgemalt. Zur gelben Regenjacke trug der Pennäler Schuhe mit Plateausohlen- ganz wie die Vorbilder des Glam-Rocks, zu deren berühmtesten Vertreter neben The Sweet auch T. Rex mit Marc Bolan und Slade mit Noddy Holder und Dave Hill gehörten.

Bis zu einem gewissen Punkt hat der heute 58-jährige Baufinanzierer sogar Verständnis für die Ignoranz seiner Schulkollegen. The Sweet schafften den Durchbruch mit Bubblegum-Pop. Das waren seichte Hitparadenstürmer wie "Co-Co" "Funny Funny", "Poppa Joe", "Little Willy" und "Wig Wam Bam". Bossmann hatte sein "Erweckungserlebnis" mit dem Song "Hell Raiser". Andere wie "Teenage Rampage", "Ballroom Blitz", "Fox On The Run" und "Love Is Like Oxygen" folgten und damit der Sprung in eine Liga der echten Rock-Bands. The Sweet tourten mit Alice Cooper, Cheep Trick, Bob Seger, Deep Purple und Kiss. Deren Bassist Gene Simmons versteifte sich sogar zu der Aussage, dass es Kiss ohne The Sweet nie gegeben hätte. Mit Textzeilen wie "But there's something in the air; of which we all will be aware" trafen sie den Nerv einer pubertierenden Generation.

Bossmann, der an der Musik von The Who, Bruce Springsteen und Wolfgang Niedeckens BAP Gefallen findet, verfolgt die Geschichte von The Sweet bis heute. Die Karte fürs Konzert der Truppe um das einzige verbliebene Gründungsmitglied Andy Scott in der Krefelder Kulturfabrik an der Dießemer Straße 13 am Samstag, 28. April, ab 20 Uhr hat er bereits in der Tasche.

Andy Scott spielt im Leben des Familienvaters immer wieder eine zentrale Rolle. Zuerst als Musiker seiner Lieblingsband und als Motiv auf seiner Regenjacke, dann unerwartet als Kontrahent in einem Rechtsstreit. "Ich bekam plötzlich Post von einer Hamburger Anwaltskanzlei mit einer persönlichen und unterschriebenen Erklärung von Andy Scott", berichtet Bossmann. Der hatte eine CD im Internet angeboten und rief damit eine Abmahnkanzlei auf den Plan.

 Gitarrist Andy Scott schickte Wolfgang Bossmann über Hamburger Anwälte eine Erklärung zu seinen Ansprüchen - mit persönlicher Unterschrift.

Gitarrist Andy Scott schickte Wolfgang Bossmann über Hamburger Anwälte eine Erklärung zu seinen Ansprüchen - mit persönlicher Unterschrift.

Foto: Norbert Stirken

Die Hamburger Anwälte bezifferten den Streitwert kurzerhand auf 25.000 Euro. Der St. Huberter sollte knapp 1000 Euro zahlen, weil seine im Handel erworbene und zum Kauf im Internet angebotenen CD nicht autorisiert sei. Andy Scott teiltemit, dass er im Jahr 2004 festgestellt habe, "dass vorwiegend auf dem deutschen Tonträgermarkt eine Vielzahl von illegalen CDs unter Nutzung der Bezeichnung ,The Sweet' und meines Bildes verkauft werden. Da ich an den Einspielungen nicht beteiligt bin, entsteht mir und den übrigen Berechtigten durch die Verkäufe illegaler CDs ein erheblicher Schaden. Am meisten bedauere ich, dass in vielen Fällen mein Foto auf dem Cover der CDs abgebildet ist, ich aber an den Einspielungen nicht beteiligt bin".

Im Detail war auch die von Bossmann zum Kauf angebotene CD aufgeführt. Dabei handelte es sich um eine Aufnahme des langjährigen Sängers von The Sweet, Brian Connelly, der die Band 1979 verlassen hat. "Auch diese Tonträgerverkäufe sind illegal, da die Aufnahmen von Brian Connelly lediglich unter der Bezeichnung ,BC Sweet' oder ,Brian Connelly's Sweet' verkauft werden dürfen." Nun, die Episode ist Geschichte und Bossmann um eine markante Anekdote in seinem Fan-Sein reicher. Mit Hilfe eines Krefelder Anwalts konnte er glaubhaft machen, dass er nicht gewerblich mit Schwarzpressungen handele. Die damalige Euphorie ist gut 40 Jahre später zwar nicht mehr vorhanden. Bossmann freut sich dennoch auf die Kufa und The Sweet. "Ich bin einfach neugierig."

Kufa, Krefeld, Dießemer Straße 13, Samstag, 28. April, 20 Uhr, Konzert, Tour "The last encore", The Sweet, Ticketpreis 39,05 Euro.

(sti)
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