Kempen Freie Wähler gegen Hinterzimmerpolitik

KEMPEN · Mehr Transparenz bei politischen Entscheidungen und mehr Bürgerbeteiligung fordern die Freien Wähler Kempen im Sommergespräch mit der Rheinischen Post. Politische Prozesse müssen besser nachzuvollziehen sein.

 Weniger interne Lenkungskreise, dafür aber wieder mehr öffentliche Diskussionen in den Fachausschüssen und im Stadtrat fordern die Freien Wähler Kempen.

Weniger interne Lenkungskreise, dafür aber wieder mehr öffentliche Diskussionen in den Fachausschüssen und im Stadtrat fordern die Freien Wähler Kempen.

Foto: Wolfgang Kaiser

Welche Reaktionen Hinterzimmerpolitik beim Bürger hervorrufen kann, habe zuletzt die Diskussion um die geplante Umgestaltung des Kempener Badezentrums „Aqua Sol“ gezeigt. „Da gab es doch erhebliche Kommunikationsprobleme, die die öffentliche Debatte erst haben hochkochen lassen“, sagt der Vorsitzende der Freien Wähler Kempen (FWK), Georg Alsdorf, beim Sommergespräch mit der Rheinischen Post. „Das Konzept der Stadtwerke für den Umbau ist schlüssig. Es macht das Bad zukunftsfähig“, so Alsdorf. Andernorts würden Schwimmbäder geschlossen, in Kempen werde nun ein unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten durchdachtes Konzept umgesetzt, betont Alsdorf.

Die Diskussion habe aber gezeigt, dass es schwierig sei, Entscheidungen nur in internen Gremien zu treffen und sie nicht auch gleichzeitig vernünftig nach außen zu tragen. Dies trifft nach Ansicht der Freien Wähler derzeit auf etliche wichtige Projekte in der Stadt Kempen zu. Statt die Vorhaben in den jeweiligen Fachausschüssen und im Stadtrat öffentlich zu diskutieren, würde vielfach in internen Zirkeln, sei es im Ältestenrat oder in den diversen Lenkungskreisen, hinter verschlossenen Türen beraten. Dort würden Entscheidungen auf den Weg gebracht und im Fachausschuss oder Stadtrat von der Politik nur noch abgeknickt. „Damit wird die Ratsarbeit ad absurdum geführt“, meint Alsdorf. „Das ist unserer Meinung nach zu wenig transparent.“

Kommunalpolitik müsse wieder bürgerfreundlicher gestaltet werden. Für mehr Bürgernähe haben sich die Freien Wähler in Kempen seit jeher ausgesprochen. Bei so sensiblen Themen wie Kindergartenplätze oder Sanierung von Schulen hätten die Betroffenen – Eltern, Kinder, Erzieher oder Lehrer – einen Anspruch, umfassend informiert zu werden.

Im Kempener Rathaus fehlte zuletzt bei vielen Vorhaben eine klare Linie. Ein Beispiel sei das Thema Kita-Ausbau: Vor einigen Jahren rühmte man sich im Rathaus, als eine der ersten Kommunen in Nordrhein-Westfalen die Quote der erforderlichen Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren erfüllt zu haben. „Im vergangenen November erfahren wir dann plötzlich, dass in der Stadt auf Sicht neun Kita-Gruppen fehlen. Wir fragen uns: Was ist in der Zwischenzeit passiert?“, sagt FWK-Fraktionsgeschäftsführer Christian Gehlen. Die Verwaltung habe bei diesem – wie auch bei anderen Themen – keine klaren Strategien. „Hier hat die Verwaltung die Entwicklung komplett verschlafen“, meint Alsdorf.

Ähnliches gelte bei der Sanierung der Schulen. Beim Projekt „Schulcampus Kempen“ zur Sanierung und Weiterentwicklung der weiterführenden Schulen herrschte zuletzt Stillstand. Die Freien Wähler hoffen, dass es da im Herbst erkennbare Fortschritte geben werde. Möglicherweise seien einzelne Projekte sogar gefährdet. Man wisse derzeit ja nicht, ob die Verwaltung die Förderanträge – etwa auf dem Topf „Gute Schule 2020“– rechtzeitig auf den Weg gebracht habe.

Einen Silberstreif am Horizont sieht FWK-Fraktionsvorsitzender Udo Kadagies, der mit Werner Rennes die Stadtratsfraktion bildet, dagegen bei der Entwicklung der Sportstätten. Nach Jahren des Stillstandes, den er immer wieder kritisiert habe, zeichneten sich jetzt für St. Hubert und Tönisberg deutliche Verbesserungen ab. Die Freien Wähler, die sich selbst als „Partner des Sports“ bezeichnen, freuen die sich abzeichnenden Fortschritte. Gut sei auch, so Kadagies, dass auf der Sportanlage in Tönisberg auch die Laufbahn für die Leichtathleten modernisiert werde.

Die Wählergemeinschaft hofft, dass beim Thema Sicherheit ihr bereits eingebrachter Antrag, Polleranlagen an den wichtigen Zufahrten zur Kempener Fußgängerzone in der Altstadt zu installieren, möglichst bald beraten und entschieden wird. Denn nicht nur bei Stadtfesten müsse die Innenstadt besser gesichert werden. Etwa 800.000 Euro müsste die Stadt dafür investieren. Das Geld könne über mehrere Haushaltsjahre verteilt veranschlagt werden, so die Freien Wähler.

Zum Thema „Neues Hotel“ haben die Freien Wähler bereits vor geraumer Zeit einen politischen Anstoß gegeben. Für sie wäre das Kanders-Gelände in Bahnhofsnähe (Dr.-Luft-Straße) ein geeigneter Standort. Keine Fortschritte seien beim Projekt „Kempen-West“ erkennbar. Hier sei der ursprüngliche Zeitplan der Verwaltung mit den nächsten Bürgerbeteiligungen längst aus den Fugen geraten.

Die Freien Wähler sprechen sich dafür aus, für potenzielle Interessenten weitere Gewerbeflächen bereit zu stellen. Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft für den Kreis Viersen (WFG) und das Technologie- und Gründerzentrum Niederrhein (TZN) sollten von der Stadt als Partner mit ins Boot genommen werden.

Für die Freien Wähler ist grundsätzlich wichtig, dass bei wichtigen Themen im Rathaus endlich strategischer gedacht und geplant werde. Speziell für die vielen „Baustellen“ innerhalb der     Bauverwaltung sei eine Prioritätensetzung erforderlich, meint FWK-Fraktionsvorsitzender Kadagies.. Da sei Bürgermeister Volker Rübo im Besonderen gefordert. Er müsse die Richtung vorgeben.

Zum Schluss etwas besonders Positives aus Sicht der Freien Wähler: Der Feierabendmarkt, der seit Mai am ersten Mittwoch im Monat ab 17 Uhr auf dem Buttermarkt stattfindet, sei eine tolle Sache. Das Angebot werde sehr gut angenommen. Einmal findet er in diesem Jahr noch statt: am 5. September.

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