Auftakt der Konzertsaison Sänger rettet Liederabend in Kempen

Kempen · Bariton Konstantin Krimmel sprang kurzfristig für Andrè Schuen ein. Starallüren sind dem erst 28 Jahre alten Künstler fremd. Einfühlsam stellte er Liebesglück, Leid, Eifersucht und Verzweiflung dar.

 Konstantin Krimmel rettete den Liederabend, mit dem die Saison endlich wieder begann. Ihn begleitete Daniel Heide am Klavier.

Konstantin Krimmel rettete den Liederabend, mit dem die Saison endlich wieder begann. Ihn begleitete Daniel Heide am Klavier.

Foto: Norbert Prümen

Von Heide Oehmen

Nur kurz war die Enttäuschung des in stattlicher Zahl in der Paterskirche versammelten Auditoriums, als der künstlerische Leiter der Kempener Klosterkonzerte, Peter Landmann, die kurzfristige Absage des zu Recht mit Vorschusslorbeeren bedachten Baritons Andrè Schuen mitteilen musste. Daniel Heide, der als Klavierbegleiter avisierte Pianist, hatte mit dem erst am Anfang seiner Laufbahn stehenden Bariton Konstantin Krimmel bereits mehrfach den vorgesehenen Liederzyklus „Die schöne Müllerin“ von Franz Schubert interpretiert – zuletzt bei der „Schubertiade“ in Barcelona, wo – wie in ganz Spanien – deutsches Liedgut viele Anhänger hat.

Krimmel hatte gerade die Proben zu einer „Figaro“-Produktion (Titelpartie) am hessischen Staatstheater Wiesbaden beendet und konnte den Kempener Liederabend, mit dem die Konzertsaison endlich wieder begann, retten. Der erst 28-jährige Sänger stammt aus Ulm und bekam erste musikalische Impulse durch seine langjährige Mitgliedschaft bei den dortigen St.-Georgs-Chorknaben. Im Alter von 21 Jahren begann er sein mit Auszeichnung abgeschlossenes Gesangsstudium bei Teru Yoshihara. Neben seiner Tätigkeit auf der Bühne – er wird demnächst Ensemblemitglied am Nationaltheater München – sind dem von der BBC kürzlich zum „New Generation Talent“ gekürten Bariton Oratorium und Lied besonders wichtig. Auch hier warten honorige Verpflichtungen auf den bereits mit mehreren Preisen ausgezeichneten Vokalisten.

Krimmel ist ein völlig unprätentiöser Künstler, Starallüren sind ihm fremd. Seine Interpretationen zeichnen sich durch Intensität und Natürlichkeit aus – selbst auf Mimik verzichtet er fast völlig. Alle Stimmungen drückt er mit seinem selbst im Piano noch kernigen, makellos geführten Bariton aus – und das gelingt ihm so zwingend, dass der Zuhörer unmittelbar gefesselt ist.

Der häufig als „Liednovelle“ bezeichnete Schubert’sche Zyklus „Die schöne Müllerin“ erzählt in zwanzig Liedern (in der Ich-Form) die Geschichte eines Müllerburschen, der die Liebe der schönen, jedoch treulosen Müllerin erringt, die ihn aber um des Jägers willen verlässt. Sein Vertrauter ist nun der Bach, der ihn auf seiner Wanderschaft begleitet, zu der verhängnisvollen Mühle lockt und den Enttäuschten schließlich in den Todesschlaf singt. Krimmel verstand es souverän und mit unaufdringlichem Einfühlungsvermögen, das Liebesglück, das Leid, die Eifersucht, den Stolz und schließlich die Verzweiflung fesselnd darzustellen und mit baritonalem Glanz zu füllen.

Daniel Heide, anders als der Sänger schon seit Jahren in ersten Konzertsälen unterwegs, wirkte am Flügel eher unauffällig, wusste aber mit pianistischem Feinschliff und stupendem technischem Vermögen seinem Partner anpassungsbereit zu entsprechen. Wie im Flug vergingen die spannungsgeladenen 75 Minuten, das Publikum dankte enthusiastisch, und die Gäste schenkten ihm noch zwei Zugaben.

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