Stadt Kempen Stadt bleibt auf Schülerfahrkosten sitzen

Stadt Kempen · Kempen ist als Schulstadt auch bei Schülern aus den Nachbarorten sehr beliebt. Viele Kinder kommen täglich mit Bahn oder Bus hierher. Die Fahrkosten muss die Stadt alleine tragen. Hilfe vom Land kommt nicht.

Die weiterführenden Schulen in der Thomasstadt genießen einen ausgezeichneten Ruf. Aufgrund der bemerkenswerten Arbeit aller Schulen und der geografischen Lage der Stadt gibt es seit Jahren viele Kinder aus den Nachbarorten, die an den Kempener Schulen unterrichtet werden. Der Zulauf ebbt nicht ab, sondern nimmt teilweise noch zu. Im laufenden Schuljahr kommen von den 346 Kindern, die auf eine weiterführende Schule in Kempen wechselten, 83 von auswärts. Das entspricht einer Quote von 24 Prozent. Also fast ein Viertel dieser Schüler pendelt nach Kempen ein. In der Mehrzahl nutzen sie dazu öffentliche Verkehrsmittel. Und deren Nutzung kostet Geld. Die Schülerfahrkosten trägt die Kommune — und zwar diejenige, in der sich die Schule befindet, in der die Kinder unterrichtet werden. So kann sich der Segen, eine Schullandschaft mit sehr gutem Ruf zu haben, schnell zum Fluch werden. Denn Kempen bleibt auf den Fahrkosten für auswärtige Schüler sitzen. Die Stadt erhält keine finanzielle Hilfe — weder von Nachbarkommunen noch vom Land.

Immer mal wieder hat die Politik das Thema aufgegriffen, zuletzt war es Ende vergangenen Jahres die FDP, die einen neuerlichen Vorstoß unternahm. In der Ratssitzung am 11. Dezember 2012 wurde von allen Fraktionen im Stadtrat ein Appell ans Land Nordrhein-Westfalen verabschiedet, doch bitte schön, eine gesetzliche Regelung zu schaffen, die die finanziellen Lasten wie die Schülerfahrkosten gerechter verteilt. Den Appell richtete der Stadtrat ebenfalls an die Kommunalen Spitzenverbände. Auch dort sollte eine Debatte über eine faire Verteilung der Kosten beginnen. Es sollte als Ergebnis — so der Wunsch der Kempener Kommunalpolitiker — beim Land NRW ein finanzieller Ausgleich zwischen denjenigen Kommunen, die viele Auspendler haben, und denjenigen Kommunen, die — wie Kempen — viele Einpendler haben, eingefordert werden. "Solche Regelungen existieren bereits in anderen Bundesländern (Mecklenburg-Vorpommern oder Bayern) und führt dort zu mehr Gerechtigkeit zwischen den Kommunen", heißt es in dem Appell des Kempener Stadtrates an das Land NRW. Doch der Appell verhallte erfolglos. Sowohl das Land als auch der Städte- und Gemeindebund NRW können oder wollen der Stadt Kempen nicht helfen, berichtete Kempens Schuldezernent Klee jetzt im Stadtrat. Das NRW-Schulministerium argumentiert unter anderem damit, dass den Kommunen als Schulträger sowohl Schlüsselzuweisungen als auch die Bildungspauschale zufließen. Allerdings bekommt Kempen seit Jahren wegen des guten Steueraufkommens keine Schlüsselzuweisungen mehr. Damit bleibt die Schul- und Bildungspauschale. Sie orientiert sich an den Schülerzahlen und soll für investive Zwecke und bauliche Instandhaltung und Modernisierung sowohl von Schulen als auch von Kindergärten verwendet werden. Von Schülerfahrkosten ist im Zusammenhang mit der Bildungspauschale eigentlich nie die Rede. Schuldezernent Michael Klee hat der Politik vorgerechnet, dass aus der Bildungspauschale die Schülerfahrkosten nicht gedeckt werden könnten. Im vergangenen Jahre habe es pro Schüler rund 235 Euro aus der Schul- und Bildungspauschale vom Land gegeben. Die Kosten für ein Schoko-Ticket, mit dem Schüler den Öffentlichen Personennahverkehr im Bereich des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr nutzen können, betragen pro Schuljahr etwa 418 Euro, "so dass alleine in diesem Bereich eine Unterdeckung von 182 Euro pro Schüler und Jahr gegeben ist, sofern die Bildungspauschale für diese Zwecke eingesetzt werden dürfte", so Klee. Für die eigentlichen Zwecke, für die Pauschale gedacht ist, bliebe dann überhaupt nichts mehr übrig. Für die Stadtverwaltung besteht daher weiterhin Handlungsbedarf.

Das Schulministerium bringt als Ausweichlösung einen so genannten Schulverband ins Gespräch. Den gibt es, wenn zwei oder mehrere Kommunen eine Schule in gemeinsamer Trägerschaft unterhalten. Doch das trifft auf Kempen nicht zu. Bei den umliegenden Gemeinden bestehe auch keine Veranlassung, sich mit Kempen zu einem Schulverband zusammenzuschließen, so Beigeordneter Klee.

Ein wenig enttäuscht sind Stadt und Politik in Kempen auch auf die ausweichende Antwort vom Städte- und Gemeindebund. Der erklärt, dass er als Interessenverband von 358 Städten und Gemeinden in einer schwierigen Position sei, da die Interessenlage der Mitglieder nicht einheitlich sei. Ein Trost: Das Thema soll im Schulausschuss des Städte- und Gemeindebundes noch einmal erörtert werden.

(RP)
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