Serie Unser Verein Heimatverein Tönisberg Auf der Suche nach einer neuen Heimatstube

Tönisberg · Seit sieben Jahren steht Peter Raulf an der Spitze des Heimatvereins Tönisberg. Nach wie vor ist der größte Wunsch des 280 Mitglieder zählenden Vereins, wieder ein kleines Heimatmuseum zu haben. Seit der Schließung von Haus Baaken ist der Verein obdachlos.

 Haus Baaken im Ortskern von Tönisberg war auch das Domizil des Heimatvereins. Nach dem Verkauf verfällt das unbewohnte Gebäude.

Haus Baaken im Ortskern von Tönisberg war auch das Domizil des Heimatvereins. Nach dem Verkauf verfällt das unbewohnte Gebäude.

Foto: Wolfgang Kaiser

Die Finger von Peter Raulf gleiten über die Tastatur des Computers. „Wenn ich jetzt einen Namen anklicke, erscheint der entsprechende Totenzettel. Mit dem Cursor kann ich als Lupe über den Zettel gehen und erhalte eine Vergrößerung, so dass man alles gut lesen kann“, erklärt er. Man habe insgesamt 1162 Totenzettel eingepflegt und damit die große Sammlung des Heimatvereins digitalisiert, ergänzt der Vorsitzende des Heimatvereins Tönisberg. Die Vorteile liegen auf der Hand. Jeder interessierte Bürger hat jetzt von Daheim Zugriff auf die Daten, kann sie ausdrucken und damit unter anderem Ahnenforschung betreiben.

Eigens für dieses neue Angebot ist Raulf mit Kästen voller Totenzettel nach Prüm in die Eifel gefahren, denn dort wurden sie digitalisiert. Die Originale sind danach wieder in den Schränken des Heimatvereins verschwunden, wo schon etliche andere Exponate lagern. Und nicht nur da sind die gesammelten Werke vom Heimatverein anzutreffen. „Wir haben unsere Sachen auf mehrere Räumlichkeiten verteilt. Teilweise sind sie privat untergebracht, teilweise in zwei Boxen eines ehemaligen Pferdehofes und teilweise hier“, sagt Raulf, der seit 2012 an der Spitze des Vereins steht.

 Peter Raulf, als Vorsitzender einer der Macher vom Heimatverein Tönisberg, in einem beengten Raum, der dem Verein als Ausweichquartier dient.

Peter Raulf, als Vorsitzender einer der Macher vom Heimatverein Tönisberg, in einem beengten Raum, der dem Verein als Ausweichquartier dient.

Foto: Norbert Prümen

Wobei sich das „hier“ auf die Adresse Helmeskamp 31 bezieht, in dem der Vorsitzende gerade vor dem Computer sitzt. Es handelt sich um zwei schmale hintereinander liegende Räume – zwischen der städtischen Servicestelle und der Großtagespflege „Zwergennest“. Der Gang zwischen den eingelagerten Exponaten und Schränken voller Akten und weiteren historischen Gegenstände ist eng. Da steht der große Holzkasten mit Glasscheibe in dem die historische Fahne der St.-Antonius-Isidorus-Bruderschaft Tönisberg aufgehängt ist. Schräg gegenüber ist es das 2,20 Meter hohe bleigefasste Bild der Heiligen Barbara, das einst in einem Gebäude der Zeche auf dem Wartsberg hing. Zwei Nachbauten der Tönisberger Mühle stehen auf den Schränken, alte Stiche hängen an den Wänden und ein alter Volksempfänger sowie ein Onduliergerät, mit dem einst Locken gelegt wurden, indem das Gerät ins offene Feuer gehalten wurde, befinden sich in einem Schrank.

„Wir haben auch einen alten Beichtstuhl. Der befindet sich, auseinandergenommen, in einer der Boxen des Pferdehofes. Ein Linnenwebstuhl, ebenfalls in seine Einzelteile zerlegt, ist privat untergebracht. Dass wir keine Möglichkeit haben, die Exponate auszustellen, ist einfach schade“, sagt Raulf. Er spricht damit das große Problem des Heimatvereins an. Es fehlt an Räumlichkeiten, die ausreichend Platz bieten. Der Verein träumt von einer Heimatstube, wie er sie einst im Haus Baaken hatte. Von 2008 bis zum Verkauf von Haus Baaken im Jahr 2017 führte der Heimatverein ein kleines Museum in dem historischen Haus, das zeitgleich ein Keramikmuseum niederrheinischer Pottbäckerkeramik aus dem 16. bis 20. Jahrhundert von Lutz Weynans beherbergte.

Mit dem Verkauf des denkmalgeschützten Hauses musste der Heimatverein ausziehen. „Wir hatte gehofft, auf der stillgelegten Zeche unterzukommen, aber das hat sich leider zerschlagen“, berichtet Raulf, der zusammen mit seinen Vereinskollegen immer wieder die Fühler austreckt und nach weiteren Optionen sucht.

Ins Leben gerufen wurde der Heimatverein Tönisberg am 8. Mai 1998. Wobei er nicht der erste seiner Art war. Vor dem Zweiten Weltkrieg gab es bereits einen Heimat- und Verkehrsverein im Bergdorf. Dieser Vorgängerverein sorgte unter anderen dafür, dass die Bockwindmühle schon 1925 ein Denkmal wurde. Was er nicht schaffte, war die Wiedereinführung des alten Namens „Sankt Tönisberg“. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde der Verein allerdings nicht wiederbelebt.

Der damalige Ortsvorsteher Nobert Cleve, heute Ehrenmitglied im Heimatverein, brachte dann 1998 den Stein für einen neuen Heimatverein ins Rollen. 24 Gründungsmitglieder waren es seinerzeit, die den Grundstein für den heutigen Verein legten. Heinz Dammers wurde zum ersten Vorsitzenden gewählt. Die Heimatkunde, Heimatpflege und Denkmalschutz zu fördern, die Geschichte des Ortes zu erforschen, alte Schriften und Kulturgüter zu erfassen, zu sammeln und zu erhalten sowie Mundart zu bewahren, das sah die einen Monat später beschlossene Satzung sah vor. Dinge, denen die rührigen Vereinsmitglieder bis heute nachkommen, wobei es bei der Bewahrung der Mundart allerdings zunehmend Schwierigkeiten gibt. Sie geht – trotz aller Bemühungen – allmählich verloren.

Jährlich stellt der Heimatverein heimatgeschichtliche Aufsätze und Fotos zusammen und veröffentlicht diese in den „Tönisberger Heimatblättern“. Erstausgabetag ist immer der Pfingstmontag, der Tag der offenen Mühlen, an dem auch die heimatliche Bockwindmühle geöffnet wird, die für den Verein und für das gesamte Bergdorf eine besondere Bedeutung hat.

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